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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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bei jeder sich bietenden Gelegenheit verleumdet und niederzumachen versucht. Mit Thorstens Adoption zum Beispiel hat er einen auf Treu und Glauben abgeschlossenen Vertrag ausgehebelt. So weh es tat, mein Vater hat es akzeptiert, hat auf die aussichtsreiche gerichtliche Auseinandersetzung verzichtet, weil ihm Ruhe und Frieden wichtiger als der finanzielle Vorteil waren. Aber Böse gibt keine Ruhe. Er beansprucht die Differenz zwischen den seinerzeit vereinbarten und später erzielten Pachten. Sein Adoptivpferdchen setzt er ein, um irgendwelche Patente zurückzufordern. Ein geradezu absurdes Ansinnen. Selbst seine Anwälte weigern sich, den Unsinn zu vertreten. Aber er gibt nicht auf. Gibt einfach nicht auf, das miese Schwein!«
    Er hatte sich in Rage geredet. Die Augen blitzten, die feuchten Lippen pressten den Mund zu einem dünnen Schlitz. »So einensollte man entmündigen, man sollte ihn aus dem Verkehr ziehen und …«
    Er brach ab. Lorinser beobachtete seine Hände, die die Tasse umkrampften. Es sah aus, als wollte er die letzten Worte erwürgen. Die Knöchel zeichneten sich weiß unter der gebräunten Haut ab.
    »Haben Sie eine Erklärung für sein Verhalten?«
    »Ist Hass keine?«
    »Jedenfalls selten grundlos.«
    Olli Kröger winkte ab. »Böse ist wie ein verstocktes Kind. Weil er nicht kriegt, was er von uns beansprucht, sind wir seine Feinde. So einfach ist das.«
    »Mit ihm verbunden scheinen Sie sich nicht gerade zu fühlen.«
    »Ich?« Olli Kröger zupfte an seinem Oberlippenbärtchen und zog die Stirn in Falten. »Nein«, sagte er schließlich, während er die verqualmende Zigarettenkippe im Ascher zerquetschte. »Eigentlich nicht. Weder aus Neigung noch von Geburt. Ich bin während eines Urlaubs in Frankreich aus dem Ei geschlüpft. Und meine Eltern …Wir kommen ursprünglich aus Breslau. Wir zogen um, weil mein Großvater hierher versetzt wurde. Vor dem Krieg. War Bauingenieur und hatte mit der Landgewinnung zu tun. Aber das hat ja wohl nichts mit dem Verschwinden von Thorsten zu tun, oder?«
    »Sehe ich jedenfalls nicht. Lebt Ihr Großvater noch?«
    »Der ist gestorben, als ich noch gar nicht da war. Fünfundsechzig im letzten Jahrhundert. Mein Vater geht ja auch schon auf die siebzig zu. Mich haben sie gemacht, als angeblich nichts mehr zu machen war. Sozusagen ein Betriebsunfall. Aber ein willkommener.« Er lachte. »Aber auch das hat nichts mit Ihrem Fall zu tun, denke ich. Keine Ahnung, was ich Ihnen noch sagen könnte.« Er blickte demonstrativ auf das mit Brillanten besetzte Ziffernblatt seiner Rolex.
    »Halten Sie es für möglich, dass Thorsten seinen Selbstmord vortäuscht?«
    »Warum sollte er?«
    »Sie kennen ihn, ich nicht.«
    Kröger starrte in die Luft und schüttelte schließlich den Kopf. »Nee«, sagte er, »so einer ist das nicht. Dazu fehlt ihm die Fantasie. Und außerdem, was hätte er davon? Er würde doch nur verlieren. Und verdammt nicht wenig. Um den Alten zu erschrecken?« Erneutes Kopfschütteln. »Der lässt sich nicht erschrecken. Der würde ihn nicht nur strammstehen lassen, der würde ihn fertigmachen. Nein, das glaube ich nun ganz und gar nicht.«
    »Dass er sich umgebracht hat schon?«
    Olli Kröger fixierte seine Hände, als könnte er an ihnen die richtige Antwort ablesen. »Nicht wirklich«, sagte er. »Dazu gehört ja Mut, denke ich, ungeheuer viel Mut. Thorsten ist und akzeptiert sich als Parasit. Im Waisenhaus ist das ja nicht die dümmste Strategie, wenn einem Kraft und Muskeln fehlen und einem das Duckmäusertum bereits mit dem Muttermilchersatz eingetrichtert wurde. Ich hab oft genug miterlebt, wie er den Schwanz eingezogen hat, wenn hier und da mal der Tresen brannte. Er war immer der Erste, der sich dünnemachte. So einer will um jeden Preis überleben und unbedingt das Erbe des Alten antreten. Oben sein, wie er es nennt. Er gehört zu den Leuten, die sich dauernd diskriminiert und verfolgt fühlen und sich nichts sehnlicher wünschen, als den großen Macker zu mimen. So einer und Selbstmord?« Olli Kröger schüttelte entschieden den Kopf. »Dazu hat er weder das Format noch den Anlass. Aber vielleicht liege ich mit meiner Meinung auch völlig daneben. Kann ja sein.«
    Ja, konnte sein. Oder auch nicht. Klingt alles wunderbar und vielleicht auch logisch, dachte Lorinser, nur bringt es dich keinen Millimeter weiter. Was er hörte, waren Ansichten und keine Tatsachen. Vor seinen Augen tanzte ein Phantom, das Thorsten Böse hieß und sich offensichtlich in

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