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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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sich umgebracht hat?«
    »Das Dorf ist ein Kral, was?«
    »Damit beleidigen Sie die Zulus.« Olli Krögers rechte Hand beschrieb einen Kreis, der die gesamte Gegend einschloss. »Alles Moralapostel. Alles Richter. Bigotte. Pack. Impotent …« Die Freundlichkeit des Gesichtes erlosch, und es wirkte plötzlich so angewidert und verdrossen wie die Stimme. »Hat das Ekelpaket vom Berg mal wieder Gift gegen meinen Vater verspritzt?«
    »Grundlos?«
    »Bestimmt nicht grundlos. Ich weiß nur nicht, was ich damit zu tun habe. … Soll das hier ein längeres Interview werden?«
    »Einige Fragen würde ich Ihnen schon gerne stellen.«
    »Kotzt Sie das nicht an? Das Wühlen im Dreck verdrehter Gehirne? Den Kopf immer voller Misstrauen? Ich würde kaputtgehen. Am Job oder am Stoff, den ich dann bräuchte.«
    »Nicht jeder kann Rennen organisieren oder fahren, Herr Kröger.«
    »Zum Glück. Für mich. Okay. Ich muss nach hinten in die Werkstatt. Entweder warten Sie hier, oder Sie kommen mit. Aber erwarten Sie im Schuppen keine Formel-1-Boliden. Soweit sind wir noch nicht.« Die Betonung lag auf »noch«.
    Was Olli Kröger Schuppen genannt hatte, war eine moderne und anscheinend erst vor Kurzem renovierte Halle, die eher nach einem Operationssaal als nach einer Autowerkstatt aussah. Trotz der Lichtflut, die durch zwei Reihen blank geputzter Fenster in den Raum drang, waren ein gutes Dutzend Neonleuchten eingeschaltet. Maschinen, Werkzeugschränke und vier Formel-Renault-2000-Monocoques glänzten, als wären sie vor Sekunden vom Lackierer gekommen. Und auch die beiden Mechaniker, die an einem aufgebockten Boliden schraubten, schienen kurzweilige Besucher eines Reinluftlabors zu sein. Bis ihre Gesichter zu sehen waren, in denen das Elend tiefster Ratlosigkeit jammerte.
    Irgendein Scheißsystem von Magneti Morelli sei stumm wie ein toter Otter und lasse sich weder per Hand noch vom Programm aus ins Leben zurückrufen. Noch nicht mal ’ne Errormeldung sei dem Mistding aus den Rippen zu kitzeln. Wahrscheinlich liege ein Hardwareproblem vor und so weiter … in einer Sprache, die fern aller Felder war, die Lorinser je beackert hatte. Kröger ließ sich ein Handbuch geben, blätterte die Vorsatzseite auf und zog sein Handy. In lupenreinem Französisch stellte er einige Fragen, zog einem der Mechaniker den Kugelschreiber aus der Brusttasche und schrieb einige Sätze in das Handbuch.
    »Mal abgesehen davon, dass der Ingenieur mir empfahl, euch zurück in den Dschungel zu prügeln, verweist er auf Seite 29 des Anhangs C, wo der Fall detailliert beschrieben steht. Resetschalter am Gerät suchen, draufdrücken und geduldig die zehn Sekunden ertragen, bis die Daten wieder fließen. Oder soll ich lieber den Tierarzt rufen?«
    Er lächelte. Er blickte demonstrativ auf seine Rolex. Es dauerte zwei Minuten, bis das Problem gelöst war. Nicht ganz so lange benötigte Lorinser, um seinen ersten zwiespältigen Eindruck von dem jungen Mann zu korrigieren. In diesem Kopf gab es offenbar nur wenige Zweifel an der eigenen Bedeutung. Wenn überhaupt. Er gab sich nicht souverän, er war es. Boshaftigkeit schien ihm fremd zu sein. Selbst der Spott, mit dem er seine Mechaniker bedacht hatte, hatte sich wie kameradschaftliches Frotzeln angehört, frei von Häme und Ungeduld. Ein Alphatier, das seine Krallen noch nicht entdeckt hatte?
    »Donnerstag geht’s nach Oschersleben«, erklärte Kröger. »Auf die Rennstrecke. Europalauf. Die Jungens schrauben seit Tagen wie die Blöden. Wissen, dass sie fertig werden müssen. Druck. Den Transport machen. Aufbauen. Die Autos wie geleckt hinstellen. Und dann kommen die Lichtgestalten, unsere Fahrer, die den Haufen schwerster Arbeit möglicherweise nassforsch an die nächste Wand schmeißen. Echter Stress, Herr Kommissar. Und wo Stress, da guter Kaffee. Im Büro steht ’ne feine italienische Espressomaschine. Mögen Sie?«
    Er mochte. Schwarz und süß und heiß. Auch die elegante, aus modernen und antiken Elementen zusammengestellte Einrichtungdes Büros. Schwarz, sanftes Violett, Lack und Leder. Staubfrei. Über der ledernen Sitzgruppe ein Riesenbild, auf dem eine lüstern grinsende schwarze Mamba die Scham einer schamlos im Sand liegenden Schönheit angriff. Sorgsam geputzte Pokale auf exakt ausgerichteten Borden. Gerahmte Fotos von Rennfahrzeugen. Fahrern in Siegerpose. Plakate legendärer Grand-Prix-Veranstaltungen, auf denen heroische Gesichter in engen Cockpits vor vorüberfliegenden Landschaften

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