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Bitteres Geheimnis

Bitteres Geheimnis

Titel: Bitteres Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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einem Blick erstaunlicher Reife an. »Ich muß dir auch was sagen.«
    Mary, die bemerkte, daß einen Moment lang alles Kindliche aus Amys Gesicht gewichen war, runzelte die Stirn. »Was denn?«
    »Ich wollte es dir und den Eltern schon seit Tagen sagen, aber ich bin nie dazu gekommen, weil sie wegen deinem Blinddarm total aus dem Leim waren, und dann bin ich nach San Diego gefahren, und heute beim Abendessen haben sie mir überhaupt nicht zugehört, weil sie über irgendwas ziemlich aufgeregt waren. Du weißt ja, wie sie manchmal sind. Aber du fährst morgen weg, und drum sag ich's dir jetzt, Mary.«
    Mary wartete geduldig, während Amy sorgsam ihre Häkelarbeit zur Seite legte, sich die Hände an der Hose wischte und ihre Schwester dann fest ansah.
    »Ich werde Nonne«, sagte sie leise.
    Mary starrte sie sprachlos an. Am liebsten hätte sie losgelacht und Amy das Haar gerauft, aber als sie die ernsten braunen Augen sah, das ruhig entschlossene kleine Gesicht, überkam sie eine unerklärliche Furcht.
    »Amy, ist das wirklich dein Ernst?«
    »Aber ja. Ich weiß schon, viele Mädchen sagen, daß sie Nonne werden wollen und dann werden sie's doch nicht. Aber ich hab mir das echt gründlich überlegt, und Schwester Agatha hat mir dabei geholfen. Sie sagt, ich kann nächstes Jahr schon in ihren Orden eintreten und dann im Kloster zur Schule gehen, bis ich ins Noviziat eintrete.«
    Mary zitterte. »Ach, Amy ...«
    »Weißt du, wer mich überhaupt auf den Gedanken gebracht hat, Mary? Du! Vor ein paar Jahren hast du zu mir gesagt, daß du Nonne werden willst, weil du den Menschen helfen möchtest. ich war damals erst neun oder zehn, und fand es ziemlich blöd. Da muß man ja dauernd nur schwarzes Zeug anziehen, dachte ich, und schminken darf man sich auch nicht. Aber jetzt, im Firmunterricht, hab ich oft mit Schwester Agatha geredet, Mary. Und sie hat mir erzählt, was die Nonnen alles für tolle Sachen machen. Sie können als Krankenschwestern arbeiten, oder in der Mission. Sie müssen nicht nur in ihren Zellen sitzen und Altardecken nähen.
    Und dann fiel mir wieder ein, was du über das Peace Corps gesagt hast, und daß du den Benachteiligten helfen willst. Ich dachte, daß ich das auch gern tun würde. Ich möchte so sein wie du, Mary, aber ich möchte es für Jesus tun. Verstehst du, was ich meine?«
    Mary wäre am liebsten in Tränen ausgebrochen, vor der schwärmerischen Bewunderung und dem Idealismus in Amys leuchtenden Augen davongelaufen. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte. Sie dachte nur voller Trauer, ach, Amy, werde nicht erwachsen. »Also, was meinst du?« fragte Amy gespannt.
    Mary brachte ein Lächeln zustande und schaffte es, mit ruhiger Stimme zu antworten.. »Das ist eine große Entscheidung, Amy.«
    »Ich weiß. Aber Schwester Agatha hat gesagt, wenn ich im Kloster bin, wird mir das die Entscheidung erleichtern. Sie hat gesagt, ich würde bestimmt eine gute Nonne werden, und sie hat auch schon mit ihrer Mutter Oberin über mich gesprochen. Mama und Daddy freuen sich bestimmt.« Amy kniff plötzlich die Augen zusammen und sah ihre Schwester scharf an.
    »Mary! Ist was?«
    »Aber nein!« Mary lachte. »Ich finde das ganz toll. Ich freu mich mit dir.« Sie drückte Amys Arm.
    »Komm doch mit, Mary. Tritt auch in den Orden ein.«
    »Oh «Ihr Lachen wurde nervös. »Wie soll ich denn Mike heiraten und gleichzeitig Nonne werden, hm?«
    Amy grinste und nahm ihre Häkelarbeit wieder auf. »Stimmt ja. Ich bin froh, daß du's gut findest.«
    Mary starrte auf Amys sich flink bewegende Finger und hörte ihre Schwester fragen: »Was wolltest du mir denn sagen, Mary?«
    Die Tränen schossen ihr in die Augen. »Nur, daß du mir fehlen wirst«, antwortete sie leise.
    »Hey!« Amy sah strahlend auf. »Das ist das erste Mal, daß du so was zu mir sagst.« Sie warf Mary die Arme um den Hals und drückte sie. »Du wirst mir auch fehlen.«
    Mary merkte plötzlich, daß der Wagen langsamer fuhr. Sie waren vom Freeway abgefahren und befanden sich jetzt in einem Wohnviertel mit altmodischen Häusern. Immer noch Amys Worte in den Ohren, drückte sie die Stirn an die Fensterscheibe und kämpfte gegen die Tränen. Nicht jetzt. Nicht hier. lch weine, wenn ich allein bin ...
    Der Wagen hielt an. Sie sahen alle drei hinaus zu der hohen Hecke und dem kleinen, unauffälligen Schild, auf dem >St. Anne's Maternity Hospital< stand.

10

    Der Tag war schwül und dunstig; die Kondensstreifen der Düsenmaschinen am Himmel färbten sich

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