Bittersuess
auch ohne viel Geld zu haben. Und sie akzeptieren und lieben mich als Stella – nicht als die Tochter vom reichen Martin Reimann.
Meine Eltern könnten viel von ihnen lernen.
Aber es gibt etwas, dass mir am Herzen liegt. Ich möchte mit Nicolas zu seiner Mutter fahren. Vielleicht kann ich ihr wenigstens begreiflich machen, was für einen wunderbaren Sohn sie hat. Und ich kann nur hoffen und beten, dass sie ihn wieder in ihr Herz lässt.
„Langweilen wir dich?“, Nicolas hockt auf einmal vor mir, ich hab das gar nicht mitbekommen, dass er aufgestanden ist.
„Nein, nein“, sage ich schnell, wohl etwas zu schnell.
„Du bist eine Lügnerin“, neckt er mich und haucht mir einen Kuss auf die Lippen.
„Ich werde dann mal gehen“, verabschiedet Jonas sich und drückt mich noch einmal an sich. „Ich kümmere mich um den Umzug.“
Als ich mich bedanken möchte, winkt er nur ab.
„Nicolas?“, ich sehe scheu zu ihm hinüber. Er liegt mir zugewandt im Bett und schaut mich jetzt interessiert an.
„Ja?“
„Solange wir noch hier in Berlin sind, dachte ich… also… ich hatte es ja schon mal angesprochen. Wir könnten doch mal zu deiner Mutter fahren.“
Nicolas schlägt die Augen nieder und dreht sich auf den Rücken. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Stella“, seine Stimme klingt ganz belegt.
„Ich werde ihr erklären, was wirklich passiert ist, Nicolas“, ich robbe zu ihm hinüber und schmiege mich an ihn. „Bitte lass es uns versuchen. Wenn sie nicht will, dann ist es eben so.“
Zärtlich streichele ich über seinen Bauch. „Ich möchte nicht nach Argentinien zurückkehren, ohne nicht wenigstens versucht zu haben, mit unseren Eltern ins Reine zu kommen.“
„Okay“, antwortet er leise und ich atme erleichtert auf. „Aber erwarte nicht zuviel.“
Ich bin sehr aufgeregt, als wir vor einer Wohnungstüre in einem großen Plattenbau stehen. Irgendwie kann ich gerade nicht nachvollziehen, wie man so ein unpersönliches Wohngebäude den Menschen und der Landschaft in Argentinien vorziehen kann, aber Nicolas hat ja schon mal erzählt, dass seine Mutter wegen der Erinnerungen nicht dort bleiben wollte.
Eine Frau, um die Fünfzig, öffnet die Türe. Sie hat dunkle Haare und braune Augen, aber ihre sind nicht so dunkel wie die von Nicolas. Sie wirkt sehr gepflegt und man kann deutlich erkennen, dass Nicolas seine schönen Gesichtszüge von ihr geerbt hat.
„Hallo Mutter“, sagt er heiser und sie reißt überrascht die Augen auf.
„Nicolas – was willst du hier?“, räuspert sie sich dann, ihre Stimme klingt aber nicht besonders freundlich, was mir für ihn wieder unglaublich leid tut.
„ Mach die Türe nicht direkt wieder zu“, bittet er sie. „Ich möchte dir jemanden vorstellen, okay?“
Sie schaut jetzt zu mir und ihre Miene wird etwas freundlich er.
„Das ist Stella Reimann“, erklärt er ihr.
„W… was?“, sie sieht mich entsetzt an. „Oh mein Gott, wie… warum… also…“, stammelt sie nur.
„Sie ist meine Freundin, wir sind ein Paar und wir werden heiraten“, fügt er dann an.
„Wie bitte?“, sie reißt noch weiter die Augen auf, dann scheint sie die erste Schrecksekunde verwunden zu haben. „Ko… kommt doch rein“, bittet sie uns.
Ihre Wohnung ist klein, aber sehr gepflegt und geschmackvoll eingerichtet. Sie führt uns in ein Wohnzimmer und bittet uns, Platz zu nehmen.
„Wie… also…“, immer noch stottert sie, dann fährt sie sich mit einer Geste durch ihr Haar. Ich muss in mich hinein lächeln. Nicolas macht das auch immer, wenn er unsicher ist.
„Vielleicht sollte ich das erklären“, ergreife ich dann das Wort. „Sie wissen ja, was geschehen ist. Und was Joaquin und sein Komplize getan haben“, beginne ich.
„Und Nicolas“, ergänzt sie und wirft ihrem Sohn einen verächtlichen Blick zu.
„Nicolas hat mich nie so behandelt, wie die beiden anderen. Im Gegenteil: Er hat sich sehr gut um mich gekümmert, alles dafür getan, dass es mir so gut wie irgend möglich ging. Ich habe mich in ihn verliebt – glauben Sie, das wäre möglich gewesen, wenn er mich schlecht behandelt hätte, oder wenn ich nicht gespürt hätte, dass er anders ist?“
„Es war trotzdem falsch“, beharrt sie. „Und es tut mir so unglaublich leid, was geschehen ist“, ihre Blicke bitten mich um Vergebung. „Was meine Söhne Ihnen angetan haben, ist unverzeihlich, man kann es nicht wieder gut machen.“
„Nicolas hat mir nichts angetan“,
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