Bittersuess
widerspreche ich ihr. „Bitte glauben Sie das doch endlich. Ihr Sohn ist ein ganz wundervoller Mann.“
Sie senkt den Blick und knetet aufgeregt ihre Hände ineinander.
„Wenn ich ihm das verzeihen kann – dann müssten Sie es doch auch können, oder?“, hake ich nach.
Sie sieht wieder auf und Tränen glitzern in ihren Augen. „Aber… aber… er… er hat…“, beginnt sie erneut.
„Er hat mich gut behandelt. Und ich liebe ihn sehr. Wir werden heiraten, Frau Molina , und wir werden uns in Argentinien zusammen ein Leben aufbauen. Und wir würden uns sehr freuen, wenn Sie zu unserer Hochzeit kommen würden“, lächele ich ihr zu.
Sie sieht ungläubig zu Nicolas hin, dann bricht sie in Tränen aus und sitzt wie ein Häufchen Elend auf dem Sofa.
Ich sehe, dass Nicolas das sehr berührt und ich deute ihm mit dem Kopf an, dass er zu ihr gehen soll. Er wirkt unsicher, fast schon ängstlich, und es tut mir in der Seele weh ihn so zu sehen.
Scheu setzt er sich neben seine Mutter, dann nimmt er sie in die Arme. Sie schluchzt noch einmal laut auf und erwidert die Umarmung ebenso. Sie flüstern sich etwas ins Ohr, was ich nicht verstehen kann und was mich natürlich auch gar nichts angeht.
Ich atme erleichtert auf und freue mich für Nicolas, der ebenfalls Tränen in den Augen hat.
Eigentlich bin ich jetzt total überflüssig und ich weiß nicht so recht, ob ich nicht besser gehen sollte.
Es dauert eine kleine Ewigkeit, dann löst sich Nicolas von ihr. Jetzt, wo sie so nebeneinander sitzen, fällt die Ähnlichkeit zwischen Mutter und Sohn noch mehr auf.
„Du kommst doch zu unserer Hochzeit, ja?“, frage Nicolas noch einmal unsicher nach.
„Gerne. Ich würde das sehr gerne“, ein Lächeln huscht über das Gesicht seiner Mutter. Dann steht sie auf und kommt auf mich zu. „Sie sind wirklich etwas Besonderes, Nicolas hat recht“, sagt sie freundlich zu mir.
„Stella“, erwidere ich freundlich. „Bitte nennen Sie mich Stella.“
Sie streckt mir die Hand hin. „Christine…“
Ich ergreife ihre Hand, doch dann umarmt mich Nicolas Mutter einfach. „Ich bin sehr froh, dass er eine so tolle Frau gefunden hat.“
Wir bleiben noch eine ganze Weile bei Christine. Für Nicolas wird das teilweise recht peinlich, denn seine Mutter zeigt mir viele Kinderfotos von ihm. Er sah wirklich süß aus und hatte damals schon etwas Unwiderstehliches.
„Sie waren in Argentinien die kleinen Prinzchen“, lächelt Christine, als sie ein Bild von Joaquin und Nicolas beim Reiten sieht, dann schaut sie ihren Sohn an. „Und Nicolas ist dies ja auch heute noch …“
„Quatsch“, empört er sich, doch ich muss jetzt auch lachen und er wirft mir einen mürrischen Blick zu.
Wenn Fotos von Joaquin kommen, blättert Christine rasch weiter, sie hat wohl Angst, dass ich darauf negativ reagieren würde, doch ich bitte sie, dies nicht zu tun. Er und Nicolas haben sich als Kinder mehr geähnelt, als im Erwachsenenalter. Auch Joaquin war ein hübscher kleiner Junge gewesen, aber immer schon etwas kräftiger.
Nachdem die Fotoalben durchgesehen sind, erkundigt sich Christine nach meinen Eltern.
„ Deine Eltern sind sehr einflussreiche Leute in Berlin“, sie schaut mich aufmerksam an.
„Ja“, antworte ich nur und werde ein bisschen wehmütig. Ich möchte eigentlich gar nicht so gerne über sie reden.
„Wissen sie, dass Nicolas… also… dass er beteiligt war an dieser… dieser Sache“, hakt sie nach.
„Nein“, ich schüttele nur den Kopf. „Mein Vater würde ihn sofort anzeigen und das wäre nicht richtig . Es reicht ihnen schon zu wissen, dass er der Bruder von Joaquin ist, um ihn abzulehnen“, erkläre ich ihr mit heiserer Stimme.
„Ich verstehe“, Christine tauscht einen Blick mit Nicolas. „Stella, das ist sicher auch sehr schwer für deine Eltern, das zu akzeptieren. Sie brauchen wohl noch etwas Zeit um das zu verdauen“, versucht sie mich zu trösten.
„Ja, vielleicht“, nicke ich.
Es ist schon spät am Abend, als wir uns von ihr verabschieden. Sie und Nicolas wollen sich vor unsere Abreise nach Argentinien noch einmal sehen und ich freue mich ungemein für ihn.
Er ist sehr aufgedreht an diesem Abend und wir reden noch lange über Christine. Er erzählt mir ein paar Geschichten aus seiner Kindheit und seine Augen leuchten dabei.
Aber dann wird er wieder ernst und zieht mich fest in seine Arme.
„Ich wünschte, das mit deinen Eltern würde sich auch wieder regeln.“
„Ja, das wäre schön.
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