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BitterSueß

BitterSueß

Titel: BitterSueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Ippensen
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ein Feigling.
    »Nimm das Vieh sofort weg!«, heulte Steffi, als sie meiner ansichtig wurde.
    »Ist ja schon gut«, sagte ich beschwichtigend, fing meinen Kater ein und nahm ihn auf den Arm. Dann fügte ich genervt hinzu: »Komm Steffi, also, meinst du nicht, dass du ein kleines bisschen übertreibst? Und schrei doch nicht so, du kriegst noch nen Herzkasper.«
    Steffi schnappte nach Luft. »Ich habe eine Allergie, verdammt nochmal! Und dieser ewige Stress mit deinem Scheißkater macht mich noch total fertig – darum geht es, versuch bloß nicht das zu verharmlosen, glaubst du etwa, ich SIMULIERE??«
    »Das vielleischt nit«, ertönte da zum Glück die Stimme der Vernunft hinter uns. »Aber isch bin auch sischer, dass du übertreibst, Stéphanie. Wir ’aben doch auch schon oft darüber gesprochen. Was auch immer der Grund für deinen Dsustand ist, es ist nicht Jeanettes Kater.«
    »Ihr seid beide gegen mich!«, brüllte die Tussi da, voll in die Enge getrieben, und türenknallend verschwand sie in ihrem Raum.
    Ich bin froh, dass Marie-Louise weiterhin auf meiner Seite ist.
    Und jetzt habe ich mir einen schönen exotischen Fick wirklich verdient. Finde ich.
24. Dezember 2002
    Gestern bekam ich ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk, noch dazu von einem Moslem – doch ich kann niemandem davon erzählen. Ich bin verunsicherter denn je und komme mir total verdorben, schmutzig, abartig vor. Was passiert ist? Nun, diesem Tagebuch kann ich’s ja getrost anvertrauen, liest schließlich keiner außer mir.
    Oh. In diesem Moment bekam sie ein wirklich schlechtes Gewissen und klappte das Tagebuch der unbekannten Janet erst einmal zögernd zu.
    Es war eine Sache, heimlich in den intimen Aufzeichnungen einer Fremden zu schmökern, aber eine Stelle zu lesen, wo die Verfasserin explizit erklärt, dass es ausschließlich für sie selbst bestimmt sei …
    Andererseits, wieso hatte sie ihre kostbaren persönlichen Geheimnisse hier oben so achtlos herumliegen lassen? Tagebücher hütete man schließlich sorgsamer und eifersüchtiger als ein Drache seinen Hort!
    Plötzlich rief ihr Bekannter nach ihr. Ob sie fertig sei? Schuldbewusst sprang sie auf – ans Sammeln anderer Bücher hatte sie nun gar nicht mehr gedacht, rief hastig ein: »Ja, komme gleich« hinüber und raffte in größter Eile noch so einiges zusammen.
    Natürlich auch das Tagebuch. Ohne Zweifel war es eine äußerst unmoralische Handlungsweise, aber sie MUSSTE unbedingt wissen, wie es weiterging …
    Zu Hause, nachdem sie mit dem Hund Gassi gegangen war, blieb ihr zum Glück noch genügend Zeit fürs Weiterlesen. Sie hatte diesen Augenblick förmlich herbeigesehnt. Seufzend legte sie sich auf ihre Seite des breiten Doppelbettes und nahm das in blaues Leinen gebundene Buch wieder in die Hand … knapp einhundert Seiten hatte sie bereits verschlungen, und es blieben noch so einige.
    Wie schön.
(immer noch Heiligabend 2002)
    Hassan und ich trafen uns in einem arabischen Café, in dem es Pizza und Kebab gab, aber wir hatten beide nicht viel Hunger. Hingerissen lauschte ich den Geschichten aus seinem Heimatland; er konnte bildhaft erzählen und beherrschte das Deutsche erstaunlich gut; als ich ihm deshalb ein Kompliment machte, grinste er breit und meinte, in seiner Familie habe die deutsche Sprache einen hohen Stellenwert gehabt, und schon als kleiner Junge habe er eine Menge Deutsch aufgeschnappt. Sein Vater liebte Goethe, Heine, Hesse, war ein überaus feinsinniger, gebildeter Mann, der leider zurzeit an einer schweren Krankheit litt. Jedenfalls, ich hörte also hin und begann mit offenen Augen von Marokko zu träumen, einem Land wie aus Tausend und einer Nacht, während wir literweise Pfefferminztee tranken und dazu rauchten.
    Für mein Lob revanchierte sich Hassan bald, indem er überzeugend versicherte, meine Augen seien wunderschön und ich hätte eine sexy Ausstrahlung, die ihn ganz verrückt machen würde. Diese nicht gerade originellen Sprüche saugte ich dennoch gierig auf, da ich mich gerade ein bisschen zu rundlich fand. Immer um die Weihnachtszeit herum stieg mein Schokoladenkonsum auf besorgniserregende Weise an, erst recht, wenn ich frustriert war.
    Er fing an mit meiner Hand zu spielen, sanft und locker zunächst, dann, als ich keinen Widerstand leistete, intensiver. Hassans Hand war schön und schlank, zimtbraun und mit spitzen sauberen Fingernägeln. Gepflegte Hände bei Männern finde ich außerordentlich attraktiv.
    Kurzum, es war alles wie es sein sollte,

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