BitterSueß
mit einer Freundin verabreden, ein Sicherheitssignal per Handy, dass du ihr sendest, damit du sozusagen einen Schutz hast.« Er zog gespielt dämonisch eine Augenbraue hoch. »Weißt du, in gewissen Kreisen ist das gang und gäbe, man nennt es COVERN.«
Hm, wo hatte ich diesen Ausdruck schon einmal gehört? Ich nickte, ich erinnerte mich jedenfalls daran, was er bedeutete.
Wir verabredeten uns für siebzehn Uhr; er gab mir seine Adresse, seine Festnetz- und seine Handynummer. »Phelan Jenkins«, war sein voller Name, und wie Marie-Louise sprach er mit einem ganz leichten Akzent, nur war seiner angloamerikanisch, wie ich vermutete; auch mischte er manchmal recht spezielle Anglizismen in sein ansonsten tadelloses Deutsch. Verflixt, ich hatte ihn noch nicht einmal nach seiner Herkunft gefragt. Nun ja, dafür würde sicher noch Zeit sein.
Beschwingt kehrte ich nach Hause zurück, packte Ivory, wirbelte ihn fröhlich herum und fragte ihn, ob er nicht vielleicht doch Lust hätte, einen Katerkollegen namens Saruman kennenzulernen. Ivorys blaue Augen blitzten mich empört an, und nachdem ich ihn abgesetzt hatte, stolzierte er in verletzter Katzenwürde davon, den buschigen Ragdoll-Schweif noch mehr zur Bürste gesträubt. Vorwurfsvoll warf er einen Blick zurück über die Schulter, einen Blick, der Bände sprach: »Du weißt doch genau, dass ich es nicht mag, wenn du so albern bist«, hieß das.
Mein Grinsen folgte ihm den Flur entlang – wir waren beide froh, dass die dämliche katzenphobische Steffi ausgeflogen war. Um ehrlich zu sein, machte es mir jetzt sogar richtig Spaß allein in der geräumigen Wohnung, jetzt, wo ich ein Silvesterdate hatte.
Ich stürzte zu meinem Kleiderschrank und riss beide Türen weit auf. Was um Himmels willen sollte ich anziehen?
Bleib cool, du gehst schließlich NUR zu ihm, ermahnte ich mich, und wenn er dich in deinen Winterjeans und im Webpelz anziehend fand, musst du dich für morgen nicht so mordsmäßig in Schale werfen.
Klang logisch.
Und doch kramte ich alle nur möglichen und auch alle unmöglichen Kleiderkombinationen hervor, verbrachte ungefähr fünfeinhalb Stunden modenschaumäßig vor dem Spiegel und probierte ein Make-up nach dem anderen aus, bis sich die Kleenex-Tücher voller Mascara und Lippenstift im Bad geradezu auftürmten.
Einen Moment gab es nur, in dem ich innehielt.
Ich hatte gerade ein recht gewagtes Lipgloss mit dem schönen Namen Crazy Starlight aufgelegt, sah mein Spiegelbild an und formte einen Kussmund.
»Willst du mit ihm schlafen?«, fragte ich mich unverblümt, meiner Stimme einen rauchigen Klang gebend.
»Ja«, flüsterte die Spiegel-Janet schüchtern zurück.
Ich sah seine funkelnden Augen und sein Lächeln vor mir, fühlte einen wohligen Schauer, der mich ganz und gar durchrieselte … und irgendetwas Dunkles war meinen Gefühlen beigemischt, was ich insgeheim sehr genoss. Ausgelöscht schienen all die blöden Erfahrungen der letzten Zeit, meine Männerpleiten und Irrwege … ich spürte auch keine Gewissensbisse wegen Hassan, ja, ich dachte noch nicht einmal mehr an Alpha. Sie alle verblassten vor Phelan; verdammt, was war ich froh darüber, und wie freute ich mich auf den morgigen Abend!
1. Januar 2003
Oooooooooooooohmmm … Unglaublich, ein neues Jahr hat begonnen. Und was für ein Jahreswechsel! Ich … also, ich hab keine Ahnung, wie und wo ich anfangen soll; wie ich meine wirren Gedanken geordnet kriege und … na, erstmal das Wichtigste vielleicht: Ich sehe Phelan am Wochenende wieder. IST das eigentlich das Wichtigste? Nun … wenn ich total verliebt in ihn wäre … aber das isses nicht. Ich meine, ich hab schon Schmetterlinge im Bauch, wenn ich an ihn denke. Oder Raupen. Nee, es sind doch Schmetterlinge, aber sie haben komische Farben, denke ich. Mehr so dunkle.
Verflixt, so wird das nichts. Alle meine Empfindungen und Gedanken verknäulen sich ja immer mehr, und ich …
Marie-Louise würde sagen: »Jeanette, s’il te plait … fang einfach vorne an, das ist am besten, ma chère. Au debut!«
Oh ja, ein Debüt. Das ist es wirklich gewesen!
Nun. Ich merke echt an meinem konfusen Geschreibsel, dass diesmal etwas anders war. Was heißt hier etwas … wenn ich es in zwei Worte fassen sollte, mein Silvester-Neujahrserlebnis mit Phelan (Jahreswechsel! Boah, wie symbolisch ist DAS DENN?, sowas gibt’s doch eigentlich nur in Romanen!), dann fiele mir »romantisch phantastisch« ein.
Aber … ein bisschen ZU phantastisch. Mir ist, als
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