BitterSueß
versprochen!«, kreischte sie, was ich doch stark bezweifelte.
Marie-Louise kam hinzu und versuchte zu vermitteln, was jedoch nur suboptimale Ergebnisse zeitigte.
»Wie lange willst DU dieses kotzende Katervieh hier noch dulden?«, fauchte Steffi sie an. »Das Biest ist garantiert krank und vergiftet uns noch alle mit einer schleichenden Seuche – nur die Janet hier mit ihrer Affenliebe ist wahrscheinlich immun!« Höhnisch starrte sie mir ins Gesicht.
»Ein für allemal«, sagte ich verärgert, »Ivory hat nicht gekotzt, weil er krank ist oder so. Katzen müssen ab und zu die im Magen angesammelten Haare als Ballen auswürgen, das hat weiter nichts zu bedeuten und hinterlässt noch nicht mal Flecken auf dem Teppich.«
»Ich verzichte auf deine Scheiß-Belehrungen!«, brüllte die Zicke und schien dicht davor, mit Fäusten auf mich loszugehen – doch das verhinderte Marie-Louise durch beherztes Dazwischentreten.
»Nun reißt du disch mal schleunigst dsusammen!«, befahl sie mit natürlicher Autorität, und Steffi gehorchte murrend.
»Danke«, scherzte ich später in der Küche, »du hast mir das Leben gerettet.«
»De rien«, antwortete sie und zuckte die Achseln. »Isch vermute, wir werden unsere endsückende Mitbewohnerin bald verlieren …«
Ja, damit mochte sie recht haben.
»Oh je«, murmelte ich, »durch meine Schuld …«
»Non, pas du tout!«, widersprach sie mir energisch. »Durch ihre eigene Schuld!«
Ganz kurz nach diesem hässlichen Auftritt durchzuckte mich der Verdacht, ob die Katzenhasserin Steffi vielleicht hinter den Samtpfotenentführungen in unserem Viertel steckte? Aber Sherlock Holmes würde da abwinken. Zu weit hergeholt. Zu wenig Beweise, noch nicht mal der Hauch eines Hinweises. Hm. Man müsste selbst eine Katze sein und den gefährdeten Freigängern ein paar Nächte lang folgen. Ich dachte an meinen Katzendetektiv Charly, aber der war ja nun mal auch nur eine erfundene Romanfigur.
Mir blieb nur dieser Zeitungsartikel, also verfasste ich ihn und trug ihn Marie-Louise in der Küche vor, als Steffi außer Haus war.
»Hexenjagd auf Katzen? – Verzweifelte Samtpfotenbesitzer wehren sich. Seit mehreren Wochen herrscht fast schon so etwas wie Krieg in der Spargelspitzen-Vorstadt. Ein Konflikt ist ausgebrochen, der sich mehr und mehr zuspitzt: auf der einen Seite ein anonymer »Vogelfreund« und auf der anderen Seite Katzenbesitzer, deren Stubentiger entlaufen – oder aber entführt worden sind.
Es beginnt alles ganz zivilisiert; Plakate tauchen auf, zum Teil handgeschrieben, zum Teil computergedruckt und mit Bildern versehen, z.B. »Katze Fibi vermisst«. Gleich mehrere, fast zeitgleich. So weit, so beunruhigend. Doch mit der Reaktion eines ihrer Nachbarn haben die unglücklichen Katzenhalter wohl nicht gerechnet. Über Nacht erscheinen hasserfüllte Botschaften eines selbsternannten Vogelfreundes, der streunende Katzen für den ‚Mord‘ an Vögeln zur Verantwortung ziehen will und sich über das Verschwinden der Zimmertiger freut. Ja, er spricht sogar von ‚Beseitigen‘ – und die Emotionen kochen vollends hoch. Zumal er auch die Suchplakate abreißt. Eine dritte Person mischt sich anonym ein, vermittelnd zwar, doch eindeutig eher auf Seiten der »Katzenpartei«. Daraufhin eskaliert der Konflikt erst recht. Die eine Seite beschimpft wütend und plakativ die andere, und der Vogelfreund beschmiert die Texte seiner Widersacher mit Kot, Dreck oder sogar Blut. Da kommen schlimmste Verdachtsmomente hoch, und die ganze Sache scheint ziemlich verfahren.
Zeugin J.S., 33, meint: »Gut wäre es, wenn sich alle Parteien einmal zusammensetzen würden, natürlich nicht ohne Mediator. Vielleicht geht es hier um etwas völlig anderes, und der Katzen-Vogel-Krieg ist nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat?« Sie erinnert auch daran, dass schon einmal die Angst um Haustiere umging im Viertel; damals verbreitete sich das Gerücht, jemand würde systematisch Hunde vergiften. Zwei Tiere waren erkrankt, eins gestorben. Später stellte sich dann heraus, dass ein Junkie Rauschgift im Fahrstuhl verschüttet und das vierbeinige Opfer – ein kleiner Yorkshire-Terrier – das Zeug aufgeleckt hatte.
J. fährt fort: »Mein eigener Kater ist auch mal entwischt und war zwei Tage lang verschwunden; ängstlich hatte er sich in einem Kellereingang im Hinterhof der Nachbarschaft verkrochen, und eine liebe Nachbarin brachte ihn mir hungrig zurück. – So sollte es sein; geben wir
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