BitterSueß
geben, was ich brauchte, und kann das überhaupt jemand?
Ich vermisse ihn ein wenig. Denke aber auch mit einer Mischung aus Frustration und Dankbarkeit an ihn.
Immerhin: Mein Problem der mangelnden sexuellen Befriedigung ist auf einer neuen Ebene angelangt.
28. Februar 2003
Das Sich-Verströmen und Schauen und Beobachten und Hineintauchen und Lesen und Fühlen im virtuellen Raum, im Netz mit den magischen Buchstaben SM war hinreißend, verführerisch … aber dadurch drohte alles wieder wegzuschwingen vom realen Leben, hin zu bloßer Phantasie. Ich meine, sich im Netz herumzutreiben war so, als spielte man ein Fantasy-Rollenspiel. Und im Phantasiebereich waren meine Träume doch allzu lang geblieben.
Wann immer ich mir das richtig klar mache, empfinde ich wieder Frust und sehe mich bildhaft als Springer oben auf dem 3-Meter-Turm, endlos wippend ohne den Mut zu springen.
Und meine Ideen und die vom Netz stark genährten und intensivierten Bilder in meinem Kopf nahmen erneut sehr, sehr viel Raum ein, drängten sich in mein Alltagsleben, bis ich die höchste Dringlichkeitsstufe ausrief: Es musste etwas geschehen!
Zum Beispiel überfielen mich wieder einmal die allerlebendigsten Tagträume bei einem Essen mit Jason, meine Gedanken schweiften ab … und diesmal war nicht Jason selbst der Gegenstand meiner Träume, nein … er bekam nur eine Statistenrolle zugewiesen.
Wer plötzlich in meinem Kopfkino auftrat, erstmals seit langer Zeit wieder, war ACW. Mit seinen schönen, langbewimperten grünblauen Augen, seinem spöttischen Lächeln, der raubtierhaften Ausstrahlung kam er lässig in das Restaurant, in dem Jason und ich bei Schweinelendchen und Reis süßsauer saßen, und er sagte zu dem Verleger: »Sie gestatten?«, woraufhin er sich mir zuwandte und einfach nur befehlend die Augenbrauen hochzog.
Ich erhob mich und er nahm meinen Arm … auf eine ganz bestimmte, fest zupackende Weise. Wie der Kellner, als er mich »damals« vor einem Sturz bewahrte. Dann führte ACW mich in das Séparée, das schon gleich meine Phantasie entzündet hatte, sowie Jason und ich die Gaststätte betraten – es war nur durch einen prächtigen, samtartigen, mit Sonnen und Monden bestickten Vorhang vom Rest des Gastraumes getrennt.
Schwungvoll zog ACW diesen Vorhang hinter uns zu, und beiläufig fast legte er mich auf einen der Tische, nachdem er Besteck und Geschirr einfach heruntergefegt hatte. Er beobachtete jedoch meine Reaktionen ganz genau … und ich genoss jede Sekunde … kostete sie aus … erstmals erschien eine silberfarbene Reitgerte in der Hand meines früheren Chefs – ich sah sie und ein lustvoller Schauder überlief mich … oh, diese fast schmerzhafte Süße, die tief in meinen Unterleib einsank, mit köstlicher Intensität …
… da klirrte noch ein vergessener Teller oder ein Glas, vermutlich, weil ich mich zu sehr wand unter den inquisitorischen Augen ACWs und unter der ersten Berührung mit der Peitsche – noch nie war es so klar gewesen, so DEUTLICH –
»Janet, fühlst du dich ganz wohl? Du schaust mich an, als wäre ich der Mann im Mond.«
Jasons amüsierte Stimme war es, die mich abrupt aus meinem Lusttagtraum riss – oh, wie peinlich! – und er war es auch gewesen, der mit einem Löffel klirrend gegen sein Glas geklopft hatte.
Und trotzdem. Tagträume. Sie sind einfach schön.
9. März 2003
Back to reality.
Und zwar bin ich ziemlich unsanft wieder in die ganz stinknormale reale Welt gerissen worden – durch das Finanzamt. Ausgerechnet.
Jetzt bin ich hellwach und muss mir schleunigst einen Job suchen!
Marie-Louise hörte sich mitfühlend meine unerfreulichen News an, als ich, mit dem Brief vom Finanzamt in der Hand, wie betäubt in die Küche geschlichen und direkt am Tisch zusammengebrochen war, aus allen Wolken gefallen.
»Zweitausend Euro!«, stöhnte ich. »Die wollen zweitausend Euro Steuernachzahlung aus meiner Tätigkeit bei QUASI, das sind meine ganzen restlichen Ersparnisse, die werden dabei draufgehen bis auf den letzten Cent.«
»Und ist diese Forderung denn korrekt?«, erkundigte sich Marie-Louise.
Leider war sie das; der Staat hatte ein Anrecht auf das Geld, und ich wusste auch, wie rabiat der Fiskus beim Eintreiben war. Ich hatte direkt meinen Bruder angerufen, der mir ja immer bei der Steuererklärung half, und er erinnerte mich daran, dass er mir schon vor ein paar Monaten angedeutet hatte, dass genau das passieren könnte und ich für diesen Fall ein Sparkonto anlegen
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