Bittersueßes Hoffen
KAPITEL
Brian war schon immer schnell gefahren. Manchmal zu schnell, besonders in seiner Jugend. Auf den leeren unbefestigten Straßen außerhalb von Liberty hatte er die Harley gefährlich beschleunigt.
"Fahr langsamer, oder du wirst dich eines schönen Tages umbringen", hatte Ted immer gesagt. Brian hatte jedes Mal breit lächelnd erwidert, er würde niemals irgendetwas tun, was ihr alter Herr ihm ständig prophezeite.
Er zog den Jaguar in eine scharfe Linkskurve und war unterwegs zu diesen unbefestigten Straßen. Was ihr Vater ihnen beiden prophezeit hatte, war nicht eingetreten. Ted hätte reich und erfolgreich werden müssen, während er selbst abgebrannt oder tot hätte enden müssen. Stattdessen war es ihm gelungen, ein Vermögen anzuhäufen, und sein vorsichtiger großer Bruder war Bankrott gegangen und auf einem nassen Highway in einem Knäuel aus verbogenem Metall gestorben. Die Ironie war kaum zu glauben. Das Leben hatte die Brüder in völlig verschiedene Richtungen geführt. Und eine Frau war der Grund. Wenn Ted nicht Faith geheiratet hätte, oder wenn sie ihm zumindest eine gute Ehefrau gewesen wäre, dann wäre er nicht auf dem Highway nach Atlanta
umgekommen. Er hätte auch nicht sein ganzes Geld in Aktien investiert.
Bestimmt war es teuer, eine Frau wie Faith zu unterhalten. Bisher hatte Brian nichts davon gesehen. Sie trug keinen Schmuck außer einem schlichten Trauring, aber sicher hatte sie seinem Bruder mehr abgeluchst.
Die junge Faith, die geweint hatte, als er ihr eine einzelne Rose gebracht hatte, existierte nicht mehr. In Wahrheit hatte sie niemals existiert. Die süße, unschuldige Faith Davenport war eine intrigante Opportunistin gewesen. Der Name, das Haus ...
Ein Kind, das ihr sein Bruder gemacht hatte.
Brian fuhr eine steile Steigung hoch. Er wollte nicht daran denken, dass Ted mit Faith geschlafen hatte. Dass ein anderer Mann sie liebkost und geküsst hatte.
Er war jetzt älter und viel klüger. Das Leben hatte ihn gelehrt, dass Liebe nur ein Synonym für Lust war, und ja, es machte ihn wahnsinnig, dass Faith ihn noch beeinflussen konnte, aber das war schon immer ihre Begabung gewesen. Sie war schöner als früher, begehrenswerter - und viel hinterlistiger.
Warum hatte sie versucht, Peter geheim zu halten? Das ergab keinen Sinn. Das Kind war ihre Trumpfkarte. Ihr musste klar gewesen sein, dass er sie ohne Zögern hinauswerfen, nicht jedoch den Sohn seines Bruders über die Klinge springen lassen würde.
Brian fuhr schneller. Man konnte nicht immer erkennen, ob ein guter Pokerspieler bluffte. Also musste man sich schützen, indem man den Einsatz so erhöhte, dass der andere ausstieg.
Am Stadtrand wichen die letzten Häuser Weiden und dann Wald. Brian stellte die Klimaanlage ab, ließ das Fenster herunter und atmete die nach Kiefer duftende Luft ein. Am Vortag um diese Zeit hatte er mit seinem Banker in einer Bar in New York gesessen. Er hatte einen Dreitausenddollaranzug getragen, Single Malt Scotch getrunken und den Bericht über seine Vermögenslage ebenso genossen wie die abschätzenden Blicke der gut gebauten Brünetten am Nebentisch. Liberty und alles, was er hinter sich gelassen hatte, war weit weg gewesen. Wenn er überhaupt daran gedacht hatte, dann hatte er bedauert, Teds Beerdigung verpasst zu haben, und sich darauf gefreut, Faith zu versagen, wofür sie so hart gearbeitet hatte. Teds Testament und seine erbärmliche finanzielle Situation hatten ihm direkt in die Hände gespielt.
Aber jetzt ging es nicht mehr um das, was vor Jahren passiert war. Es ging um Peters Zukunft. Ted hatte seinen Sohn mittellos zurückgelassen, und seine Witwe hatte nur das Talent, Männer zu manipulieren.
Brian fuhr an den Straßenrand. Gezirpe und Summen traten an die Stelle des Motorengeräuschs. Die Abenddämmerung war hereingebrochen. Die ersten Sterne funkelten über dem Tal.
Ein Kind sollte nicht für die Fehler und Schwächen seiner Eltern oder den vorzeitigen Tod eines Elternteils bezahlen. Wusste er das nicht besser als jeder andere? Peter war unschuldig. Das waren Kinder immer, und immer zahlten sie schließlich den höchsten Preis.
Dunkelheit löschte die letzten Farben vom Himmel. Der Insektenchor steigerte sich zu einem Crescendo. Er hatte zu Faith gesagt, er würde in zwei Stunden zurück sein, doch er würde länger brauchen. Er musste Pläne machen und sich mit den Folgen dieser Pläne auseinander setzen.
Verdammt, wie sollte er das anfangen?
Nach langer Zeit ließ
Weitere Kostenlose Bücher