Bittersweet Moon 2
herrlich. Wolkenlos sonnig und noch angenehm frisch verbreitet er
gute Laune über die Stadt. Trotz der Aufregung ziehe ich den Koffer lässig und
ohne Eile hinter mir her, jedoch überlege ich es mir kurz vor der
Bushaltestelle und halte ein vorbeifahrendes Taxi an.
Im
Auto erinnere ich mich natürlich an die Fahrt vor vielen Jahren, als ich mit
Robin nach London geflogen bin. Ein Dauerlächeln umspielt meine Lippen, während
ich an diese kurzen Momente des Wahnsinnsglücks denke, die mir damals wie eine
kleine Ewigkeit erschienen. Wie sehr ich nur verliebt war! Ich war regelrecht
trunken vor Liebe und Leidenschaft, völlig überwältigt und hingerissen von
diesem Mann, der in mir solche noch nie zuvor erlebten Gefühle erweckt hat.
Auch Erinnerungen an Sex mit Robin melden sich zwangsläufig, mit einer
Intensität, auf die mein Körper mit diesem vertrauten, genüsslichen
Zusammenziehen im Unterbauch reagiert. Kaum ein anderer Mann war in der Lage,
solch ein Empfinden in mir auszulösen, geschweige denn nur durch bloße Gedanken
an ihn. Beschwichtigend lege ich mir die Hand auf den Bauch, als ob ich diesen
plötzlichen Anflug von Verlangen rechtzeitig aufhalten will. Bleib schön auf
dem Teppich, rede ich mir zu und verbanne entschlossen die heißen, lasziven
Bilder aus meinem Kopf. Das ist meine Vergangenheit und ich habe endgültig mit
ihr abgeschlossen. Der gestrige Abend hat mir endlich den Seelenfrieden
gebracht, den ich mir so viele Jahre vergeblich gewünscht habe. Das Wiedersehen
mit Robin war für mich zwar emotional sehr aufwühlend, rührend und auch
schmerzhaft, doch dem letzten Kapitel stand nichts mehr im Wege. Die Art, wie
Robin mich begrüßt und mit mir geredet hat, habe ich als heilsam und befreiend
zu gleich empfunden. Er hat mir ermöglicht, die negativen Gefühle, die ich all
die Jahre mit Erinnerungen an unsere Romanze verbunden habe, kräftig umzupolen.
Statt Trauer, Bedauern und Wehmut empfinde ich nun Dankbarkeit, Freude und
Stolz.
Auch
wenn er mich mit seiner spontanen Einladung nicht so überrascht hätte, würde
ich nach dem gestrigen tränenreichen Abschied der Wunde in meinem Herzen
endlich erlauben, vollständig abzuheilen. Ich würde trotzdem mit einer
beruhigenden Gewissheit nach Hause gehen. Mit dem wohltuenden Vertrauen, dass
er mich nicht vergessen hat, dass meine kurze Rolle in seinem Leben doch von
Bedeutung gewesen ist.
Doch
Robin wäre nicht Robin, wenn er nicht noch einen drauf gesetzt hätte. Sein
Vorschlag mit der Reise hat mir den Atem verschlagen und mein Leben wieder mal
kurzfristig durcheinander gebracht. Auf eine Art, die nicht erfreulicher und
aufregender sein könnte. Und schon wieder grinse ich regelrecht vor freudvoller
Erwartung, mit einer Leichtigkeit im Herzen, die ich viel zu lange nicht mehr
gespürt habe. Ich setze die Kopfhörer von meinem Mp3-Player auf und drücke die
zufällige Auswahl in meiner Sammlung von Lieblingssongs aus den letzten drei
Jahrzenten.
Never
say Goodbye von Bon Jovi ist im Augenblick nicht der
Song, den ich hören will. Der Song ist zwar schön, aber doch zu melancholisch.
Ich drücke lieber noch mal und der nächste Song passt schon besser. Heroes von
David Bowie. Robin ist ein großer Fan von David Bowie. Doch welcher Musiker,
der auf wirklich gute und zeitlose Musik steht, ist es nicht?
Die
Stadt huscht mit Musik schneller an mir vorbei und bald erblicke ich den
Flughafen. D isappear von INXS schaffe ich nicht mehr zu Ende zu hören,
ich packe den Mp3-Player wieder in die Tasche und bezahle den jungen türkischen
Taxifahrer. Er besteht darauf, dass ich mir seine Telefonnummer aufschreibe,
weil er wieder mal seine Visitenkarten zu Hause vergessen hat. Ich tue ihm den
Gefallen und erlaube ihm noch, meinen Koffer wenige Schritte bis zu der
Eingangstür zu tragen, auch wenn er ganz einfach zu rollen ist. Aber warum auch
nicht. Manchmal ist es so einfach, einem Menschen ein Lächeln aufs Gesicht zu
zaubern und der junge Mann erstrahlt regelrecht, als ich mich zu ihm umblicke
und ihm zuwinke.
Kaum
bin ich eingetreten, vergesse ich schon alles um mich und eile mit etwas flauem
Gefühl im Magen zu meinem Check-in-Schalter. Mutig wähle ich den Business Class
Schalter, wo nur drei Passagiere vor mir stehen. Wie erwartet ist ein Business
Class Ticket für mich reserviert und bezahlt- erst nach Frankfurt und dann
weiter nach Florenz. Nur Hinflug, was mich noch eine Stufe nervöser macht.
Während der Gepäckabgabe schaue ich mich kurz
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