Bittersweet Moon
Tony. Und du, bist du
müde?", fragte er mich anschließend.
"Nein,
im Gegenteil, ich bin total aufgedreht!", antwortete ich viel zu schnell,
fast erschrocken bei dem Gedanken, dass der Abend schon vorbei sein könnte.
"Ausgezeichnet,
dann unternehmen wir noch was zusammen", lächelte er amüsiert. "Hast
du eine Idee? Oder einen Wunsch, wie wir gemeinsam die Nacht verbringen
könnten?", lächelte er weiter herausfordernd und ich merkte die
verräterische Röte im meinem Gesicht.
"Wie
wär’s mit einem Spaziergang im Schnee? Ich liebe es, wenn die Stadt zugeschneit
ist", schlug ich spontan vor und ärgerte mich, weil mich seine eindeutigen
Wortspielereien so leicht verwirrten.
"Fein,
bin einverstanden", nickte er sofort. "Aber vorher müssen wir noch
was klären". Seine Stimme klang plötzlich sehr ernst und er blickte mir so
tief in die Augen, dass es mir den Atem verschlug. Was will er mir bloß
sagen? Ich spürte, wie mein Magen sich zusammen krampfte, als ich mich in
meinem Stuhl erwartungsvoll aufrichtete.
"Du
weißt, dass es in meinem Leben Menschen gibt, die ich um keinen Preis verletzen
möchte. Wir dürfen das Hotel nicht zusammen verlassen. Ich bin hier zwar nicht
so bekannt wie zu Hause, aber es reicht, wenn ein Fan oder ein Reporter uns
zusammen sieht und ein Gerücht in die Welt setzt, das meiner Familie schaden
könnte. Deswegen bitte ich dich, dass du das verstehst und akzeptierst und dass
du dich äußerst diskret benimmst, was unsere Bekanntschaft betrifft."
Erleichtert
atmete ich auf. "Natürlich, das kann ich sehr gut verstehen, ist völlig
klar. Und ich kann dir versichern, du kannst dich auf mich verlassen. Unsere
Bekanntschaft bleibt mein Geheimnis", versprach ich ihm ernsthaft. Aber
der erste kleine Schmerzstich in meinem Herzen, den mir seine Worte versetzt
hatten, ermahnte mich, dass mein Traum seinen Preis haben wird. Bist du
bereit dafür? fragte ich mich, obwohl ich die Antwort gut kannte. Ich
wusste, dass er verheiratet war, ein Kind hatte und dass sein Privatleben ihm
heilig war. Diese knallharten Fakten unterschieden ihn mächtig von dem
Märchenprinzen. Wie dumm ich nur war! Mein Traum hatte schon in diesem
Augenblick ein festgelegtes Ende, das man nicht umschreiben konnte. Ich sah es ganz
deutlich vor meinen Augen, als ob der dicke Schleier meiner übermütigen
Illusion plötzlich weggefallen wäre. Ich lebe nicht in einem Märchen und
meine Geschichte wird völlig anders ausgehen als die von Aschenputtel. Es wird
kein Happy End geben! Ich werde nach dem Ball nach Hause rennen, mein gläserner
Schuh wird an der steinernen Treppe zersplittern und der Prinz wird mich nicht
verfolgen oder nach mir suchen. Er wird die Türe von seinem Palast hinter mir
schließen, in den Ballsaal zurückkehren und wenn ihn jemand fragen wird, wer
seine Tänzerin war, wird er sagen: "Niemand, nur ein fremdes Mädchen,
keine Rede wert, wir tanzten nur einen Tanz miteinander." Und danach wird
er sich in seine Gemächer zurückziehen, wo seine Königin schlafend auf ihn
wartet und er wird sich Mühe geben, sie nicht aufzuwecken. Am nächsten Morgen
wird sie ihn in seinen Armen liegend fragen, wie der Ball war und er wird ihr
antworten: "Ach, nichts besonderes, wie immer, ich tanzte eine Weile und
danach kam ich zu dir ins Bett." Und er wird nicht mehr an das Mädchen
denken. Sie aber wird sich jede Nacht in den Schlaf weinen und von ihm träumen
und jeder kleinste Gedanke an ihn wird ihr grausam weh tun. Sie wird ihn
nie vergessen können und ihr armes Herz wird zerbrechen wie ihr Tanzschuh. Aber
später, wenn ihr Schmerz etwas nachlassen wird, wird sie dankbar an diese kurze
Zeit mit ihm zurückdenken und sie wird etwas haben, was sie als einen großen
Schatz in einer Schmuckschatulle aufbewahren und immer wieder bewundern wird -
die kostbaren Erinnerungen an ihn, die unvergesslichen Momente, die er ihr
schenkte, und die Gewissheit, dass auch sie sein Innerstes berührte...
"Diana?"
Robins fragende Stimme holte mich zurück aus meinen Gedanken. Ich liebte es,
wie er mit seinem breitgezogenen Akzent meinen Namen aussprach. Und als ich in
seine meeresblauen Augen blickte, wusste ich, dass ich bereit war. Bereit für
alles!
"Gut,
dann wollen wir", sagte ich entschlossen. "Es gibt noch einen Weg
außer den Haupteingang - es ist die Lieferantentür neben der Küche. Die Küche
findest du, wenn du diesem Gang folgst und dann vor dem Empfangsraum links
abbiegst. Du kannst als erster die Bar verlassen und
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