Bittersweet Moon
schnellstens ins Bett." Schon wieder eine
Notlüge. Ich konnte mich kaum beherrschen, um nicht loszurennen, ich wollte
wieder bei ihm sein, ich hatte ein Rendezvous mit Robin S.!
"Diana,
mach keine Dummheiten, ja?", sagte Tom sehr ernst.
"Wie
meinst du das?", erschrak ich und machte gleichzeitig ein unschuldiges
Gesicht.
"Du
weißt ganz genau, was ich meine... Ich bin nicht blöd und ich kenne dich zu
gut. Bitte, verbrenne dich nicht, wenn du schon mit dem Feuer spielst!"
Mein
lieber Tom, ich habe dich sehr lieb, aber diesmal kann ich nicht ehrlich zu dir
sein , sagte ich
nur in meinen Geist, während ich ihm ein Küsschen auf die Wange hauchte.
"Mach dir keine Sorgen um mich, ja?"
"Viel
Spaß morgen!", rief er mir hinterher.
"Gute
Nacht Tom", erwiderte ich, ohne mich noch mal umzudrehen.
Schwungvoll
verließ ich die Bar und eilte den Gang entlang. Am liebsten wollte ich rennen,
doch beherrscht langsam ging ich durch den Empfangsraum, grüßte Martin an der
Rezeption und bemerkte nebenbei vier oder fünf Mädchen, die in den Sesseln
saßen und offensichtlich auf Robin oder andere Jungs von der Band warteten. Wie
gut, dass er auf seinem Weg ins Zimmer nicht hier vorbei musste! Die Fahrstühle
zu den Stockwerken mit Zimmern befanden sich zum Glück um die Ecke und er
konnte unbemerkt zu seinem Zimmer fahren. Die Mädchen wirkten müde und leicht
verzweifelt. Wer weiß, wie lange sie schon in der Hoffnung, Robin zu treffen,
dort rumhingen. Die taten mir fast leid, ich konnte sie so gut verstehen. Trotz
meines Mitgefühls für sie stieg in mir ein beschwingtes Gefühl des Triumphes
hoch und ich schämte mich gleich dafür. Ich hatte einfach nur mehr Glück als
sie...
Endlich
verließ ich das Hotel und blieb auf der kleinen Treppe vor dem Eingang staunend
stehen. Der Anblick erweckte in mir die Illusion, ich hätte beim passieren der
gläsernen Hoteltür die Realität hinter mir gelassen und wäre in eine sonst
unsichtbare Fantasiewelt eingetreten.
Vor mir
lag die zugeschneite Stadt, aber wie verwandelt durch diesen frühen
Wintertraum.
Eine
fast zwanzig Zentimeter dicke Schneedecke bedeckte die geparkten Autos, die
Bäume und den Bürgersteig. Es schneite noch immer und die ganze vertraute
Umgebung schien wie verkleidet zu sein. Straßenschilder waren unlesbar, die
geparkten Autos nicht zu erkennen, sogar die Straßenbeleuchtung wurde
abgeschwächt durch die dicke Schneeschicht, die die ganze Stadt verhüllte und
still unter sich verbarg. Wie passend zu unserem Vorhaben ! In dieser
märchenhaft verschneiten Nacht wird uns keiner bemerken, niemand wird
uns über den Weg laufen und wir werden alleine bleiben . Wer geht schon
bei solchem Wetter spazieren? Nur jemand, der unerkannt bleiben möchte.
Oder jemand, der diese Winterkulisse so romantisch findet wie ich .
Mit rhythmischem, freudigem Schritt lief ich an dem Gebäude entlang und bog in
die Seitenstraße ein. Mein Herz machte einen Freudensprung, als ich vor der
Hintertür eine dunkle, hohe Silhouette erblickte. Robin wartete schon auf mich!
Ich winkte ihm zu und beeilte mich noch mehr. Lässig angelehnt an die Wand
stand er da, gehüllt in einen langen schwarzen Ledermantel und mit einem
schwarzen Cowboyhut auf dem Kopf. Den Mantelkragen klappte er hoch, so dass
sein Gesicht gut versteckt blieb. In der Dunkelheit konnte man ihn nun kaum
erkennen, obwohl er ganz in Schwarz und langhaarig eine auffallend markante
Erscheinung war. "Wartest du schon lange?", fragte ich ihn, als ich
endlich vor ihm stand und spürte, wie meine Wangen trotz der Kälte glühten.
"Nein,
bin auch gerade gekommen. Es macht Spaß, solche Versteckspiele zu
spielen!", lächelte er gut gelaunt unter seinem Cowboyhut. "Du musst
mich jetzt führen, ich habe keine Ahnung, wo wir uns befinden", bot er mir
seinen Arm an, um mich bei ihm einzuhaken. Das tat ich gerne. Aufgeregt nahm
ich durch unsere dicken Mäntel seinen Körper wahr, als wir die fast leere
Straße entlang spazierten und dann in eine enge, genauso menschenleere
Seitengasse abbogen, die zu einer kleinen Kirche führte. Dahinter versteckte
sich ein kleiner, idyllischer Park, den ich sehr mochte und den ich für unser
Rendezvous aussuchte. Unsere Stiefel schritten im gemeinsamen Rhythmus leise
durch den weichen Schnee und bald bedeckten uns große, schwere Schneeflocken.
Die Luft war frisch und gar nicht so kalt, wie ich es erwartete. Oder lag es
daran, dass mich seine Nähe wärmte?
Entspannt
schwatzten wir den ganzen Weg.
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