Bittersweet Moon
ganz vertraut wären... Es schneite und schneite
während wir auf der Bank saßen und ich über mein Leben sprach. Ich erzählte ihm
von meiner Heimat, von meiner Kindheit in einem kleinen Dorf, von meiner Liebe
zur Musik, ich verriet ihm meine Lieblingsfilme und Bücher, ich erzählte von
all jenen kleinen Dingen, die mein Leben ausfüllten und die mir wichtig waren.
Auch meine Leidenschaft für ihn und seine Band erwähnte ich, aber nur
angedeutet und kurz, er sollte nicht erfahren, wie verrückt ich nach ihm war.
Seitdem ich anfing, ihn als Privatperson kennenzulernen und nicht nur als Robin
S., schämte ich mich regelrecht, dass ich in ihm so viele Jahre vor allem das
Sex-Idol gesehen habe. Nach einer Weile hörte ich auf. "Ich denke, dass
müsste dir jetzt reichen, oder?" Trotz des berauschenden Glücksgefühls in
mir, das mich immer stärker durchdrang, war es mir fast unangenehm, so
ausführlich über mich zu erzählen.
"Es
ist fairer so. Du weißt so viel über mein Leben und ich wusste vorher gar
nichts über dich. Jetzt habe ich schon eine bessere Vorstellung darüber, wer du
bist", lächelte Robin und schaute mir in die Augen, so dass meine Knie
wieder mal ganz weich wurden. Die Kirchenuhr schlug zweimal. Es hörte sich wie
ein Zeichen des Schicksals an, oder wie eine Ermahnung und ich erzitterte.
Robin übersah das nicht und fragte mich fürsorglich: "Ist dir kalt? Wollen
wir lieber gehen?"
"Es
wäre besser, wegen meiner Stimme", sagte ich ungern und bedauerte, dass er
mich aus seiner Umarmung losließ. Wir saßen schon ziemlich lange im Schnee und
keiner von uns durfte sich erkälten. Belustigt lachten wir darüber, wie wir
Sänger immer auf der Hut sein müssen um unsere Stimmen nicht zu gefährden. Wie
gerne ich mit ihm lachte! Obwohl es Nacht war, funkelten Robins Augen noch
heller, wenn er beim Lachen den Kopf zurückwarf und dabei seine weißen Zähne
zeigte. Er zog mich immer mehr in seinen Bann und ich ließ es mit einer befreienden
Leichtsinnigkeit, die mich in meiner kopflosen Abenteuerlust irre beschwingte
und mich fast übermutig machte, zu.
"Dann
gehen wir weiter", entschied Robin, der bestimmt bemerkte, wie ich ihn
regelrecht anstarrte, unfähig meinen Blick von ihm abzuwenden. Wir standen auf
und er sprang von der Bank. Er hob mich wie selbstverständlich hoch und setzte
mich langsam auf dem weichen Boden ab. Schon wieder kamen wir uns gefährlich
nah und ich sah das Glänzen in seinen Augen. Aber auch diesmal unterbrach er
die prickelnde Situation und fing an, sich den Schnee vom Mantel abzuklopfen.
Ich
folgte seinem Beispiel und wir lachten unbeschwert weiter, als wir uns
gegenseitig verspielt dicke, nasse Schneeschichten von den Schultern
entfernten. Robin rieb kurz meine kalten Hände zwischen seinen und seine vollen
Lippen hauchten flüchtig einen warmen Kuss auf meine Finger. Für einen
Augenblick vergaß ich fast zu atmen... Robin lächelte nur und griff fest nach
meiner Hand. "Komm, so wird uns gleich wärmer!" Er rannte los und zog
mich dabei an der Hand, so dass wir zusammen durch den Park liefen.
"Nicht
so schnell", rief ich nach einer Weile außer Atem und blieb stehen.
"Es
ist schon spät, obwohl ich immer noch nicht müde bin. Ich muss aber morgen fit
für das Konzert sein, ich darf die Fans nicht enttäuschen. Es wäre besser, wir
kehren zurück, was meinst du?", fragte Robin vorsichtig ohne meine Hand
loszulassen.
"Du
hast Recht, es ist spät und wir sollten jetzt lieber gehen", stimmte ich
ihm leicht wehmütig zu. So gerne würde ich noch länger in seiner Nähe bleiben,
trotz der gnadenlosen Kälte. Hand in Hand schritten wir langsam durch den Park,
zurück zum Hotel. Robins Hand fühlte sich angenehm warm an, meine aber fror
noch immer. Ich wünschte, er könnte sie bis in alle Ewigkeit festhalten und sie
nie mehr loslassen.
"Che
gelida manina, la la la la la la la", begann Robin plötzlich, und wie
einem spontanen Impuls folgend, den Anfang von Rodolfos Arie zu singen und
versuchte dabei opernhaft zu klingen. Wir blieben unter einer mächtigen Eiche
stehen, die ihre schneebeladenen Äste schützend über uns streckte und ich hörte
ihm überrascht zu. "Wow, ich wusste immer schon, dass du ein Tenor bist!
Du könntest dem Pavarotti Konkurrenz machen, da bin ich mir sicher", lobte
ich ihn begeistert und hüpfte vor Kälte, die bis in meine Stiefel vorgedrungen
war. Aber ich meinte es ernst, trotz des übertriebenen Vergleichs mit
Pavarotti. Robins Stimme klang
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