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Bitterzart

Bitterzart

Titel: Bitterzart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
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Stück!«, rief der Bandleader. »Alle auf die Tanzfläche!«
    Auf der anderen Seite entdeckte ich Scarlet und Gable. Ich beschloss, mich öffentlich wieder mit Scarlet zu versöhnen. Vor Gable, sollte das heißen. »Du bist meine beste Freundin«, sagte ich zu Scarlet, als ich vor ihr stand, »aber ich bestimme nicht über dein Leben. Und wenn du mit diesem Trottel zum Ball gehen willst, ist das deine Sache.«
    Scarlet grinste mich an. »Klar, Anya. Danke. Das bedeutet mir viel.«
    »He!«, sagte Gable zu ihr. »Willst du ihr nicht sagen, dass ich kein Trottel bin?«
    Scarlet schüttelte den Kopf. »Manchmal bist du ja einer, Gable.«
    Ich ging zurück zu Win. »Komm, wir hauen ab«, sagte ich zu ihm.
    Arm in Arm verließen wir den Ball. Auf uns wartete kein Wagen, wir wollten wie immer den Bus nehmen.
    »Eine schöne Nacht«, sagte Win. »Man spürt, dass der Sommer vor der Tür steht.«
    Da hörte ich den Schuss.
    Ich griff zu Daddys Pistole in meiner Tasche.
    Noch ein Schuss.
    Win brach neben mir zusammen.
    »O Gott, Win!«
    Ich zog die Waffe aus der Handtasche, spannte, zielte und drückte ab.
    Der Schütze war ungefähr fünf Meter entfernt. Es war zwar dunkel, aber ich konnte gut schießen. Dafür hatte mein Vater gesorgt. Ich versuchte nur, mein Gegenüber kampfunfähig zu machen, nicht zu töten. Eine Kugel landete in seiner Schulter, die zweite in der Kniescheibe.
    Ich stürzte mich auf den Fremden, um seine Waffe wegzukicken, dann lief ich zu Win zurück. Unsere Klassenkameraden sammelten sich um ihn. »Jemand muss 911 anrufen. Auf Win Delacroix wurde geschossen.« Meine Stimme war ruhig, obwohl ich alles andere als gelassen war.
    Ich kniete mich neben ihn. Vor Schmerz war er ohnmächtig geworden. Oder er hatte sich beim Fallen am Kopf gestoßen. Ich sah nur eine Wunde an seinem Oberschenkel. Sie blutete stark, deshalb zog ich mir die Stola von den Schultern und band ihm damit das Bein ab.
    Ich lief zurück zu dem Schützen, der auf dem Asphalt lag. Er trug eine Skimaske. Ich riss sie ihm vom Kopf: Es war Jacks. »Bitte erschieß mich nicht! Ich wollte Leo nicht umbringen, Annie. Ehrlich nicht! Ich wollte ihn nur verletzen, um ihn zu Yuri und Mickey zu bringen.«
    »Damit sie meinen Bruder töten können und du der große Held bist, was? Du Hohlkopf, das war gar nicht Leo! Leo ist überhaupt nicht hier. Das war mein Freund Win.«
    »Das tut mir leid, Annie. War echt ein Versehen, ehrlich«, sagte Jacks.
    »Nichts ist ehrlich, was du tust, Jacks.« Ich fragte mich, woher er wusste, dass Leo in der Schule war. Hatte er das erraten? Oder hatte Leo irgendwie Kontakt zu ihm aufgenommen? Oder war eine andere Person der Informant gewesen? Die Einzigen, die unseren Plan kannten, waren Yuji Ono und Scarlet, und ich bezweifelte stark, dass einer von beiden bei Jacks geplaudert hatte. Doch jetzt konnte ich mir nicht darüber den Kopf zerbrechen. Jacks konnte ich auch nicht fragen, denn wenn ich das tat, könnte ich genauso gut zugeben, dass es uns gelungen war, Leo heute Abend außer Landes zu schmuggeln. »Du weißt doch, wer der Vater meines Freundes ist, oder?«, fragte ich Jacks.
    »Der stellvertretende Staatsanwalt«, sagte Jacks, während ihm langsam dämmerte, auf wen er versehentlich geschossen hatte.
    »Viel Glück, Cousin! Unser aller Leben wird die Hölle werden«, sagte ich.
    Ein Polizeiwagen fuhr vor. »Was ist hier los?«, wollte ein Beamter wissen.
    »Diese Mann hier, Jakov ›Jacks‹ Piroschki, hat auf meinen Freund geschossen«, erklärte ich. Der Bulle legte Jacks Handschellen an. Er zuckte zusammen, als an seinem Arm gerissen wurde.
    »Und, wer hat auf ihn geschossen?« Der Polizist wies auf Jacks.
    »Ich«, sagte ich, woraufhin ich ebenfalls Handschellen angelegt bekam.
    Dann tauchte ein Krankenwagen auf, der Win in die Klinik brachte. Ich wollte ihn unbedingt begleiten, konnte aber natürlich nicht. Deshalb rief ich Scarlet zu, sie solle an meiner Stelle mitfahren, was sie auch tat.
    Dann kam noch ein Krankenwagen und nahm Jacks mit.
    Schließlich fuhr ein zweiter Polizeiwagen vor, und der war für mich.

XIX.
    Ich mache einen fairen Tausch
    Vier Stunden lang wurde ich auf dem Polizeirevier verhört, doch ich verriet nichts über Leo. Die Polizei wusste lediglich, dass ein rangniedriger Mafioso auf meinen Freund geschossen und ich mich zur Selbstverteidigung gewehrt hatte. Was man mir anhängen konnte, war relativ unbedeutend: verdecktes Mitführen einer Waffe, deren Genehmigung abgelaufen war.

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