Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitterzart

Bitterzart

Titel: Bitterzart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabrielle Zevin
Vom Netzwerk:
Leo«, erwiderte ich und ignorierte Nanas Rat dabei ein wenig. »Aber wenn die Klinik neu eröffnet, solltest du dahin zurückkehren. Die brauchen dich. Und …«
    Mit dem Teller in der Hand schlang Leo die Arme um mich, einige Makkaroni rutschten zu Boden.
    »Und wenn du dich mit irgendwem im Pool unwohl fühlst, solltest du aufhören.«
    »Das verspreche ich«, sagte er. Er stellte den Teller auf den Boden, hob mich hoch und wirbelte mich herum, so wie es früher unser Vater immer getan hatte.
    »Leo! Lass mich runter!« Ich lachte, und er drehte mich noch etwas länger im Kreis.
    »Komm, wir gehen heute Abend aus! Du, Natty und ich«, schlug er vor. »Du hast morgen keine Schule, und ich hab Gutscheine, wir können uns Eis holen.«
    Ich erzählte ihm, dass ich gerne mitgehen würde, aber schon mit Scarlet verabredet sei.
    »Ich mag Scarlet«, sagte Leo. »Sie kann mitkommen.«
    »Wir haben was anderes vor, Leo. Wir gehen ins Little Egypt.«
    »Ich mag das Little Egypt«, beharrte er.
    »Nein, magst du nicht. Du warst nur einmal da und meintest, es wäre dir zu laut. Du hattest Kopfschmerzen und musstest nach fünf Minuten gehen.« Das stimmte – durch seine Kopfverletzung war Leo ziemlich lärmempfindlich geworden.
    »Das ist doch schon ewig her«, setzte er nach. »Jetzt geht das besser.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Leo. Nicht heute Abend. Da geh ich mit Scarlet allein.«
    »Du willst nie mit mir zusammen ausgehen! Ich …« Herrje, Leo traten schon wieder die Tränen in die Augen. Er drehte sich zum Fenster um. »Du schämst dich für mich.«
    »Nein, Leo. Daran liegt es nicht.« Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, aber er schüttelte sie ab. Vielleicht hatte er recht. Vielleicht lag es auch ein wenig daran. Aber nur ein ganz klein wenig. In erster Linie bezweifelte ich nur, dass ich in einem überfüllten Nachtclub gleichzeitig auf meinen Bruder aufpassen und Scarlet und Win zusammenbringen konnte. »Scarlet hat es auf einen Jungen abgesehen, und du solltest nicht böse auf mich sein, weil ich eigentlich gar keine Lust habe, in den blöden Laden zu gehen«, erklärte ich.
    Leo schwieg.
    »Du machst mich echt fertig. Du kannst mir glauben, dass ich den Abend viel lieber mit Natty und dir verbringen würde.« Das war nicht gelogen. »Können wir das bitte verschieben?«
    Leo drehte sich um und sah mich mit leeren Augen an wie einer seiner Stofftierlöwen. »Klar, Annie«, sagte er. »Ein andermal.«

IV.
    Ich gehe ins Little Egypt
    Als ich vor dem Spiegel stand, um mich fürs Ausgehen fertigzumachen, kehrten meine Gedanken zu Leo zurück. Ich überlegte, ob ich es klüger hätte anstellen können. Dann nahm ich die Pinzette und zupfte ein verirrtes Haar aus meiner Augenbraue.
    Es klingelte. Natty rief: »Ich gehe schon!«
    »Danke! Das ist nur Scarlet!« Wir hatten verabredet, dass sie eine halbe Stunde vor Win kommen würde, damit wir, keine Ahnung, eine Strategie entwerfen konnten oder so. »Sag ihr, sie soll ins Badezimmer kommen. Ich zupfe mir gerade die Augenbrauen.«
    »Zupf nicht zu viel, Annie«, mahnte Natty. »Du zupfst immer zu viel weg.«
    Ich hörte, wie sie durch den Flur zur Tür lief. »Annie sagt, du sollst ins Badezimmer kommen«, richtete Natty aus, als sie die Wohnungstür öffnete. »Oh, du bist ja gar nicht Scarlet.«
    Eine Männerstimme lachte. »Soll ich trotzdem ins Badezimmer gehen?«, fragte Win.
    Ich zog den Bademantel enger um mich und ging nach vorne, wo die flirtende Natty bereits Wins Mütze in Beschlag genommen hatte. »Du bist zu früh dran«, warf ich ihm vor.
    »Tolles Haus«, sagte er beiläufig, als hätte er nicht bemerkt, dass ich verärgert war. »Die Marmortreppe unten im Empfang, die Wasserspeier draußen. Ein bisschen unheimlich, aber ganz was Besonderes.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Aber du solltest erst um acht Uhr hier sein.«
    »Ich muss mich mit der Zeit vertan haben. Bitte tausendmal um Entschuldigung.« Er deutete eine Verbeugung an.
    Es gefiel mir nicht, wenn Pläne umgeworfen wurden. »Also, ich bin noch nicht fertig, was soll ich jetzt mit dir machen?«
    »Ich kümmer mich um ihn«, erbot sich Natty. Ich schaute meine Schwester an. Wins Mütze sah bei ihr irgendwie niedlich aus. Sie war aus einem dunkleren, robusteren Stoff als die, die er in der Schule trug. Abgesehen davon, hatte er noch dieselben Sachen an wie am Vormittag – nämlich seine Schuluniform –, nur die Hemdsärmel hatte er aufgekrempelt.
    »Andere Mütze«, bemerkte

Weitere Kostenlose Bücher