Bizarre Beziehungen - V 1.0
milchweiße Haut bot das Bild kalter, wenn auch üppiger Anmut.
Und vor Clives Augen wandelte sich das Bild zu dem seines Vaters, Baron Tewkesbury. Aber es war der Baron, wie ihn Clive gekannt hatte - ein grimmiger und schrecklicher Tyrann in mittleren Jahren, nicht die bedauernswerte Hülle eines Mannes, die Clive zuletzt in der Bibliothek auf ihren Besitztümern in Devonshire erblickt hatte.
Clive fuhr zurück.
Der Baron hob eine Faust und schalt ihn mit schriller Stimme des Verrats am Hause Folliot.
Und dann waberte er erneut und schmolz dahin und formte sich zum Bild einer großen, haarigen Spinne. »Shriek!« Einen Augenblick lang war Clive von dem Verlangen erfüllt, mit der fremdartigen Arachnida wieder vereinigt zu sein, die ihm bei so vielen Abenteuern im Dungeon als Gefährtin beigestanden hatte. Aber er hatte Shriek zusammen mit Finnbogg auf dem Planeten Djajj zurückgelassen. Könnte dies das Fremdwesen sein?
Doch dann änderte sich die spinnenhafte Shriek erneut und wurde das namenlose Ungeheuer, das von dem verfluchten Experimentator Frankenstein erschaffen worden war und das Clive zuletzt erblickt hatte, als es einen Wagen des Raum-Zugs in der Nähe der polaren Eiskappe der Erde bestieg.
»Genug!« rief Clive aus. »Hör auf damit! Nimm deine wahre Gestalt an!«
Das Ungeheuer schüttelte die Faust in seine Richtung und ließ sie dann langsam herabsinken. Es waberte noch mehrmals, zeigte Bilder von Annabelle, wurde erneut zum Tentakelungeheuer, dann zu Clives Bruder Neville - oder vielleicht auch Clive selbst -, ehe es in die Skarabäus-Gottesanbeterin-Gestalt zurückfiel, seine wahre Gestalt.
»Ein liebenswürdiges Wesen, nicht wahr, Clive Folliot?« Sidi Bombay stand neben Clive Folliot und lächelte ihn an. Er hob den hölzernen Käfig mit einer dunkelhäutigen Hand und hielt ihn sich nah ans Gesicht, wobei er das Wesen darin freundlich anlächelte.
Das Wesen gestikulierte hilflos - einmal, noch einmal - und brach dann auf dem hölzernen Boden des Käfigs zusammen.
»Ist das der wahre Chaffri?« fragte Clive.
»So ist es, Clive Folliot. Wenn wir uns von ihm zum Narren halten lassen, ist er ein schrecklicher Feind. Wenn wir durch die Trugbilder hindurchsehen, bemerken wir, daß er all seine Macht über uns aus den Nischen unseres Bewußtseins zieht - ein bemitleidenswertes hilfloses Insekt.«
Er stellte den Käfig zu Boden.
»Aber Sidi Bombay... als ich diesen Raum betrat, sah ich eines der Tentakelungeheuer, von denen wir wissen, daß es die Ren sind. Und es hat sich in dich verwandelt! Bist du ein Ren? Wurdest du verwandelt?«
»Nein, Clive Folliot!« Sidi Bombay schüttelte den Kopf. »Ich bin nichts anderes als ein Mensch, und ich war auch nie etwas anderes als ein Mensch. Ich vermute lediglich, daß der Chaffri« - er nickte in Richtung auf das Insekt im Käfig - »dieses Bild aus deinem Bewußtsein gepflückt hat. Statt die Illusion zu erzeugen, daß er selbst ein Ren ist, narrte er dich und ließ dich glauben, daß ich ein Ren sei.«
Clive sprang auf. »Sergeant Smythe!«
Sidi Bombay sah ihn fragend an.
»Er befindet sich auf der anderen Seite des Flurs. Er betrat einen anderen Raum, Sidi Bombay. Smythe und ich suchten dich. Wir befürchteten, daß du von einem dieser Ungeheuer hereingelegt worden seist.«
»Kaum.« Sidi Bombay lächelte.
»Aber wir müssen nachsehen, was Sergeant Smythe zugestoßen ist.«
Mit Sidi Bombay im Kielwasser, der nur kurz anhielt, um den hölzernen Käfig aufzuheben, worin sich der jetzt offenbar hilflose Chaffri befand, eilte Clive aus dem Raum, durchquerte eilig den Flur und stieß die Tür auf der anderen Seite auf.
Quartiermeister Sergeant Horace Hamilton Smythe lag auf dem Rücken. Seine Augen waren geschlossen, und Blut tropfte ihm aus dem Mundwinkel.
Clive schob ihm die Lider zurück. Der Mann wimmerte und stieß um sich. Clive half ihm beim Aufstehen.
»Was ist geschehen, Sergeant?«
»Oh ... ooh.« Smythe versuchte zu sprechen.
Sidi Bombay setzte den hölzernen Käfig zu Boden und faßte Horace Hamilton Smythe bei der Hand. Die andere Hand legte er dem Sergeanten sanft auf die Stirn. Der Inder stieß leise ein paar Worte aus. Clive verstand sie nicht. Sidi Bombay ließ Smythes Hand und Stirn los.
Smythe blinzelte und sah Clive Folliot und Sidi Bombay an. Er litt noch immer sichtlich unter den Folgen des Schocks, aber seine Augen waren klar, und er benahm sich völlig normal.
»Jemand hat mich offenbar niedergeschlagen«, sagte er
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