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Black Bottom

Black Bottom

Titel: Black Bottom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Keune
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folgte. Im Hof stand eine Gruppe uniformierter Schutzpolizisten um ein blechernes Ungetüm auf Rädern, das offenbar eben erst geliefert worden war; die Spätnachmittagsonne spiegelte sich in akkurater dunkelblauer Lackierung und blitzenden Metallteilen. Die Mitte des Fahrzeuges wurde von einem riesigen Stahlballon ausgefüllt; ein massiger Zylinder, der sicher fünfzehn Kubikmeter Wasser fassen konnte und dem schwerfälligen Vehikel ein Gewicht geben würde, dass selbst der starke Lastkraftwagenmotor, der hier verbaut worden war, nur mit äußerster Anstrengung ziehen konnte.
    Â»Ist Badetag bei der Berliner Polizei?«, fragte Sándor sarkastisch, und vielleicht zum ersten Mal seit ihrem Kennenlernen grinsten beide Kommissare einvernehmlich über denselben blöden Witz. »Ja«, antwortete Belfort schließlich, »da geht der gesunde Menschenverstand baden, und auf dem Badewasser schwimmt der schöne Schaum der Demokratie.«
    Sándor Lehmann runzelte die Stirn; er verstand die Pointe nicht ganz, und dem anderen schien der eben gelieferte erste deutsche Wasserwerfer ein weiterer Beweis verfehlter Innenpolitik zu sein.
    Innenpolitik in Deutschland 1930, das wurde immer mehr vor allem eine Frage der richtigen Bewaffnung. Letztes Jahr im Mai hatten sie alle gesehen, was falsche Bewaffnung ausrichten und anrichten konnte; und der Wasserwerfer, der unten im Hof stand, war ein direktes Ergebnis dessen, was die Kommunisten »Blutmai« nannten. In den Wochen vor der traditionellen Maidemonstration der Arbeiter war die Stimmung gefährlich hochgekocht. So verzweifelt, wie die Lage war, stand der wackeligen Weimarer Republik eine gewaltige Auseinandersetzung bevor, Straßenkämpfe womöglich – eine Krise mit revolutionärer Sprengkraft. Die KPD hatte bei den zurückliegenden Betriebsratswahlen die Arbeiterschaft in sensationellen Mengen hinter sich gebracht; dass für die seit Jahren stattfindende, mit hohem Symbolwert behaftete Maidemonstration nun keine Ausnahme des seit Ende 1928 bestehenden Demonstrationsverbots gemacht wurde, erboste die Kommunisten bis aufs Blut. Vor allem deshalb, weil die Weigerung vom Polizeipräsidenten Zörgiebel ausgesprochen worden war, einem Sozialdemokraten, der seine Partei und die Gewerkschaften hinter sich wusste. Dass die verhassten sozialdemokratischen Konkurrenten ihnen die Demonstration verboten, war für die KPD nicht hinzunehmen – und andererseits hätte jedes Nachgeben der Polizeiführung einen Gesichtsverlust für die SPD dargestellt. So waren die Fronten verhärtet. Die SPD-nahe Presse warf den Kommunisten vor, Menschenleben zu riskieren – und die KPD ihrerseits prophezeite, dass Sozialisten auf Kommunisten schießen lassen würden.
    Am 1. Mai 1929 hatte die Stadt einem Heerlager geglichen; in allen Seitenstraßen standen Polizeieinheiten, Maschinengewehre und kleine Feldgeschütze waren aufgefahren worden, um jede aufkeimende Demonstration sofort zu verhindern. Gennat hatte protestiert, aber auch er musste mit seinen Leuten ausrücken, um bei etwaigen Festnahmen die erkennungsdienstliche Arbeit zu machen.
    Die Menschenmassen im Wedding und in Neukölln waren unübersehbar groß gewesen. Über 100.000 Arbeiter waren auf die Straße gegangen, doch die Polizei – die sofort an allen Enden eingriff – hatte sich nicht lange mit ihren Holzknüppeln aufgehalten, und die Feuerwehrspritzen nutzten nur da, wo es Hydranten in der Nähe gab. Irgendein überforderter Schutzpolizist hatte einen Neugierigen erschossen, der sein Fenster in der Weddinger Kösliner Straße nicht schließen wollte – das hatte dem Aufruhr Zunder gegeben. Die Polizeiführung hatte es mit der Angst zu tun bekommen und die gepanzerten Wagen auffahren lassen mit den Maschinengewehren hinter zentimeterdickem Blech. Und die militärisch geschulten, rechtsorientierten Kräfte in der Polizei hatten die Gelegenheit ergriffen, Tabula rasa zu machen und den Kommunisten Zunder zu geben, wo die Sozialdemokraten schon mal den Schwarzen Peter hatten. Ein revolutionärer Flächenbrand hatte den ganzen Berliner Norden ergriffen; im Wedding hatten die Barrikaden zwischen Wiesen- und Weddingstraße gebrannt, während mit polizeilichen MG-Salven jedes Stückchen roter Stoff beschossen wurde, das irgendwo an einem Wohnhaus aus einem Küchenfenster hing. Am Ende wehte über Berlins Norden

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