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Black Box: Thriller (German Edition)

Black Box: Thriller (German Edition)

Titel: Black Box: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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mir dienen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Na ja, ich war damals gerade aus Vietnam zurück, und Leute wie ich – ehemalige Kriegsteilnehmer – waren zu Hause nicht wirklich gut gelitten. Vor allem nicht unter Gleichaltrigen.«
    Bosch blickte auf, um zu sehen, ob endlich ihr Essen kam. Jetzt war er derjenige, der ungeduldig wurde, weil es so lange dauerte. Er sah wieder seine Tochter an.
    »Ich weiß noch, dass ich zurückkam und nicht wusste, was ich tun sollte. Deshalb bin ich wieder aufs L.A. City College drüben in Vermont gegangen. Dort habe ich ein Mädchen kennengelernt und wir haben uns ein bisschen angefreundet, aber ich habe ihr nicht erzählt, was ich davor gemacht habe – du weißt schon, dass ich in Vietnam war. Mir war nämlich klar, dass das vielleicht nicht gut bei ihr ankommen würde.«
    »Hat sie denn dein Tattoo nicht gesehen?«
    Die Tunnelratte auf seiner Schulter hätte ihn sofort verraten.
    »Nein, so nah waren wir uns nicht gekommen. Ich habe in ihrer Gegenwart nie mein Hemd ausgezogen. Aber dann sind wir nach dem Unterricht mal in die Mensa gegangen, und sie hat mich mehr oder weniger aus heiterem Himmel gefragt, warum ich so still wäre … na ja, und ich weiß auch nicht, jedenfalls fand ich, das wäre der passende Einstieg, um endlich die Katze aus dem Sack zu lassen. Ich dachte, es wäre okay für sie.«
    »War es aber nicht.«
    »Nein, ganz und gar nicht. Ich habe irgendwas gesagt wie: ›Ich war die letzten Jahre beim Militär‹, und darauf wollte sie sofort wissen, ob das hieße, dass ich in Vietnam gewesen war, und ich habe es ihr gesagt … ich habe gesagt, ja.«
    »Und was hat sie darauf gesagt?«
    »Gar nichts hat sie gesagt. Sie hat nur so eine Pirouette gemacht, wie eine Balletttänzerin, und ist weggegangen. Ohne ein Wort zu sagen.«
    »Krass! Ganz schön fies!«
    »Das war, als mir endgültig klar wurde, wohin ich zurückgekommen war.«
    »Und was war, als du sie am nächsten Tag im College wieder getroffen hast? Hast du irgendwas zu ihr gesagt?«
    »Nein, weil ich nicht mehr hingegangen bin. Ich bin nie mehr in dieses College gegangen, weil ich wusste, dass mich genau das dort erwartet. Deshalb hat dieses Erlebnis entscheidend dazu beigetragen, dass ich eine Woche später zur Polizei gegangen bin. Dort waren jede Menge ehemaliger Soldaten, und viele von ihnen waren in Südostasien gewesen. Ich wusste, dass es dort Leute wie mich gab und dass ich akzeptiert werden würde. Es war wie bei einem Häftling, der erst mal in ein Rehabilitationszentrum geht, wenn er aus dem Gefängnis entlassen wird. Ich habe nicht mehr dazugehört, aber dort war ich mit Leuten zusammen, die waren wie ich.«
    Seine Tochter schien vergessen zu haben, dass sie eine Stewardess erschossen hatte.
    Das freute Bosch. Nicht so froh war er allerdings, seine Erinnerungen hervorzukramen.
    Plötzlich lächelte er.
    »Was ist?«, fragte Maddie.
    »Ach, nichts. Ich bin nur über eine andere Erinnerung von damals gestolpert. Ziemlich verrückte Geschichte.«
    »Erzähl. Gerade hast du eine supertraurige Geschichte erzählt. Jetzt erzähl mir die verrückte.«
    Er wartete, bis die Bedienung ihr Essen auf den Tisch gestellt hatte. Sie hatte schon im Academy Grill gearbeitet, als Bosch vor beinahe vierzig Jahren noch Kadett gewesen war.
    »Danke, Margie«, sagte er.
    »Gern doch, Harry.«
    Madeline machte Ketchup auf ihren Bratton Burger, und sie aßen erst ein paar Bissen, bevor Bosch mit seiner Geschichte begann.
    »Also, als ich mit der Akademie fertig war und meine Dienstmarke bekam und mit dem Streifendienst anfing, war eigentlich wieder alles wie gehabt. Du weißt schon, die Gegenkultur, die Proteste gegen den Krieg, dieser ganze Irrsinn.«
    Er deutete auf die gerahmte Zeitungsseite an der Wand.
    »Von vielen Leuten wurde die Polizei bestenfalls ein bisschen weniger schlimm angesehen als die Babykiller, die aus Vietnam zurückgekehrt sind. Weißt du, was ich meine?«
    »Ich glaube schon.«
    »Mein erster Job als Blankärmel war also, Streife zu gehen …«
    »Was ist das, ein ›Blankärmel‹?«
    »Ein Neuer, ein Berufsanfänger. Jemand, der noch keine Streifen am Ärmel hat.«
    »Okay.«
    »Zunächst bin ich nach der Akademie auf dem Hollywood Boulevard Streife gegangen. Und das war damals eine richtig üble Gegend. Total heruntergekommen.«
    »Teilweise herrschen dort ja immer noch ganz schöne Zustände.«
    »Allerdings. Jedenfalls, ich wurde einem Partner zugeteilt, einem alten Typen, er hieß

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