Black Box: Thriller (German Edition)
sofort stiegen auf beiden Seiten des Autos vor ihnen zwei junge Männer aus. Beide begannen, die Polizisten lauthals zu beschimpfen.
»Was soll der Scheiß, Mann?«, schrie der Fahrer.
»Wir haben nichts gemacht«, fiel der Beifahrer mit ein. »Das ist doch wieder mal reine Schikane!«
Danach eskalierte die Situation. Bosch forderte die Männer laut auf, sich umzudrehen und ihre Hände auf das Autodach zu legen. Aber die zwei Männer kamen der Aufforderung nicht nach. Bosch registrierte Tattoos, tiefsitzende Hosen und verkehrt herum getragene Baseballkappen. Er sagte, sie sollten sich erst mal abregen. Das taten sie aber nicht, und dann schaltete sich Boschs Tochter ein.
»Ruhe jetzt! Legen Sie die Hände aufs Auto. Versuchen Sie nicht …«
Die zwei Männer fassten gleichzeitig an ihren Hosenbund. Auch Bosch zog seine Pistole, und sobald er die Waffenhand des Fahrers hochschnellen sah, eröffnete er das Feuer. Er hörte auch seine Tochter rechts neben ihm schießen.
Beide Männer auf dem Bildschirm sanken zu Boden.
Die Lichter gingen an.
»So«, sagte Holodnak, der hinter ihnen saß. »Was haben wir gesehen?«
»Sie hatten Schusswaffen«, sagte Maddie.
»Bist du sicher?«, fragte Holodnak.
»Meiner hatte eine. Ich habe sie deutlich gesehen.«
»Harry, und du? Was hast du gesehen?«
»Ich habe ebenfalls eine Schusswaffe gesehen«, sagte Bosch.
Er schaute zu seiner Tochter hinüber und nickte.
»Okay«, sagte Holodnak. »Sehen wir es uns noch mal an.«
Er spielte die Szene in Zeitlupe ab. Beide Männer hatten eindeutig nach ihren Pistolen gegriffen, um das Feuer zu eröffnen, aber Bosch und seine Tochter hatten schneller reagiert. Treffer waren auf dem Bildschirm mit roten Kreuzen markiert, Fehlschüsse mit schwarzen. Maddie hatte den Beifahrer dreimal am Oberkörper getroffen und kein einziges Mal verfehlt. Bosch hatte den Fahrer zweimal in die Brust geschossen, der dritte Schuss war hoch über den Mann hinweg gegangen, weil er bereits rücklings zu Boden fiel.
Holodnak sagte, sie hätten beide gut reagiert.
»Denkt dran, wir sind immer im Nachteil«, fügte er hinzu. »Es dauert eineinhalb Sekunden, um die Waffe zu erkennen, und weitere eineinhalb Sekunden, um eine Entscheidung zu treffen und zu schießen. Drei Sekunden. Das ist der Vorsprung, den ein potenzieller Schütze hat. Das ist, was wir wettmachen müssen. Drei Sekunden sind zu lang. In drei Sekunden kann man sterben.«
Als Nächstes wurden sie zu einem Bankraub gerufen. Wie in der ersten Szene eröffneten sie beide das Feuer und schossen einen Mann nieder, der durch die Glastür der Bank kam und auf die Polizisten zielte.
Danach wurden die Situationen schwieriger. Sie klingelten an einer Wohnungstür, und der Mann, der ihnen öffnete, gestikulierte wütend mit einem schwarzen Handy in seiner Hand. Dann kam es zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt, bei dem sich die streitenden Eheleute gegen die einschreitenden Polizisten verbündeten.
Holodnak bestätigte ihnen, dass es in beiden Situationen richtig gewesen war, nicht von der Waffe Gebrauch zu machen. Danach ließ er Madeline mehrere Solo-Situationen durchspielen, bei denen sie ohne einen Partner in eine Konfliktsituation geriet.
Bei der ersten Übung traf sie auf einen geistesgestörten Mann mit einem Messer und überredete ihn, die Waffe fallen zu lassen. Bei der zweiten handelte es sich wieder um einen häuslichen Streit, aber diesmal fuchtelte der Mann drei Meter von ihr entfernt mit einem Messer herum, worauf sie völlig zu Recht das Feuer eröffnete.
»Um drei Meter zu überbrücken, sind zwei Schritte nötig«, sagte Holodnak. »Hättest du abgewartet, ob er das versucht, hätte er dich in dem Moment erreicht, in dem du abgedrückt hättest. Es wäre ein Unentschieden gewesen. Wer verliert bei einem Unentschieden?«
»Ich«, antwortete Madeline.
»Ganz genau. Du hast richtig reagiert.«
Als Nächstes kam eine Situation, in der sie ein Schulgebäude betrat, in dem angeblich Schüsse gefallen waren. Sie ging einen menschenleeren Flur hinunter und hörte ein Stockwerk höher Kinder schreien. Als sie sich umdrehte, sah sie vor der Tür eines Klassenzimmers einen Mann stehen und eine Pistole auf eine auf dem Boden kauernde Frau richten, die schützend die Arme um den Kopf geschlungen hatte.
»Bitte nicht«, flehte die Frau.
Der Schütze hatte Madeline den Rücken zugekehrt. Sie schoss sofort und traf den Mann in Kopf und Rücken, so dass er zu Boden stürzte, bevor er die
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