Black Box: Thriller (German Edition)
Pepin, und er war mein Ausbildungsleiter. Alle nannten ihn French Dip, weil er sich auf seinem Rundgang durchs Revier jeden Tag im Dips, einem Laden nicht weit von der Ecke Hollywood und Vine, ein Eis holte. Man hätte die Uhr danach stellen können. Jeden Tag. Jedenfalls, Pepin war schon ewig bei der Polizei, und ich ging mit ihm Streife. Immer die gleiche Strecke. Von der Wache die Wilcox rauf, dann nach rechts in den Hollywood Boulevard, bis zur Bronson, dann den ganzen Weg wieder zurück bis zur La Brea und von dort zurück zur Wache. French Dip hatte eine innere Uhr, und er wusste genau, wie schnell er gehen musste, damit wir bei Dienstschluss wieder zurück auf der Wache waren.«
»Hört sich ziemlich langweilig an.«
»War es auch, außer wenn wir irgendwohin gerufen wurden. Aber auch das war nur irgendwelcher popliger Scheiß … Kram, meine ich natürlich. Ladendiebstähle, Prostitution, Drogendeals – Kleinkram eben. Wie dem auch sei, wir wurden fast jeden Tag aus vorbeifahrenden Autos blöd angemacht. Du weißt schon, als Faschisten und Schweine und was weiß ich noch alles angepöbelt. Und French Dip konnte es absolut nicht ab, wenn ihn jemand als Schwein beschimpfte. Man konnte ihn einen Faschisten oder Nazi und fast alles andere nennen, aber wenn er als Schwein beschimpft wurde, sah er rot. Wenn deshalb ein Auto vorbeifuhr und jemand darin uns ›Schwein‹ hinterherrief, machte er Folgendes: Er merkte sich Fabrikat und Modell und Kennzeichen des Autos, holte seinen Block heraus und stellte einen Strafzettel wegen Falschparkens aus. Dann riss er den Durchschlag, den er eigentlich unter den Scheibenwischer hätte klemmen müssen, heraus, zerknüllte ihn und warf ihn einfach weg.«
Bosch nahm einen Bissen von seinem gegrillten Käse mit Tomate und Zwiebel und lachte erneut.
»Das verstehe ich nicht«, sagte Maddie. »Was soll daran so witzig sein?«
»Na ja, er reichte seinen Beleg des Strafzettels ein, wovon der Wagenhalter natürlich nichts mitbekam. Der Strafzettel wurde nicht bezahlt, und auf den Fahrzeughalter wurde ein Haftbefehl ausgestellt. Wenn jetzt der Typ, der uns als Schweine beschimpft hatte, irgendwann angehalten wurde, wurde er per Haftbefehl gesucht, und French Dip war derjenige, der zuletzt gelacht hat.«
Bosch aß eine Fritte, bevor er fortfuhr.
»Als ich vorhin gelacht habe, musste ich nur an das erste Mal denken, als ich mit ihm Streife gegangen bin und er diese Nummer gebracht hat. Ich fragte ein bisschen erstaunt: ›Was machst du denn da?‹ Er erklärte es mir. Und darauf ich: ›Aber ist das nicht gegen die Vorschriften?‹ Und er nur: ›Gegen
meine
nicht!‹«
Bosch lachte wieder, aber seine Tochter schüttelte nur den Kopf. Er beließ es dabei, dass die Geschichte nur für ihn witzig war, und aß sein Sandwich zu Ende. Schließlich kam er auf das zu sprechen, was er schon das ganze Wochenende vor sich herschob.
»Ach übrigens, ich muss ein paar Tage verreisen. Morgen früh.«
»Wohin?«
»Nur ins Central Valley, nach Modesto, wegen eines Falls mit ein paar Leuten reden. Entweder komme ich Dienstagnacht schon wieder zurück, oder ich muss noch bis Mittwoch bleiben. Genauer sagen kann ich das aber erst, wenn ich vor Ort bin.«
»Okay.«
Er gab sich einen Schubs.
»Und deshalb möchte ich, dass Hannah auf dich aufpasst.«
»Dad, ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst. Ich bin sechzehn, und ich habe eine Pistole. Ich komme auch allein klar.«
»Ich weiß, aber trotzdem möchte ich, dass sie solange bei uns wohnt. Damit ich ein besseres Gefühl habe. Würdest du das mir zuliebe tun?«
Sie schüttelte den Kopf, erklärte sich aber halbherzig einverstanden.
»Na schön, meinetwegen. Aber ich …«
»Sie würde es sehr gern machen. Und sie wird dich nicht stören oder dir Vorschriften machen, wann du ins Bett musst oder sonst was. Ich habe bereits mit ihr darüber gesprochen.«
Madeline legte ihren halbgegessenen Hamburger auf eine Art nieder, die Bosch dahingehend zu deuten gelernt hatte, dass für sie das Essen beendet war.
»Wieso bleibt sie eigentlich nie bei uns, wenn du da bist?«
»Keine Ahnung. Aber darum geht es hier nicht.«
»Gestern Abend zum Beispiel. Es war doch richtig schön, und dann setzt du sie bei ihr zu Hause ab.«
»Maddie … das ist meine Sache.«
»Wenn du meinst.«
Alle derartigen Gespräche endeten unweigerlich mit »wenn du meinst«. Bosch blickte sich im Lokal um und überlegte angespannt, worüber sie sich sonst
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