Black Cats 01. Was kostet der Tod
und plötzlich kam ihm etwas eigenartig vor. »Er wusste, dass da Kameras waren«, murmelte er.
»Wie bitte?«
»Offensichtlich wusste er, dass da eine Kamera angebracht war, die den Ladebereich und den Hintereingang des Geschäfts filmt. In der Nacht, in der Amber entführt wurde, hat er sie zerschossen.«
Stacey folgte seinem Gedankengang. »Warum sollte er also sein Nebengeschäft vor laufender Kamera durchziehen?«
Gute Frage. Das ergab keinen Sinn.
Vielleicht hatte Randy gedacht, dass niemand darauf achten würde, wenn er an den Müllcontainern herumschnüffelte – vor allem, da kein Verbrechen gemeldet worden war. Aber er konnte sich denken, dass die Polizei nach dem letzten Mord das Überwachungsvideo überprüfen würde.
Das war die einzige Erklärung für Randys anfängliche Unvorsichtigkeit, die ihm einfiel. Und sie überzeugte ihn nicht zu hundert Prozent. Aber es war immerhin eine Möglichkeit. Sie wären um einiges schlauer, wenn sie ihn zur Rede stellen könnten.
»Er wohnt nur drei Kilometer von hier entfernt«, bemerkte Stacey.
Dean griff wieder nach seinem Handy. »Wir brauchen Verstärkung.« Er wählte Mulrooneys Nummer, erzählte ihm, was sie herausgefunden hatten, und gab ihm Coveys Adresse. Dann bat er ihn, zusammen mit Stokes in fünfzehn Minuten dort zu sein.
In der Zwischenzeit hatte auch Stacey telefoniert. »Mitch und zwei andere Deputys, die einen kühlen Kopf bewahren können, sind gleich unterwegs.«
Gut. Wenn Randy Covey wirklich der Sensenmann war und merkte, dass sie ihm auf der Spur waren, konnte er gnadenlos brutal werden. Da er nichts mehr zu verlieren hatte, gab es für ihn keinen Grund mehr, sich zurückzuhalten.
Einige Minuten verstrichen. Beide prüften ihre Waffen, um sicherzugehen, dass sie geladen waren. Die Spannung im Hause Rhodes war mit den Händen greifbar, aber Stacey war ruhiger und gelassener denn je zuvor. Als könne sie jetzt, da das Ende des Albtraums nahe war, aufhören, sich Sorgen zu machen, und einfach ihre Arbeit erledigen.
Als es schließlich so weit war, verließen sie das Haus und stiegen in stiller Übereinkunft in Staceys Streifenwagen. Sie erreichten die Hauptstraße und wollten gerade abbiegen, als Staceys uraltes, fiependes Funkgerät sich meldete.
»Sheriff, wenn Sie das hören, nehmen Sie bitte ab! Over.«
Stacey und Dean sahen sich an. »Mitch«, erklärte sie, bevor sie nach dem Funkgerät griff.
Mitch sagte nur ein paar Worte. Aber es waren ziemlich enttäuschende Worte. »Randy Covey ist nicht zu Hause. Over.«
Stacey fragte scharf: »Wo ist er?«
»Jemand hat vor ein paar Minuten angerufen. Einer von Randys Nachbarn hat einen Bericht im Fernsehen gesehen und wollte wissen, ob wir ihm dazu etwas sagen könnten. Gerade habe ich mit der Bundespolizei telefoniert, und die haben es bestätigt. Randy hatte kurz vor Sonnenaufgang einen schweren Autounfall, irgendwo in der Nähe von Richmond. Over.«
Vor Sonnenaufgang. Bevor der Sensenmann seine letzte Auktion abgehalten hatte?
»Er war mehrere Stunden lang im Operationssaal, aber er wird es wahrscheinlich schaffen. Over.«
Schön für Randy. Nicht so schön für ihren Fall.
Stacey war offensichtlich zu demselben Schluss gekommen. Denn als sie das Funkgerät langsam wieder am Armaturenbrett befestigte, zitterte ihre Hand. »Ich war mir so sicher … «
»Ich auch. Aber Covey ist nicht der Sensenmann.«
Mal im Ernst, er tat dem Jungen einen Gefallen.
Er beobachtete ihn, wie er bewusstlos auf einer Pritsche lag, die der Sensenmann in einem seiner geheimen Zimmer aufgestellt hatte. Und ihm kam der Gedanke, dass das, was er ihm antun würde, nur zu seinem Besten war. Sein Leben war die reinste Hölle – und seine Mutter eine Schlampe.
Eine blonde Schlampe. Eine blonde, keifende weiße Unterschichtenschlampe, die ihr Kind misshandelte.
Er hatte gehört, was sie auf dem Parkplatz zu dem kleinen Nicky gesagt hatte. Er hatte gesehen, wie sie ihn geschlagen hatte. Ja, für den Jungen war es allemal besser zu sterben, als bei dieser Frau aufzuwachsen.
Es war nicht schwer gewesen, auf die richtige Gelegenheit zu warten, während er auf der Anhöhe oberhalb des Parkplatzes, in der Nähe des Zeltplatzes der Familie, in seinem Lieferwagen saß. Solche Mütter passten nie auf ihre Kinder auf. Als der Junge sich auf den Weg durch den Wald zu den öffentlichen Toiletten gemacht hatte, war er einfach nur in einem Bogen auf die andere Seite gefahren. Dann hatte er sich vergewissert, dass
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