Black CATS - Parrish, L: Black CATS
tatsächlich an zu wüten. Auch wenn ihr jetzt gerade der Sinn danach stand – das Klopfen an der Tür war wirklich nervig.
Nach ihrer Scheidung war sie zu einer Einsiedlerin geworden – zumindest nannte ihre Mutter sie so – , und sie hatte sich angewöhnt, den gelegentlichen Vertreter oder den neugierigen Nachbarn zu ignorieren, der es wagte, die Warnung an ihrer Wohnungstür zu missachten. Aber als nun das Klopfen nicht aufhören wollte, hob sie den Blick vom Bildschirm. Leise brummte sie: »Kannst du nicht lesen ?«
Gegen Mittag hatte sie das Bitte nicht stören -Schild rausgehängt. Sie war zuversichtlich gewesen, dass sie den ganzen Nachmittag über tatsächlich würde produktiv sein können. Vielleicht würde sie sogar so kühn sein, richtige Klamotten anzuziehen.
Das war nicht geschehen. Stattdessen hatte sie den ganzen Tag im Netz rumgesurft und trug immer noch die Jogginghose, in die sie nach dem Duschen geschlüpft war. Das Internet hatte mehrere Stunden ihrer Lebenszeit geschluckt, wie so oft in letzter Zeit.
Seit dem Augenblick, in dem ein Richter mit ausdruckslosem Blick das Blatt Papier unterschrieben hatte, das die vierjährige Achterbahnfahrt ihrer Ehe für beendet erklärte, war irgendwie all ihre Unternehmungslust verpufft. Nachdem dieses Abenteuer nicht gerade glimpflich ausgegangen war, gab sie sich inzwischen vollauf damit zufrieden, zurückgezogen in ihrer Höhle zu leben und sich nicht vom Fleck zu bewegen.
Zum Glück war dieser Tag nicht völlig vertan. Sie hatte eine Inspirationsquelle für die Mittwochskolumne gefunden. Aber während ihrer Recherche hatte sie auch ein paar Blogs überflogen, ein paar Runden – na gut, zehn Runden – Spider Solitär gespielt und war hier und da über einzelne Geschichten und Details gestolpert, die ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten.
Dennoch hatte sie schließlich mit dem Beitrag losgelegt, und sie kam gut voran. Jedenfalls bis zu dem Augenblick, als jemand an der Wohnungstür aufgetaucht war. Und ihr jetzt auch noch mit seinem Rufen auf den Geist ging.
»Ma’am, bitte machen Sie auf !«
Aber sicher doch. Sie musste noch ihre wöchentliche Hitliste der Top-Ten-Spam-Mails auf den neuesten Stand bringen. Außerdem wartete auf sie die Recherchearbeit über eine neue Phishing-Taktik, die auf Facebook-Nutzer abzielte. Für einen Technik-Blog musste sie ein Interview geben. Und in ihrem Posteingang lagen ungefähr drei Dutzend unbeantwortete E-Mails. Da blieb nicht viel Zeit für einen Plausch. Geschweige denn für ein richtiges Leben.
Und dennoch hatte sie den Großteil ihres Arbeitstages im Internet verplempert.
»Dumme Nuss « , brummte sie.
»Miss Dalton? Wir müssen mit Ihnen reden « , rief die Stimme.
Wenn sie ein richtiges Büro gehabt hätte und nicht vom Wohnzimmer ihres Apartments in Baltimore aus arbeiten würde, hätte sie den Eindringling vielleicht weiterhin ignorieren können. Aber wie die Dinge lagen, gab es kein Entkommen. Also speicherte Sam ihren Text und trottete zur Tür.
Als sie durch einen Spalt in der Gardine spähte und einen Mann im Anzug entdeckte, machte sie sich darauf gefasst, dass gleich jemand versuchen würde, ihre Seele zu retten oder ihr irgendetwas Teures aufzuschwatzen. Oder beides. Sie riss die Tür auf und fauchte: »Worum geht’s ?«
Die Hand des Mannes schwebte in der Luft, als hätte er gerade noch einmal klopfen wollen. Ihr erster Gedanke war, dass er riesige Hände hatte. Kräftige Finger. Ihr zweiter Gedanke war, dass sehr viel mehr Frauen für Staubsauger und Zeitschriftenabonnements Schlange stehen würden, wenn die Hausierer heutzutage so aussahen. Wahrscheinlich würden Käuferinnen auf der ganzen Welt nach der nächsten Lieferung schreien.
Sam allerdings nicht. Sie kaufte nichts. Insbesondere nicht von Männern wie diesem.
»Entschuldigen Sie die Störung « , sagte der Mann. »Es ist wirklich wichtig .«
Er hatte ein anziehendes Gesicht – eckiges Kinn, markante Züge, lange Wimpern und hohe Wangenknochen. Anziehend genug, um bei Sam die Alarmglocken schrillen zu lassen. Sie vertraute keinem gut aussehenden Mann – nicht nach der Sache mit Samuel Dalton Jr. Ihr Exmann hatte das umwerfende Äußere eines Filmstars gehabt.
Sam und Sam. Himmel, warum hatte niemand sie an den Schultern gepackt und geschüttelt, als sie seinen Antrag angenommen hatte?
Der Mann trat einen Schritt auf sie zu, und Sam musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht zu blicken. Er war groß,
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