Black CATS - Parrish, L: Black CATS
ausgelöst hatte, als er die Beweisfälschung, die in einem Kriminallabor stattgefunden hatte, gemeldet hatte. Vor allem, weil eine der Personen, die in diesen Skandal verwickelt gewesen waren, erst kürzlich den Posten direkt unter Crandall bekommen hatte. Dazu kam, dass dieser hochrangige Agent – Jack Eddington, der jetzt in einem Bundesgefängnis versauerte – früher einmal Wyatts guter Freund und Mentor gewesen war.
So wie Lily ihre Frage formuliert hatte, wirkte es fast, als wüsste sie, dass der stellvertretende Direktor Wyatt nicht ausstehen konnte. Dass das Vorgehen dieses rachsüchtigen Mannes kaum noch auf Wyatt als Angestellten, sondern vielmehr auf seine Person abzielte. Crandalls eigenes Büro war im Rahmen der Ermittlungen wegen des Kriminallabors einer Untersuchung unterzogen worden, und das hatte Wyatt zu seinem Erzfeind gemacht. Er hätte ihn mit größtem Vergnügen gefeuert, wenn er gekonnt hätte.
Aber das war nicht möglich gewesen. Wyatt hatte zu viele einflussreiche Freunde. Sehr einflussreiche Freunde. Er wurde von einigen mächtigen Personen unterstützt und von den Medienleuten, die ihn kannten und ihn als einen der wenigen ehrlichen Menschen beim FBI ansahen, bewundert. Nein, hinauswerfen konnte Crandall Wyatt nicht.
Er konnte allerdings versuchen, Wyatt von sich aus zum Gehen zu bewegen. Und von unumwundener Kritik bis hin zur offiziellen Verwarnung hatte er alles getan, um dieses Ziel zu erreichen.
Dass Wyatt die Verwarnung wegen Lilys Tod bekommen hatte, würde er ihr niemals erzählen.
Aber woher wusste sie alles andere? Die Einzelheiten zu den verkrampften Besprechungen, den Auseinandersetzungen am Telefon, den bissigen E-Mails, die er aus dem Büro des stellvertretenden Direktors erhalten hatte, hatte er niemandem sonst anvertraut.
Wyatt war ganz allein verantwortlich für die Entscheidungen, die er traf. Schon während er die interne Korruptionsaffäre aufgedeckt hatte, hatte er gewusst, dass er gerade beruflichen Selbstmord beging. Ganz zu schweigen von den Freundschaften, die daran zerbrochen waren. Daher würde er sich jetzt bei niemandem über die Folgen seines Handelns beklagen. Ihm war völlig klar gewesen, was auf ihn zukommen würde.
Hinter vorgehaltener Hand wurde vielleicht darüber gemunkelt. Zwar war er öffentlich belobigt worden und hatte einige einflussreiche Freunde gewonnen, aber für die höheren Ränge beim FBI war er passé. Doch Lily schien mehr zu meinen als die Gerüchte und Anspielungen, die ihn während der letzten zweieinhalb Jahre, seit er den Fälscherring angeprangert hatte, umgeben hatten.
Und dann ging ihm ein Licht auf.
Unsicher, ob er das Weinglas noch würde halten können, stellte Wyatt es auf dem Tresen ab. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, als er die Wahrheit erkannte. »Lily?«
Sie öffnete den Mund – offenbar um ihn daran zu erinnern, dass er sie nicht mehr so nennen sollte – , doch dann sah sie wohl die eiskalte Wut in seinen Augen und verstummte.
»Wehe, wenn ich herausfinden muss, dass du dich in unser Netzwerk einhackst.«
Sie hielt seinem Blick stand, ohne etwas zu erwidern, gleichgültig und furchtlos. Sie widersprach nicht. Rechtfertigte sich nicht. Als wollte sie ihm stumm zu verstehen geben, dass sie zu gut war, als dass er jemals Beweise dafür finden würde.
»Verflucht!«, stieß er hervor.
Zorn stieg in ihm auf. Ein Zorn, von dem er noch vor einem Jahr nicht gewusst hatte, dass er dazu imstande war. Sein ganzes Leben lang hatte er seine Gefühle in der Gewalt gehabt. Der Groll verursachte ein merkwürdiges Pochen in seinen Schläfen, sein ganzer Körper war angespannt und starr. Was zum Teufel war los mit dieser Frau, dass sie immer wieder solche Risiken einging, ohne Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit und ihr eigenes Wohlbefinden?
Derartige Empfindungen war er nicht gewohnt. Er war es nicht gewohnt, aus seinem normalen Rhythmus herausgeworfen zu werden. Doch in den letzten sieben Monaten, während er sich mit Lily Fletcher auseinandergesetzt hatte, war sein Leben alles andere als in vertrauten Bahnen verlaufen. Und manchmal hatte er sich selbst nicht wiedererkannt.
Obwohl Lily sich nicht vom Fleck rührte, das Kinn trotzig vorgereckt, sah er einen Funken Misstrauen in ihren Augen aufglimmen. Misstrauen gegen ihn. Und das löste unerträgliches Unbehagen in ihm aus.
»Ich brauche frische Luft«, knurrte er. »Du brauchst mit dem Essen nicht auf mich warten.«
Ohne genau zu wissen, ob er das Thema
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