Black CATS - Parrish, L: Black CATS
wahr? Gerade hatte er ihr mehr über sich offenbart als in den ganzen vergangenen sechs Monaten. Bei dem Tempo erfuhr sie vielleicht noch seinen zweiten Vornamen, bevor sie an Altersschwäche starb.
Diese Rätselhaftigkeit machte ihn ziemlich sexy, aber das Ganze war auch verdammt frustrierend. Lily hatte monatelang selbst im Verborgenen gelebt – inzwischen hatte sie die Nase voll von Rätseln und Mysterien.
Sie sprang aus dem Auto, bevor er herumkommen und ihr die Tür aufhalten konnte.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Ja. Ich will das alles nur möglichst bald hinter mich bringen.«
Er erwiderte nichts, sondern holte Lilys kleinen Koffer vom Rücksitz. Kleidung, die Wyatt gekauft und bezahlt hatte. Genau wie alles andere, was sie besaß.
Vielleicht lag es daran, dass sie wieder hier war, wieder in der Stadt, in der sie so unabhängig gewesen war, all die Nöte ihrer Jugend überwunden hatte, um zu studieren, ihren Master zu machen und einen Job beim FBI an Land zu ziehen. Lily hatte sich nie von jemandem aushalten lassen; sie hatte ihr Leben immer selbst finanziert.
Bis jetzt.
Als sie durch die Hintertür die Küche des Hauses betraten, blickte sie sich rasch um. Wie zu erwarten, sah alles picobello aus – dunkle Wandschränke aus Kirschholz mit Glastüren, eine Arbeitsfläche aus schwarz-braunem Marmor, hochmoderne Küchengeräte. Makellos. Genau wie der Mann, dem das alles gehörte.
Ihre Spanplattenküchenschränke waren an allen Ecken angeschlagen gewesen, am Spülenschrank war der Griff abgebrochen, sodass sie jedes Mal, wenn sie Müllbeutel oder Spüli gebraucht hatte, die Schranktür mit den Fingerspitzen hatte auffummeln müssen.
Die Fußböden waren mit schönem, dunklem Parkett ausgelegt, das auf Hochglanz poliert war. In ihrer Wohnung war der Boden mit Linoleum bedeckt gewesen, und in einer Ecke, wo sie einmal dummerweise das heiße Ofenblech abgestellt hatte, hatte ein Brandfleck geprangt.
Sie gehörte einfach nicht hierher. Im Strandhaus war es einfacher gewesen, sich das einzureden, schließlich war es ihr Versteck. Aber jetzt wollte sie sich nicht mehr verstecken. Und sie wollte auf keinen Fall mehr ausgehalten werden. »Hoffentlich ist das bald vorbei«, murmelte sie.
Wyatt stellte ihre Tasche auf den Tisch und drehte sich zu ihr um. Mit überkreuzten Armen lehnte er sich gegen einen Stuhl. Sein tadellos sitzender Anzug warf dabei nicht eine einzige Falte; er folgte einfach seiner Bewegung, als sei er maßgeschneidert. Nun, vermutlich war er das auch. Darum ging es schließlich beim Maßschneidern, nicht wahr?
Sie schüttelte den Kopf.
»Was ist denn?«
»Nichts«, gab sie zurück. »Ich bin einfach nur müde und kann es kaum erwarten, dass wir endlich Fortschritte machen. Vor zwei Wochen dachte ich noch, ich würde Maine niemals verlassen. Würde für immer in deinem Strandhaus bleiben. Jetzt habe ich nur noch einen Gedanken: Ich will unbedingt hier raus, will das alles hinter mir lassen, wieder ein normales Leben führen, in meiner eigenen Wohnung, mit meinem eigenen Geld, ohne die ganze Zeit jemandem auf der Tasche zu liegen.«
Er kam zu ihr und legte ihr eine Hand unters Kinn. Dann hob er ihren Kopf an, damit sie ihm in die Augen sah. Er schien sie zu verstehen, statt wütend zu sein.
»Eins will ich klarstellen. Ich habe mehr Geld, als ich je in meinem Leben ausgeben könnte«, erklärte er. »Mein Vater war furchtbar reich, und die Familie meiner Mutter war auch recht begütert. An meinem fünfundzwanzigsten Geburtstag habe ich Zugriff auf ein gut gefülltes Bankkonto erhalten.«
Lily schnappte kurz nach Luft – nicht wegen der Tatsache, dass er ein wohlhabender Mann war, sondern weil er ihr so viel von sich erzählte, Stück für Stück mehr von sich preisgab.
»Ich hasse das Haus am Strand«, fuhr er etwas gepresst fort. »Und an diesem hier liegt mir auch nicht besonders viel, abgesehen von den schönen Erinnerungen an meine Großeltern mütterlicherseits und dem Umstand, dass es nach einem Vierzehnstundentag einen angenehmen Schlafplatz bietet. Aber mein Herz hängt an keinem dieser Dinge, Lily. Ich lege keinerlei Wert auf Besitztümer oder Geld.«
Sprach der, der nichts davon jemals hatte entbehren müssen.
»Wenn du damit nicht umgehen kannst, dass jemand anders ein paar Monate lang deine Rechnungen bezahlt, kannst du wieder anfangen zu arbeiten, wenn das alles vorbei ist, und mir zwanzig Dollar in der Woche zurückzahlen. Könnten wir das Thema Geld jetzt
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