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Black Coffee

Black Coffee

Titel: Black Coffee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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haben, in der Gegend herumzurennen und, wie man hier in England und anderswo sagt, nach der Nadel im Heuhaufen zu suchen. Für den Augenblick begnüge ich mich mit Abwarten. Warum? – eh bien. Der Intelligenz eines Hercule Poirot ist eben manchmal etwas vollkommen klar, was weniger Hochbegabten noch lange nicht klar ist.«
    »Mein Gott, Poirot!« rief Hastings. »Ich muß sagen, es wäre mir ein hübsches Sümmchen wert, einmal erleben zu dürfen, wie Sie sich bis auf die Knochen blamieren – nur ein einziges Mal. Sie sind so unglaublich eingebildet!«
    »Echauffieren Sie sich nicht, mein lieber Hastings«, erwiderte Poirot beschwichtigend. »In Wahrheit stelle ich soeben fest, daß Sie mich von Zeit zu Zeit geradezu hassen. Ach ja, für wahre Größe muß man leiden!«
    Der kleine Detektiv plusterte sich auf und gab einen so komischen Seufzer von sich, daß Hastings einfach lachen mußte. »Poirot, ich kenne keinen Menschen, der von sich selbst eine so hohe Meinung hat wie Sie«, sagte er.
    »Was wollen Sie? Wenn man einzigartig ist, weiß man es eben. Aber nun zu ernsten Dingen, mein lieber Hastings. Hiermit gebe ich Ihnen kund und zu wissen, daß ich Mr. Richard Amory gebeten habe, sich gegen Mittag mit uns in der Bibliothek zusammenzusetzen. Ich sage ›mit uns‹, Hastings, denn Sie müssen unbedingt dabeisein und die Augen aufsperren.«
    »Es wird mir, wie stets, ein Vergnügen sein, Ihnen zur Seite zu stehen, Poirot«, versicherte ihm sein Freund.
    Gegen Mittag trafen sich also Poirot, Hastings und Richard Amory in der Bibliothek, aus der man Sir Clauds Leiche am gestrigen späten Abend abgeholt hatte. Während Hastings bequem auf dem Sofa saß und Augen und Ohren aufsperrte, ließ der Detektiv sich von Richard Amory haarklein berichten, was sich am Vorabend bis zu Poirots Eintreffen zugetragen hatte.
    Richard, der sich hinter den Schreibtisch gesetzt hatte, beendete seine Aufzählung mit den Worten: »Also, das ist alles, glaube ich. Hoffentlich habe ich mich klar ausgedrückt.«
    »Vollkommen klar, Monsieur Amory, vollkommen klar«, antwortete Poirot. Er stand neben dem einzigen Lehnstuhl in der Bibliothek, halb auf die eine Lehne gestützt. »Ich kann mir jetzt ein deutliches Bild machen.«
    Er schloß die Augen und versuchte sich die Szene vorzustellen. »Hier sitzt also Sir Claud in seinem Lehnstuhl und ist eindeutig Herr der Situation. Dann Dunkelheit, ein Klopfen an der Tür. Doch, doch, eine richtig dramatische Szene.«
    »Also, wenn das alles ist –« sagte Richard und wollte schon aufstehen.
    »Nur einen kleinen Moment noch«, sagte Poirot mit erhobener Hand, wie um ihn aufzuhalten.
    Sichtlich widerstrebend setzte Richard sich wieder hin.
    »Ja, bitte?« fragte er.
    »Was war davor, Monsieur Amory?«
    »Davor?«
    »Ja«, versuchte Poirot ihm auf die Sprünge zu helfen, »gleich nach dem Essen.«
    »Ach, da!« meinte Richard. »Darüber gibt es eigentlich nichts zu berichten. Mein Vater und Raynor – Edward Raynor ist sein Sekretär – sind gleich ins Arbeitszimmer gegangen. Wir übrigen waren hier.«
    Poirot lächelte ihn ermutigend an. »Und – was haben Sie gemacht?«
    »Nun – geredet. Die meiste Zeit lief das Grammophon.«
    Poirot dachte einen Moment nach. »Und es ist nichts passiert, was Sie einer Erwähnung wert fänden?« fragte er dann.
    »Gar nichts«, beteuerte Richard rasch.
    Poirot ließ ihn nicht aus den Augen. »Wann wurde der Kaffee serviert?« bohrte er weiter.
    »Unmittelbar nach dem Essen«, antwortete Richard.
    »Und –« Poirot vollführte mit der Hand eine kreisende Bewegung – »hat der Butler den Kaffee herumgereicht, oder hat er ihn nur hingestellt, damit Sie ihn sich selbst einschenken?«
    »Das weiß ich nun wirklich nicht mehr«, sagte Richard.
    Poirot seufzte leise. Er überlegte wieder einen Moment, dann fragte er: »Haben alle Kaffee getrunken?«
    »Ich glaube, ja. Das heißt, alle außer Raynor. Er trinkt keinen Kaffee.«
    »Und Sir Clauds Kaffee wurde ihm ins Arbeitszimmer gebracht?«
    »Anzunehmen«, antwortete Richard mit einer leichten Gereiztheit im Ton. »Müssen Sie das wirklich alles so genau wissen?«
    Poirot hob bittend den Arm. »Entschuldigung«, sagte er. »Ich möchte mir nur gern den ganzen Ablauf des Abends vorstellen können. Schließlich wollen wir doch diese wertvolle Formel wiederbekommen, oder?«
    »Anzunehmen«, lautete erneut Richards mürrische Antwort, die bei Poirot eine Miene allerhöchsten Erstaunens, ja sogar einen leisen Ausruf

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