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Black Dagger 04 - Bruderkrieg

Black Dagger 04 - Bruderkrieg

Titel: Black Dagger 04 - Bruderkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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bevorstehendes Ereignis.
    Sie empfand keinen Frieden. Sie fühlte nur … Wut.
    Sie wollte nicht gehen. Wollte nicht den Mann verlassen, den sie liebte. Wollte nicht das irre Chaos ihres Lebens aufgeben.
    Tut doch etwas dagegen, dachte sie. Jemand muss etwas dagegen tun.
    Sie schloss die Augen.
    In der Dunkelheit sah sie Rhages Gesicht vor sich. Und berührte im Geist seine Wange mit der Hand, spürte die Wärme seiner Haut, die kräftigen Knochen darunter. Worte gingen ihr durch den Kopf, sie kamen von einem
Ort, den sie nicht kannte, und richteten sich an … vermutlich niemanden.
    Lass mich nicht gehen. Ich will ihn nicht verlassen. Bitte …
    Gott, lass mich hier bei ihm bleiben und ihn noch ein bisschen länger lieben. Ich verspreche, die Zeit mit ihm nicht zu verschwenden. Ich werde ihn festhalten und ihn niemals gehen lassen … Gott, ich bitte dich. Lass das nicht zu …
    Als ihr bewusst wurde, dass sie betete, begann Mary hemmungslos zu weinen. Sie öffnete ihr Herz, bettelte. Und sie wandte sich an jemanden, an dessen Existenz sie eigentlich nicht einmal glaubte. Sie hatte eine merkwürdige Offenbarung inmitten ihrer Verzweiflung.
    Das also hatte ihrer Mutter Halt gegeben. Cissy hatte nicht absteigen wollen, hatte nicht gewollt, dass das Karussell anhielt, hatte … Mary nicht zurücklassen wollen. Die drohende Trennung von der Liebe, mehr noch als das Ende ihres Lebens, hatte ihren Glauben am Leben erhalten.
    Es war die Hoffnung gewesen, noch etwas mehr Zeit zum Lieben zu haben, die ihre Mutter dazu gebracht hatte, Kreuze zu umklammern und Statuen anzusehen und Worte in die Luft zu hauchen.
    Und warum hatten sich diese Gebete gen Himmel gerichtet? Na ja, irgendwie musste es doch so sein, oder nicht? Selbst wenn es für den Körper keine Möglichkeiten mehr gab, suchten sich die Wünsche des Herzens einen Weg nach draußen. Und wie jede Art von Wärme würde auch die Liebe nach oben steigen. Zudem lag auch der Wunsch, zu fliegen, in der Natur des Menschen, also musste die Heimat der Seelen weit oben liegen. Und der Himmel sandte tatsächlich Geschenke, den Frühlingsregen und die Sommerbrise und die Herbstsonne und den Schnee im Winter.
    Mary öffnete die Augen. Sie blinzelte, bis sie wieder klar
sehen konnte, und konzentrierte sich dann auf das schwindende Licht hinter den Häusern der Stadt.
    Bitte … Gott.
    Lass mich hier bei ihm bleiben.
    Lass mich nicht gehen.

26
    Rhage stürmte ins Haus und riss sich den Trenchcoat vom Leib, während er die Treppe hinaufdonnerte. Im Zimmer legte er die Uhr ab und zog sich ein weißes Seidenhemd und eine gleichfarbige Hose über. Dann holte er eine Lackschachtel vom obersten Regal des Schrankes und kniete sich mitten im Raum auf den Boden. Er öffnete die Schachtel, nahm eine Kette aus murmelgroßen schwarzen Perlen heraus und legte sie sich um den Hals.
    Er kniete sich auf den Boden, setzte sich auf die Fersen, ließ die Hände auf den Oberschenkeln ruhen und schloss die Augen.
    Er zwang sich, ruhiger zu atmen, und verharrte reglos in dieser Position, bis er seine Muskeln nicht mehr spürte. So gut er konnte, reinigte er seinen Geist von jeglichen Gedanken und wartete. Er konnte nur hoffen, dass ihn das einzige Wesen, das Mary noch retten konnte, bemerken würde. Die Perlen auf seiner Haut erwärmten sich.
    Als er die Augen wieder öffnete, befand er sich in einem
hell erleuchteten Innenhof aus weißem Marmor. Der Springbrunnen plätscherte herrlich, das Wasser glitzerte auf seinem Weg hoch in die Luft und wieder herab ins Becken. Ein weißer Baum mit weißen Blüten stand in einer Ecke, die zwitschernden Singvögel in seinen Zweigen waren der einzige Farbfleck an diesem Ort.
    »Welchem Umstand verdanke ich dieses besondere Vergnügen? «, ertönte die Stimme der Jungfrau der Schrift hinter ihm. »Sicher kommst du nicht wegen deiner Bestie? Du wirst noch geraume Zeit mit ihr verbringen, soweit ich mich entsinne.«
    Rhage blieb auf den Knien, den Kopf gebeugt, ohne ein Wort zu sagen. Er wusste nicht recht, wo er beginnen sollte.
    »Schweigen«, murmelte die Jungfrau der Schrift. »Ungewöhnlich für dich.«
    »Ich möchte meine Worte mit Bedacht wählen.«
    »Weise, Krieger. Sehr weise. In Anbetracht deines Anliegens heute.«
    »Ihr wisst bereits davon?«
    »Keine Fragen«, fauchte sie. »Wahrlich, ich bin es müde, der Bruderschaft das immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Vielleicht solltest du die anderen bei deiner Rückkehr noch einmal daran

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