Black Dagger 09 - Seelenjäger
er wusste sofort, dass die Klinge Haut und Muskeln direkt unterhalb seines Brustkorbs auf der linken Seite durchtrennt hatte.
Mann, wenn der Darm etwas abbekommen hätte, dann würde es ganz schnell steil bergab gehen. Also wurde es Zeit, die Sache zu beenden.
Von der Verletzung in einen Adrenalinrausch versetzt packte V den Lesser an Kinn und Hinterkopf und schraubte an seinem Kopf herum wie an einer Wasserflasche. Das Geräusch des Schädels, der sich von der Wirbelsäule löste, klang wie ein knickender Ast, und der Körper wurde sofort schlaff, die Arme fielen zu Boden, die Beine wurden reglos.
V hielt sich die Seite, seine Kräfte ließen nach. Er war von kaltem Schweiß bedeckt, und seine Hände zitterten, aber er musste die Sache zu Ende bringen. Rasch tastete er den Lesser ab, suchte nach einer Identifikation, bevor er dem Typen endgültig die Luft rausließ.
Der Blick des Untoten begegnete seinem, langsam bewegte
sich der Mund. »Mein Name … war einst Michael. Vor drei … undachtzig Jahren. Michael Klosnick.«
V klappte die Brieftasche auf und fand einen gültigen Führerschein. »Tja, Michael, dann gute Reise in die Hölle.«
»Froh … dass es vorbei ist.«
»Ist es nicht. Wusstest du das nicht?« Scheiße, die Wunde in der Seite machte ihn wahnsinnig. »Deine neue Bleibe ist bei Omega, Freundchen. Da darfst du mietfrei bis in alle Ewigkeit wohnen.«
Blasse Augen weiteten sich. »Du lügst.«
»Ach bitte. Als würde ich mir die Mühe machen.« V schüttelte den Kopf. »Erwähnt euer Boss das nicht? Offenbar nicht.«
V zog einen seiner Dolche aus der Scheide, hob mühsam den Arm über die Schulter und bohrte die Klinge mitten in die breite Brust. Es gab einen Lichtblitz, der die gesamte Straße taghell erleuchtete, dann ein Ploppen und … Mist, der Funke sprang auf den toten Vampir über und entflammte ihn dank eines heftigen Windstoßes. Die beiden Leichen verbrannten und ließen nur den klebrigen Geruch von Talkum in der kalten Luft zurück.
Mist. Wie sollten sie jetzt die Familie des Vampirs benachrichtigen ?
Vishous suchte die Gegend ab, und als er keine weitere Brieftasche fand, hockte er sich an einen Müllcontainer und blieb einfach dort sitzen, in flachen Zügen atmend. Jedes Mal, wenn er Luft einsaugte, fühlte es sich an, als würde erneut zugestochen, aber auf Sauerstoff zu verzichten war auch keine Option, also machte er weiter.
Bevor er das Handy zückte, um Hilfe zu rufen, betrachtete er seinen Dolch. Die schwarze Klinge war mit dem tintigen Blut des Lesser befleckt. Er spielte den Kampf im Kopf noch einmal durch und stellte sich einen anderen Vampir
an seiner Stelle vor, einen, der nicht so stark war wie er. Einen, der nicht von der gleichen Abstammung war wie er.
Abwesend hielt er seine behandschuhte Hand hoch. Wenn sein Fluch seine Bestimmung war, dann hatten die Bruderschaft und ihr edles Ziel sein Leben geprägt. Und wenn er heute Nacht getötet worden wäre? Wenn die Klinge sein Herz getroffen hätte? Dann wären sie jetzt nur noch vier Kämpfer.
Verdammt.
Auf dem Schachbrett seines gottverlassenen Daseins waren die Figuren aufgestellt, die Partie vorherbestimmt. So oft im Leben durfte man seinen Pfad nicht selbst wählen, weil der Weg, den man nahm, schon längst entschieden war.
Freier Wille war doch totaler Blödsinn.
Es ging nicht um seine Mutter und ihr persönliches Drama – er musste der Primal für die Bruderschaft werden. Das war er dem Vermächtnis, dem er diente, schuldig.
Nachdem er die Klinge an seiner Hose abgewischt hatte, steckte er die Waffe mit dem Griff nach unten zurück in das Halfter, rappelte sich auf und klopfte seine Jacke ab. Shit … sein Handy. Wo war sein Handy? Im Penthouse. Er musste es dort vergessen haben, nachdem er mit Wrath telefoniert- Ein Schuss ertönte.
Eine Kugel traf ihn mitten in die Brust.
Die Wucht holte ihn von den Fersen, und er kippte in Zeitlupe rückwärts durch die Luft. Als er flach auf dem Boden landete, blieb er einfach liegen, ein niederschmetternder Druck brachte sein Herz aus dem Rhythmus und vernebelte sein Gehirn. Er konnte nur nach Luft schnappen, kleine, schnelle Atemzüge hüpften ihm die Luftröhre auf und ab.
Mit seinem letzten bisschen Kraft hob er den Kopf und
sah an seinem Körper herunter. Eine Schusswunde. Blut auf seinem Shirt. Der brüllende Schmerz in seiner Brust. Der Alptraum war wahr geworden.
Bevor er in Panik geraten konnte, kam die Schwärze und verschluckte ihn ganz und gar …
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