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Black Dagger 11 - Blutlinien

Black Dagger 11 - Blutlinien

Titel: Black Dagger 11 - Blutlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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Fehler, und die ganze Sache war ruiniert.
    Mist. Bellas Auge war noch nicht gut genug.
    Den Unterarm erhoben, um nicht mit dem Handgelenk die frische Tusche zu verschmieren, versuchte er, den Fehler zu korrigieren, und formte das untere Lid so, dass die Wölbung schräger ausfiel. Sicher strich seine Feder über das kostbare Papier. Aber das Auge war immer noch nicht richtig.
    Ja, und das sollte ihn eigentlich nicht überraschen, wenn man bedachte, wie viel Zeit er in den vergangenen acht Monaten damit verbracht hatte, sie zu zeichnen.
    Der Zauberer verharrte mitten im Plié und wies Phury darauf hin, dass diese Feder-Tusche-Nummer an sich keine so tolle Idee war. Die schwangere Shellan seines Zwillingsbruders zu zeichnen. Mit Verlaub.
    Nur ein wirklich erbärmlicher Vollidiot würde eine Frau anschmachten,
die seinem eigenen Zwilling gehört. Und trotzdem machst du das. Du musst ja so stolz auf dich sein, mein Freund.
    O ja, aus irgendeinem Grund sprach der Zauberer immer mit englischem Akzent.
    Phury nahm noch einen Zug und legte den Kopf schief, um zu probieren, ob ein neuer Blickwinkel ihm weiterhelfen würde. Leider nein. Immer noch falsch. Genau wie übrigens auch die Frisur. Wie er auf die Idee gekommen war, Bellas langes, dunkles Haar zu einem Knoten im Nacken geschlungen – mit zarten, losen Strähnen, die ihre Wangen umspielten – zu zeichnen, wusste er selbst nicht mehr. Sie trug es stets offen.
    Egal. Sie war sowieso mehr als schön, und der Rest ihres Gesichts war so, wie er ihn immer darstellte: Ihr liebevoller Blick war nach rechts gerichtet, die Wimpern zeichneten sich als Silhouette ab, ihre Miene drückte eine Mischung aus Wärme und Hingabe aus.
    Zsadist saß bei den Mahlzeiten rechts von ihr. Um die Kampfhand frei zu haben.
    Phury zeichnete sie nie mit den Augen auf sich gerichtet. Was logisch war. Denn im echten Leben zog er ebenfalls nie ihren Blick auf sich. Sie liebte seinen Zwillingsbruder, und er hätte niemals etwas unternommen, das diese Tatsache ändern könnte, ganz gleich, wie sehr er sich nach ihr sehnte.
    Der Bildausschnitt reichte von ihrem Scheitel bis hinab zum Schulteransatz. Nie zeichnete er ihren Schwangerschaftsbauch. Das machte man nicht – schwangere Vampirinnen vom Brustbein abwärts darzustellen. Auch das brachte Unglück. Außerdem würde es ihn an das erinnern, was er am meisten fürchtete.
    Todesfälle bei der Geburt waren sehr häufig.
    Phury strich mit den Fingerspitzen über ihr Gesicht, wobei er die Nase mied, wo die Tusche noch nicht trocken
war. Sie war wundervoll, selbst mit dem nicht ganz richtigen Auge und der falschen Frisur und den Lippen, die weniger voll aussahen als in Wirklichkeit.
    Dieses Bild war fertig. Zeit für ein neues.
    Er setzte unten auf dem Blatt auf ihrer Schulterwölbung mit dem ersten Efeukringel an. Erst ein Blatt, dann ein wachsender Stängel … mehr Laub, das sich wand und dicker wurde, ihren Hals bedeckte, von unten gegen ihren Kiefer drängte, zu ihrem Mund emporleckte, sich über ihre Wangen ausbreitete.
    Hin und her zum Tintenfass. Efeu umrankte sie. Efeu verwischte die Spuren seiner Feder, verhüllte sein Herz und die Sünde, die darin lebte.
    Das Schwierigste für ihn war, ihre Nase zu übermalen. Das machte er immer zuletzt, wenn es nicht länger zu vermeiden war, und dann brannten seine Lungen, als wäre er selbst es, der im dichten Laub keine Luft mehr bekam.
    Als der Efeu sich über das ganze Bild ausgebreitet hatte, zerknüllte Phury das Blatt und warf es in den Messingpapierkorb in der anderen Zimmerecke.
    Was für ein Monat war inzwischen … August? Genau, August. Was bedeutete … Ihre Schwangerschaft würde noch ein gutes Jahr dauern, vorausgesetzt, sie konnte das Kleine halten. Wie viele Vampirinnen musste sie jetzt schon das Bett hüten, weil vorzeitige Wehen eine häufige Komplikation darstellten.
    Im gleichen Zug, in dem er einen Joint ausdrückte, griff er nach einem der beiden neuen, die er gerade gedreht hatte, und stellte fest, dass er sie bereits geraucht hatte.
    Er streckte das vollständige Bein aus, legte die kleine Staffelei zur Seite und holte sich seine Überlebensausrüstung vom Nachttisch: ein Beutel roter Rauch, Drehpapier und sein massives goldenes Feuerzeug. Sich eine neue Tüte zu
drehen dauerte nur Sekunden, und als er den ersten Zug nahm, überprüfte er seine Vorratssituation.
    Shit, nicht gut. Gar nicht gut.
    Die Stahlrollläden, die automatisch nach oben gezogen wurden, beruhigten ihn etwas.

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