Black Dagger 12 - Vampirträume
lief langsam zurück zur Terrasse. Lichter brannten in den Fenstern des Hauses, und als sie sich umsah, stellte sie fest, dass sie die Farben dieser Welt bei Nacht vermissen würde: Das Rot und Rosa und Gelb und Lila der Teerosen war gedämpft, als wären die Blüten schüchtern. Im Inneren der Bibliothek sahen die tiefroten Vorhänge aus wie mühsam gezähmtes Feuer, und das Billardzimmer in seinem lebendigen, dunklen Grün war wie aus Smaragden gemacht.
So schön. Es war alles so schön, dieses Fest für die Augen.
Um ihre Abreise noch etwas länger hinauszuzögern, ging sie zum Schwimmbecken.
Das schwarze Wasser lag verführerisch vor ihr, seine glänzende Oberfläche lockte sie mit dem Glitzern des Mondlichts auf sanften Wogen.
Sie ließ ihre Robe fallen und tauchte in die weiche Dunkelheit, durchbrach die Wasserdecke, sank tief hinunter und blieb dort, bewegte sich mit kräftigen Zügen durch das Nass.
Als sie am anderen Ende ankam, gewann sie mit jedem tiefen Luftzug, den sie machte, Entschlossenheit. Sie würde Fritz Bescheid geben, dass sie fortging, und ihn bitten, es Bella auszurichten. Dann würde sie ins Heiligtum gehen und um eine Audienz bei der Directrix Amalya nachsuchen – in der sie ihren Wunsch, als Schreiberin in Klausur gehen zu wollen, vortragen würde.
Sie wusste, dass es zu ihren Pflichten als Schreiberin gehören würde, über die Nachkommen des Primals Buch zu führen, doch es war besser im Reich der Buchstaben mit ihnen zu tun haben, als Legionen von Sprösslingen mit buntem Haar und hübschen gelben Augen unmittelbar vor sich zu sehen.
Und es würde Nachwuchs geben. Obwohl sie seine Kraft in Frage gestellt hatte, würde der Primal seine Aufgabe erfüllen. Er kämpfte jetzt noch heftiger mit seiner Rolle, doch sein Pflichtbewusstsein würde die Oberhand über seine Bedenken gewinnen.
Bella hatte ja so Recht mit ihrer Einschätzung.
»Na, wen haben wir denn da.«
Cormia verschluckte sich und blickte direkt auf ein Paar gigantische Stiefel mit Stahlkappen. Erschrocken ließ sie den Blick an einem langen, schlanken Männerkörper in dem, was man hier Jeans nannte, emporwandern.
»Wer bist du denn?«, fragte er und ging in die Hocke, die Stimme weich und warm. Seine Augen waren faszinierend –tiefliegend und ungleichfarbig, umrahmt von Wimpern in der Farbe seines dichten schwarzen Haares.
Bevor sie etwas erwidern konnte, trat John Matthew hinter ihn und pfiff laut, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Der Mann am Rand des Schwimmbeckens blickte sich
über die Schulter, und John schüttelte den Kopf, seine Finger flogen hektisch durch die Luft.
»O … Mist, Verzeihung.« Der Dunkelhaarige erhob sich zu seiner vollen Höhe und hob die Hände, als wollte er sich selbst zurückpfeifen. »Ich wusste nicht, wer du bist.«
Ein weiterer Vampir kam durch die Bibliothekstür aus dem Haus. Dieser Rothaarige hatte Blutflecke auf dem Hemd und wirkte ziemlich erschöpft.
Das waren Soldaten, die mit John zusammen kämpften, dachte sie. Junge Soldaten.
»Wer bist du?«, fragte sie den mit den eigenartigen, schönen Augen.
»Qhuinn. Ich gehöre zu ihm.« Sein Daumen zeigte auf John Matthew. »Der Rothaarige ist –«
»Blaylock«, unterbrach ihn der andere scharf. »Ich heiße Blaylock.«
»Ich schwimme nur ein bisschen«, sagte sie.
»Das sehe ich.« Qhuinns Lächeln war jetzt freundlich, nicht mehr sexuell.
Dennoch fühlte er sich von ihr angezogen. Das spürte sie. Und in diesem Moment erkannte sie, dass sie auf dem Pfad, den sie gerade einschlug, für immer unberührt bleiben würde. Als Klausurschreiberin würde sie nie zu jenen gehören, die der Primal aufsuchte.
Also würde dieser Sturm, der auf so herrliche Art und Weise in ihr entfacht worden war, sich nie wieder aufstauen und entladen.
Niemals.
Die Unendlichkeit der vor ihr liegenden Lebensjahre breitete sich vor ihr aus und rief plötzlich eine tiefe Verzweiflung hervor, und die Schwingungen dieser Bitterkeit trugen sie durch das warme Wasser hin zur Leiter. Sie umfasste die Griffe und zog sich hoch, spürte die kühle Luft auf
ihrem Körper und wusste ganz genau, dass alle drei Soldaten sie anblickten.
Das Wissen bedrückte und ermutigte sie zugleich. Das war das letzte Mal, dass ein Mann ihren Körper sehen würde, und der Gedanke, dass sie alles, was an ihr weiblich war, für immer wegsperren würde, war schwer. Doch sie würde mit keinem anderen als dem Primal zusammen sein, und sie konnte nicht ertragen, ihn mit all
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