Black Dagger 12 - Vampirträume
erinnerte ihn zu sehr an seinen Zwillingsbruder … der nicht mehr sang.
Dennoch war der Klang des rauschenden Bachs hübsch, das leise, melodische Plätschern hallte von den weichen Steinen wider, als spränge der Ton von einem zum anderen.
Da er Cormia nicht zu lange warten lassen wollte, setzte er die Füße auf und hob seinen Oberkörper aus der Strömung.
Das Wasser rann ihm über die Brust und auf den Bauch hinab wie zärtliche Hände, und als er die Arme hob, spürte er es von seinen Fingern und Ellbogen tropfen.
Fließend … strömend … fallend …
Die Stimme des Zauberers versuchte, sich zu erheben und das Kommando zu übernehmen. Phury hörte sie im Kopf, spürte sie nach Lautstärke ringen, um Einfluss in seinem Gehörgang kämpfen.
Aber das Plätschern des Wassers war lauter.
Phury atmete tief ein, roch das Immergrün und empfand eine Freiheit, die nichts mit dem Zustand seines Körpers zu tun hatte und alles mit dem seines Kopfes.
Zum allerersten Mal war der Zauberer nicht größer als er.
Cormia tigerte unruhig im Primalstempel umher. Nicht krank. Auf Entzug.
Nicht krank.
Am Fuße des Bettpodests blieb sie stehen.
Sie erinnerte sich genau daran, wie sie dort festgebunden gewesen war, wie sie einen Mann eintreten gehört und schreckliche Angst gehabt hatte. Ohne etwas zu sehen, unfähig, sich zu rühren, und ohne die Erlaubnis, nein zu sagen, hatte sie dort gelegen, der Tradition ausgeliefert.
Jede jungfräuliche Frau wurde nach ihrer Transition dem Primal so dargeboten.
Gewiss mussten andere sich so gefühlt haben wie sie. Und es würden in Zukunft noch mehr sein.
Himmel … dieser Ort war schmutzig, dachte sie und blickte sich innerhalb der weißen Wänden um. Schmutzig vor Lügen, die sowohl ausgesprochen wurden, als auch den Herzen der Frauen innewohnten, welche die reglose Luft einatmeten.
Es gab ein altes Sprichwort unter den Auserwählten, die Art von alter Strophe, von der man sich nie erinnern konnte, wann man sie erstmals gehört hatte. Rechtschaffenheit ist die Ursache unseres Glaubens, heiter sei die Ausübung unserer Pflicht, kein Leid soll uns Frommen geschehen, denn Reinheit ist unsere Kraft und unsere Tugend, die Mutter, die uns Kinder an der Hand führt.
Aus dem Badezimmer kam ein wildes Gebrüll.
Phury schrie.
Cormia wirbelte herum und rannte in den Nebenraum.
Sie fand ihn nackt im Bach, den Kopf zurückgeworfen, die Fäuste geballt, die Brust emporgereckt, die Wirbelsäule durchgebogen. Doch er schrie nicht. Er lachte.
Er drehte den Kopf herum, und als er sie entdeckte, ließ er die Arme sinken, konnte aber nicht aufhören, zu lachen. »Entschuldige …« Noch mehr wilde Fröhlichkeit sprudelte aus ihm heraus, er versuchte, sie zu zügeln, konnte aber einfach nicht. »Du musst mich für verrückt halten.«
»Nein …« Sie fand ihn wunderschön, die goldene Haut glänzend vom Wasser, das Haar in dicken Wellen über den Rücken fallend. »Was ist so lustig?«
»Gibst du mir ein Handtuch?«
Sie reichte ihm ein Stück Stoff und wandte den Blick nicht ab, als er aus dem Bach stieg.
»Hast du schon mal vom Zauberer von Oz gehört?«, fragte er.
»Ist das eine Geschichte?«
»Nicht so ganz.« Er wickelte sich das Handtuch fest um. »Vielleicht zeige ich dir eines Tages den Film. Aber darüber musste ich lachen. Ich lag völlig falsch. Das war gar kein übermächtiger Ringgeist in meinem Kopf. Es war der Zauberer von Oz, nichts als ein gebrechlicher alter Mann. Ich dachte nur immer, er wäre Furcht einflößend und stärker als ich.«
»Zauberer?«
Er tippte sich an die Schläfe. »Eine Stimme in meinem Kopf. Eine schlimme. Ich habe geraucht, um sie zu vertreiben. Ich dachte, sie stamme von einem riesigen Ringgeist. Stimmt aber nicht.«
Nicht in Phurys Glückseligkeit einzustimmen, war unmöglich, und als sie ihn anlächelte, durchströmte sie eine plötzliche Wärme.
»Ja, es war eine dröhnend laute Stimme, aber nichts Besonderes. « Er rubbelte sich über die Haut auf seinem Oberarm, als hätte er einen Ausschlag, obwohl sie nichts erkennen konnte, was die seidige Vollkommenheit verunstaltete. »Dröhnend laut …«
Unvermittelt veränderte sich Phurys Blick, als er sie ansah. Und sie kannte den Grund. Eine Hitze flackerte in seinen Augen auf, sein Geschlecht schwoll unter dem Handtuch an.
»Verzeihung«, sagte er und hielt sich noch ein Tuch vor die Lenden.
»Hast du bei ihr gelegen?«, platzte Cormia heraus.
»Bei Layla? Nein. Ich bin nur bis in
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