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Black Dagger 12 - Vampirträume

Black Dagger 12 - Vampirträume

Titel: Black Dagger 12 - Vampirträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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die Eingangshalle gekommen, da wurde mir klar, dass ich das nicht durchziehen konnte.« Er schüttelte den Kopf. »Das geht einfach nicht. Ich kann mit keiner außer dir zusammen sein. Die Frage ist nur, was jetzt zu tun ist – und wie auch immer das ausgehen mag, ich glaube, ich kenne die Antwort. Ich glaube, dass all das hier« – er machte eine ausgreifende Handbewegung, als meinte er damit alles in und am Heiligtum – »nicht so weitergehen kann. Dieses System, diese Lebensweise funktioniert nicht. Du hast Recht, es geht nicht nur um uns, es geht um alle. Es funktioniert für niemanden.«
    Während die Bedeutung seiner Worte langsam in sie einsickerte, dachte sie an ihre Stellung innerhalb ihres Volkes,
in die sie hineingeboren worden war. Dachte an die weißen, sanft gewellten Wiesen, die weißen Gebäude und die weißen Roben.
    Phury sah sie an. »Früher einmal gab es zweihundert Auserwählte, richtig? Damals, als es dreißig oder vierzig Brüder gab, oder?« Auf ihr Nicken wandte er den Blick dem rauschenden Wasser des Baches zu. »Und wie viele sind jetzt noch übrig? Du weißt, dass es nicht nur die Gesellschaft der Lesser ist, die uns tötet. Es sind diese verdammten Regeln, nach denen wir leben. Ich meine, mal im Ernst. Die Auserwählten sind hier nicht geschützt, sie sind eingekerkert. Und sie werden schlecht behandelt. Hättest du dich nicht von mir angezogen gefühlt, dann hätte das keine Rolle gespielt. Du hättest trotzdem Sex mit mir haben müssen, und das ist grausam. Du und deine Schwestern, ihr seid hier gefangen, und ich frage mich, wie viele von euch tatsächlich an die Tradition glauben, der ihr dient. Das Leben als Auserwählte … hat nichts mit freier Wahl zu tun. Niemand von euch hat die freie Wahl. Nimm doch nur dich selbst – du willst nicht hier sein. Du bist nur zurückgekommen, weil dir kein anderer Weg freistand. Stimmt doch?«
    Drei Worte kamen aus ihrem Mund, drei unmögliche Worte, die alles veränderten: »Ja, das stimmt.«
    Cormia hob den Saum ihrer Robe und ließ ihn wieder fallen, sie dachte an die Pergamentrolle auf dem Fußboden im Tempel der Schreiberinnen, mit ihren Bauskizzen darauf, der Rolle, von der sie nicht wusste, wohin damit.
    Jetzt war sie es, die den Kopf schüttelte. »Ich hatte keine Ahnung, wie wenig ich über mich selbst wusste, bis ich auf eure Seite kam. Und ich muss davon ausgehen, dass dasselbe auch für die anderen gilt. Sie müssen … es kann nicht nur ich sein, die verborgene Talente oder unentdeckte Interessen besitzt.« Sie lief auf und ab. »Und ich glaube nicht,
dass auch nur eine von uns sich nicht wie eine Versagerin vorkommt – und sei es nur, weil der Druck so groß ist, dass alles auf eine Ebene höchster und erhabenster Bedeutung gehoben wird. Ein kleiner Fehler, sei es ein falsch geschriebenes Wort oder ein falscher Ton in einem Gesang oder ein falscher Stich in einem Stück Stoff, und es ist, als spürte man die Enttäuschung des gesamten Volkes.«
    Plötzlich konnte sie die Worte nicht mehr zurückhalten. »Du hast ja so Recht. Das hier funktioniert nicht. Unser Daseinszweck ist es, der Jungfrau der Schrift zu dienen, aber es muss doch eine Möglichkeit geben, das zu tun, und gleichzeitig uns selbst zu ehren.« Cormia sah Phury an. »Wenn wir ihre auserwählten Kinder sind, heißt das nicht, dass sie das Beste für uns will? Ist es nicht genau das, was Eltern sich für ihre Kinder wünschen? Wie kann das …« Sie sah sich in dem alles beherrschenden, erstickenden Weiß des Badezimmers um. »Wie kann das hier das Beste sein? Für die meisten von uns ist es eher ein tiefgefrorenes Dasein als ein Leben. Eine Art Scheintod, obwohl unsere Leiber sich bewegen. Wie … kann das das Beste für uns sein?«
    Phurys Augenbrauen sanken herab. »Das ist es nicht. Das ist es verflucht noch mal nicht.«
    Er knüllte das zweite Handtuch in seiner Hand zusammen und schleuderte es auf den Marmorfußboden. Dann riss er sich das Primalsamulett vom Hals.
    Er würde sein Amt niederlegen, dachte sie, gleichzeitig freudig erregt und enttäuscht im Hinblick auf die Zukunft. Er würde sein Amt niederlegen –
    Phury hob das schwere Goldmedaillon an dem Lederband auf, und Cormia stockte der Atem. Der Ausdruck auf seinem Gesicht zeugte von Entschlossenheit und Kraft, nicht von Verantwortungslosigkeit. Das Licht in seinen Augen verriet Pflichtgefühl und Führungsstärke, keine Ausflüchte
und Entschuldigungen. Er stand vor ihr als das gesamte Heiligtum, als

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