Black Dagger 13 - Racheengel
mit brüchiger Stimme dazu aufforderte, hereinzukommen.
Als Rehv eine der Flügeltüren öffnete, hörte er Bella scharf die Luft einsaugen, aber noch viel deutlicher nahm er das Geflecht ihre Gefühle wahr: Traurigkeit und Panik vermengten sich, verstärkten gegenseitig ihre Wirkung, bis sie einen festen Knoten bildeten. Es war ein Gefühlsmuster, das er sonst nur von Beerdigungen kannte. Und war das nicht auf tragische Weise passend?
»Mahmen«, flüsterte Bella und trat ans Bett.
Als Madalina die Arme ausstreckte, leuchtete ihr Gesicht vor Glück. »Meine Lieben, meine geliebten beiden.«
Bella beugte sich herab und küsste ihre Mutter auf die Wange, dann lagerte sie Nalla vorsichtig um. Weil ihre Mutter nicht mehr genug Kraft hatte, die Kleine zu halten, wurde ein Kissen zurechtgelegt, um Nallas Hals und Kopf zu stützen.
Das Lächeln ihrer Mutter war strahlend. »Schaut euch dieses Gesicht an... Sie wird einmal eine große Schönheit werden.« Sie hob eine skelettdünne Hand in Richtung Z.
»Und der stolze Papa, der mit solcher Kraft und Stärke auf seine Frauen aufpasst.«
Zsadist kam ans Bett und nahm die Hand, die sie ihm entgegenstreckte, verbeugte sich und streifte mit der Stirn die Knöchel, wie es zwischen Müttern und Schwiegersöhnen Brauch war. »Ich werde sie stets beschützen.«
»Natürlich. Dessen bin ich mir sicher.« Ihre Mutter lächelte zu dem wilden Krieger auf, der völlig deplatziert wirkte, inmitten all der Spitze, die um das Bett drapiert war – doch dann verließ sie ihre Kraft, und sie ließ den Kopf zur Seite fallen.
»Du bist mein größtes Glück«, flüsterte sie, als sie ihre Enkelin ansah.
Bella setzte sich auf die Bettkante und rieb ihrer Mutter sanft das Knie. Das Schweigen in dem Raum wurde so sanft wie Daunen, webte einen Kokon aus Stille, der sich um sie alle legte und die Spannung löste.
Die Sache hatte nur ein Gutes: Ein sanfter Tod, der zur richtigen Zeit eintrat, war genauso ein Segen wie ein langes, unbeschwertes Leben.
Letzteres war ihrer Mutter nicht vergönnt gewesen. Aber Rehvwürde sein Versprechen halten und dafür sorgen, dass der Friede in diesem Zimmer auch erhalten blieb, wenn sie nicht mehr da war.
Bella beugte sich zu ihrer Tochter und flüsterte: »Schlaf mützchen, wach auf für Granhmen.« «
Als Madalina sanft über die Wange der Kleinen strich, wachte Nalla mit einem Gurren auf. Gelbe Augen, so leuchtend wie Diamanten, konzentrierten sich auf das alte, ebenmäßige Gesicht vor ihr, und das Mädchen lächelte und streckte die Händchen aus. Als der Säugling die Finger ihrer Großmutter umschloss, blickte Madalina über die nächste Generation hinweg zu Rehv. In ihrem Blick lag ein Flehen.
Und er wusste genau, was sie brauchte. Er legte die Faust ans Herz, verbeugte sich unmerklich und erneuerte damit seinen Schwur.
Seine Mutter blinzelte, Tränen zitterten an ihren Wimpern, und die Welle ihrer Dankbarkeit lief über ihn hinweg. Obwohl er die Wärme nicht spürte, ließ sich der leichte Anstieg seiner Körpertemperatur daran festmachen, dass er den Zobelmantel aufklaffen lassen konnte.
Rehv wusste außerdem, was er tun musste, um sein Versprechen zu halten. Ein guter Tod war nicht nur schnell und schmerzlos. Ein guter Tod bedeutete, dass man seine Welt in Ordnung hinterließ, dass man mit der Gewissheit in den Schleier eintrat, dass gut für die Geliebten gesorgt war. Dass sie zwar trauern würden, doch dass man alles Nötige gesagt und getan hatte.
Oder nicht gesagt, in ihrem Fall.
Es war das größte Geschenk, das er seiner Mutter geben konnte, die ihn liebevoller großgezogen hatte, als er es verdient hatte, seine einzige Möglichkeit, die Umstände seiner grausamen Geburt zu einem Teil gutzumachen.
Madalina lächelte und stieß einen langen, dankbaren Seufzer aus.
Und alles war, wie es sein musste.
35
John Matthew erwachte, die H&K auf die sich öffnende Tür am anderen Ende von Xhex’ kahlem Zimmer gerichtet. Sein Herzschlag war so ruhig wie die feste Hand um den Knauf, und selbst als die Lichter angingen, blinzelte er nicht. Sollte ihm nicht gefallen, wer sich da am Schloss und an der Türklinke zu schaffen machte, würde er dem Eindringling eine Kugel in die Brust schießen.
»Cool bleiben«, mahnte Xhex, kam rein und sperrte sie zu zweit ein. »Ich bin’s nur.«
Er legte die Sicherung ein und ließ die Mündung sinken.
»Ich bin beeindruckt«, murmelte sie und lehnte sich an den Türrahmen. »Du erwachst wie ein
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