Black Dagger 14 - Blinder König
selbst sah. Wenn man Glück hatte, war es der Lebensgefährte … und das prägende Erlebnis bestätigte, dass man absolut und hundert Prozent mit dem richtigen Partner zusammen war: Dann berührte einen das Gesagte nicht, weil es aus diesem speziellen Mund kam, sondern weil es stimmte.
Paynes Schlag ins Gesicht hatte ihn aufgeweckt.
George hatte ihm seine Unabhängigkeit wiedergegeben.
Aber Beth hatte ihm seine Krone gereicht.
Denn wenn sie ihn in dieser Stimmung erreichen konnte, bewies sie, dass es möglich war. Man konnte ergründen, was jemand hören musste. Das Herz war die Antwort. Damit hatte sie ihr Argument belegt.
Er hatte den Thron bestiegen und das eine oder andere Gesetz beschlossen. Doch tief im Inneren war er immer noch ein Kämpfer mit einem lästigen Bürojob gewesen. Sein Widerwille hatte ihn reizbar gemacht, und obwohl er sich dessen nicht bewusst war, hatte er jede Nacht nach dem Ausgang geschielt.
Kein Augenlicht. Kein Ausgang.
Und was, wenn das im Grunde … in Ordnung war? Was, wenn diese beschissenen Kalendersprüche stimmten? Eine Tür schloss sich, eine andere tat sich auf? Was, wenn er sein Augenlicht verlieren musste, um … der wahre König des Vampirvolkes zu sein?
Nicht nur ein Sohn, der sich den Verpflichtungen seiner Erbschaft fügt?
Wenn es stimmte, dass der Verlust des Sehvermögens die anderen Sinne schärfte, war es bei ihm vielleicht das Herz. Und wenn das stimmte …
» Die Zukunft « , flüsterte Beth, » liegt in deinen Augen. «
Wrath drückte seine Shellan an sich, so dass er sie mit seinem Körper umschloss. Als sie zusammengedrängt dastanden, geschützt gegen den Winterwind, wurde seine innere Dunkelheit von einem warmen Leuchten durchbrochen.
Ihre Liebe war das Licht in seiner Blindheit. Sie zu fühlen war der Himmel, den er nicht sehen musste, um ihn zu kennen. Und wenn sie ihm so sehr vertraute, war sie auch sein Mut und seine Entschlusskraft.
» Danke, dass du bei mir geblieben bist « , sagte er heiser in ihr langes Haar.
» Nirgends wäre ich lieber. « Sie legte den Kopf an seine Brust. » Du bist mein Mann. «
32
Als sich Ehlena zusammen mit den Brüdern in den Norden materialisierte, musste sie ständig an Bella denken. Die Frau hatte merkwürdig durchscheinend gewirkt, als sie da in der großen, vornehmen Eingangshalle stand, umgeben von den schwer bewaffneten Männern. Ihre Augen waren leer gewesen und ihre Wangen blass und hohl, als hätte man ihren Willen auf eine grässliche Probe gestellt.
Trotzdem wollte sie ihren Bruder zurück.
Lügen funktionierten immer auf die gleiche Art und Weise: Die objektive Wahrheit wurde verdreht, verdeckt oder schlicht übertüncht, mit der Absicht zu täuschen. Schwieriger wurde es bei den Motiven hinter den Unwahrheiten. Ehlena dachte daran, was sie getan hatte, um Rehvenge Tabletten zu besorgen. Sie hatte nur die besten Absichten gehabt, und obwohl das ihr Handeln nicht rechtfertigte oder sie vor verdienten Konsequenzen bewahrte, hatte sie zumindest nicht aus Boshaftigkeit gehandelt. Bei Rehvenge war es das Gleiche. Sein Handeln konnte nicht gerechtfertigt werden, aber er hatte Ehlena und seine Schwester und andere beschützt, so wie es das Alte Gesetz gebot.
Aus diesem Grund vergab Ehlena Rehvenge – und sie hoffte, seine Schwester würde es auch tun.
Natürlich hieß das nicht, dass Ehlena mit diesem Mann zusammenkommen würde – dass Rehv ihr Hellren war, hatte sie nur gesagt, um mit in die Kolonie zu kommen. Es hatte nichts zu bedeuten. Außerdem, wer wusste, ob sie überhaupt in einem Stück zurück nach Caldwell kamen.
Die heutige Nacht konnte leicht einige Leben kosten.
Ehlena und die Brüder nahmen im Windschatten eines dichten Kiefernwäldchens Gestalt an, an einem geschützten Punkt, den Xhex nach einer Erkundung der Gegend ausgewählt hatte. Vor ihnen lag, wie von Xhex beschrieben, ein malerisches weißes Farmhaus mit einem Schild TAOISTischer klosterorden GEgr . 1982 .
Von außen betrachtet war schwer vorstellbar, das innerhalb der schmucken weißen Schindelwände etwas anderes vorging als das Einkochen von Marmelade oder das Nähen von Patchworkdecken. Noch schwerer war vorstellbar, dass dieses entzückende Haus der Eingang zur Kolonie der Symphathen war. Dennoch fühlte sich irgendwie alles falsch an, als läge ein Kraftfeld des Schreckens auf dem einladenden Anblick.
Ehlena blickte sich um. Sie spürte Rehvs Nähe. Kurz bevor Xhex sprach, richtete sie den Blick auf ein
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