Black Dagger 14 - Blinder König
Seinen Vater hatte es nicht gestört, zu Hause auf dem Thron sitzen zu bleiben.
Wrath fraß es regelrecht von innen auf.
Nach einer kurzen Verabschiedung gingen die Brüder und die Frauen, und ihre Tritte hallten auf dem Mosaik.
Die Tür der Eingangshalle schloss sich.
Beth nahm seine freie Hand. » Wie geht es dir? «
Ihre gepresste Stimme verriet, dass sie nur zu genau wusste, wie ihm zumute war, aber er nahm ihr die Frage nicht übel. Sie war betroffen und besorgt, genau wie er es an ihrer Stelle gewesen wäre, und manchmal konnte man eben nicht mehr tun, als zu fragen.
» Es ging mir schon besser. « Er zog sie an sich, und als sie sich an ihn schmiegte, schob George seinen Kopf dazwischen, um sich streicheln zu lassen.
Doch selbst mit diesen beiden war Wrath einsam.
Als er so in der großen Eingangshalle stand, deren Farben und Pracht er nicht mehr sehen konnte, hatte er das Gefühl, genau da gelandet zu sein, wo er niemals hingewollt hatte: Als er sich in den Kampf gestürzt hatte, obwohl ihm das als König untersagt war, war es nicht nur um den Krieg und sein Volk gegangen, sondern auch um ihn. Er wollte mehr sein, als ein König, der Dokumente auf seinem Schreibtisch hin und her schob.
Doch anscheinend war sein Schicksal festgelegt und wild entschlossen, ihn an diesen Thron zu ketten, egal, mit welchen Mitteln.
Er drückte Beths Hand, dann ließ er los und gab George den Befehl, geradeaus zu laufen. Zusammen gingen sie in den Eingangsflur und durch eine Reihe von Türen bis vor das Haus.
Wrath stand im Hof, das Gesicht in den kalten Wind gedreht, der in sein Haar fuhr und es nach hinten blies. Er atmete ein und roch Schnee, fühlte jedoch nichts auf den Wangen. Das Unwetter kündigte sich wohl erst an.
George setzte sich neben ihn, als Wrath den Himmel absuchte, den er nicht sehen konnte. Wenn es bald schneien würde, war es dann wohl schon bewölkt? Oder sah man noch die Sterne? In welcher Phase war der Mond?
Das Sehnen in seiner Brust trieb ihn dazu, die Augen anzustrengen, um irgendwelche Umrisse in der Welt zu erkennen. Früher hatte es funktioniert … er hatte Kopfschmerzen davon bekommen, aber es hatte funktioniert.
Jetzt bekam er einfach nur die Kopfschmerzen.
Hinter ihm sagte Beth: » Soll ich dir eine Jacke bringen? «
Er lächelte leicht und blickte über die Schulter. Er stellte sich vor, wie sie in der großen Tür des Hauses stand, umrahmt vom Leuchten der Lichter drinnen.
» Weißt du « , meinte er, » darum liebe ich dich so. «
Ihr Ton war herzerweichend warm. » Wie meinst du das? «
» Du bittest mich nicht reinzukommen, weil es kalt ist. Du willst es mir nur dort angenehmer machen, wo ich stehe. « Er drehte sich ganz zu ihr um. » Manchmal verstehe ich nicht, dass du noch bei mir bist. Nach all dem Mist … « Er deutete auf das Haus. » Die ständigen Unterbrechungen durch die Bruderschaft, die Kämpfe, das Königsamt. Dass ich ein Arschloch bin und dir Sachen verschweige. « Er tippte an seine Panoramabrille. » Die Blindheit … ich schwöre, du bist auf dem besten Weg, heiliggesprochen zu werden. «
Als sie zu ihm kam, wurde der Geruch von nachtblühenden Rosen trotz des starken Windes stärker. » Das ist es nicht. «
Sie berührte seine Wangen, doch als er sich zu ihr hinunterbeugte, um sie zu küssen, hielt sie ihn auf. Sie hielt sein Gesicht fest, schob die Sonnenbrille fort und strich mit der freien Hand über seine Brauen.
» Ich bleibe bei dir, weil ich in deinen Augen die Zukunft sehe, ob blind oder nicht. « Seine Lider flatterten, als sie sanft über die Wurzel seiner Nase strich. » Meine. Die der Bruderschaft. Die des ganzen Vampirvolkes … deine Augen sind so schön. Und für mich bist du jetzt noch tapferer als zuvor. Du brauchst nicht mit den Händen zu kämpfen, um Mut zu beweisen. Oder der König zu sein, den wir brauchen. Oder mein Hellren. « Sie legte ihm die Hand auf die breite Brust. » Von hier aus lebst und führst du. Von diesem Herz aus … hier. «
Wrath musste blinzeln.
Merkwürdig, prägende Erlebnisse kamen nicht immer nach Plan und nicht immer erwartet. Sicher, die Transition verwandelte eine Memme in einen Mann. Und wenn man sich vereinigte, wurde man Teil eines Ganzen und war nicht länger allein. Durch Todesfälle und Geburten sah man die Welt in einem anderen Licht.
Aber ab und an drang völlig unerwartet jemand an diesen stillen Ort vor, an den man sich sonst nur alleine zurückzog, und veränderte die Art, wie man sich
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