Black Dagger 14 - Blinder König
was bei dieser Sache rauskommen würde.
Ehlena blieb stehen. Auf einmal war sie zu müde für das ewige Kreisen. Doch das war keine gute Idee. Sobald sie stehen blieb, wanderten ihre Gedanken zu Rehv, also lief sie auf ihren kalten Füßen weiter. Ehlena wünschte niemand den Tod, aber sie war fast froh, dass Montrag gestorben war und diesen Wirbel durch die Erbschaftsgeschichte ausgelöst hatte. Ohne diese Ablenkung würde sie jetzt den Verstand verlieren, dessen war sie sich sicher.
Rehv …
Als sie sich müde um das Fußende ihres Bettes schleppte, fiel ihr Blick auf die Überdecke. Dort lag das Manuskript ihres Vaters, fast genauso friedlich und still wie er selbst. Sie dachte an das, was er zu Papier gebracht hatte. Jetzt verstand sie, was er meinte. Man hatte ihn betrogen und hintergangen, ähnlich wie sie. Er hatte dem Anschein von Ehrlichkeit vertraut und war in die Irre geführt worden, weil er selbst nicht in der Lage war, so kalt und grausam berechnend zu handeln wie andere. Das Gleiche galt für sie. Würde sie je wieder auf ihre Kenntnis anderer Personen vertrauen?
Auf einmal befiel sie Angst. Wo lag die Wahrheit in Rehvs Lügen? Hatte es auch nur einen Funken davon gegeben? Erinnerungen flackerten vor ihrem geistigen Auge auf, und Ehlena prüfte sie darauf, wo die Trennung zwischen Illusion und Wirklichkeit lag. Sie musste mehr erfahren … dummerweise war der Einzige, der ihr ein klares Bild verschaffen konnte, ein Kerl, den sie nie wiedersehen würde.
Ehlena sah eine Zukunft voll nagender, unbeantworteter Fragen vor sich. Zitternd führte sie die Hände ans Gesicht und strich sich das Haar zurück. Mit festem Griff zog sie daran, als könnte sie dadurch ihre aufgescheuchten Gedanken aus dem Kopf ziehen.
Hilfe! Was, wenn Rehvs Betrug bei ihr den Wahnsinn auslöste, so wie der finanzielle Ruin den ihres Vaters ausgelöst hatte? Was, wenn sie darüber den Verstand verlor?
Und das war schon der zweite Mann, der sie hintergangen hatte, nicht wahr? Ihr Verlobter hatte etwas ganz Ähnliches abgezogen – mit dem einzigen Unterschied, dass er alle außer ihr angelogen hatte.
Man hätte meinen können, dass sie ihre Lektion bezüglich des Vertrauens gelernt hatte. Offensichtlich war dem nicht so.
Ehlena stellte ihre Wanderung ein und wartete auf … Hölle, sie wusste nicht, worauf. Dass ihr Kopf explodierte oder so etwas.
Er tat es nicht. Und das Haareziehen brachte auch nichts. Der einzige Effekt waren Kopfschmerzen und eine Vin Diesel-Frisur.
Als sie sich vom Bett abwandte, fiel ihr Blick auf ihren Laptop.
Mit einem Fluch setzte sich vor den Dell. Sie entließ ihr Haar aus dem Todesgriff, legte einen Finger auf das Touchpad und vertrieb den Bildschirmschoner.
Internet Explorer. Favoriten: www.CaldwellCourierJournal.com.
Was sie brauchte, war eine ordentliche Portion Realität. Rehv gehörte der Vergangenheit an, und die Zukunft lag nicht bei einem todschick gekleideten Anwalt mit einer hübschen Idee. Im Moment war ein neuer Job die einzige Sicherheit: Sollten Saxton und seine Dokumente versagen, säßen sie und ihr Vater in weniger als einem Monat auf der Straße, wenn sie keine Arbeit fand.
Und das war kein Bluff und keine Sinnestäuschung.
Als sich die Website des Caldwell Courier Journal lud, betete sie sich vor, dass sie nicht ihr Vater war, und dass sie mit Rehv nicht länger als einige Tage zu tun gehabt hatte. Ja, er hatte sie belogen. Aber er war ein durchgestylter supersexy Aufschneider und sie hätte ihm von vorneherein nicht trauen sollen.
Fies von ihm, naiv von ihr. Und obwohl die Erkenntnis, dass man sie für dumm verkauft hatte, kein Anlass zum Fahnenschwenken und Jubeln war, fiel sie doch lieber auf einen Blender herein, als den Verstand zu verlieren.
Ehlena runzelte die Stirn und beugte sich näher an den Bildschirm heran. Der Aufmacher der neuen Ausgabe waren Bilder eines zerbombten Gebäudes. Die Schlagzeile lautete: Explosion – Club wird Erdboden gleichgemacht. Etwas kleiner stand darunter: Ist das ZeroSum das jüngste Opfer im Drogenkrieg?
Ehlena las den Artikel mit angehaltenem Atem. Die Polizei ermittelte. Im Moment gab es noch keine Klarheit, ob zur Zeit der Explosion noch jemand im Gebäude gewesen war. Es bestand Verdacht auf mehrere Detonationen.
In einer Spalte rechts standen vier Tote, die in der vergangenen Woche in Caldwell gefunden worden waren. Alles vermeintliche Drogendealer. Alle auf professionelle Weise umgebracht. Die Polizei untersuchte die Morde.
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