Black Dagger 16 - Mondschwur
hatte es ja noch nicht einmal die Guitar Hero World Tour gegeben.
Die Sache war die: Er und Blay waren bislang immer auf einer Augenhöhe gewesen, und in Qhuinns Welt, in der ihn jedermann hasste, war es etwas Besonderes, dass ihn jemand verstand und so akzeptierte, wie er war … Das hatte wie ein warmer Sonnenstrahl am eiskalten Nordpol gewirkt.
Aber jetzt … war es schwer zu verstehen, wie sie sich früher hatten so nahe sein können und jetzt auf einmal getrennte Wege gingen … Früher hatten sie alles geteilt, jetzt war diese Gemeinsamkeit auf ihren Feind beschränkt – und selbst da musste sich Qhuinn an John halten und war nicht Blays Partner.
Verdammt! Der Erwachsene in ihm erkannte, dass es eben manchmal so lief. Aber das Kind in ihm trauerte um den Verlust mehr als …
Ein unvermitteltes Klicken und das Öffnen einer anderen Balkontür unterbrachen Qhuinns Gedanken.
Aus einem dunklen Zimmer, das nicht sein eigenes war, trat Blay hinaus auf die Terrasse. Er trug einen schwarzen Morgenmantel aus Seide und war barfuß, sein Haar noch feucht von der Dusche. An seinem Nacken waren deutlich Bissspuren zu erkennen.
Er blieb stehen, als Qhuinn von der Balustrade zurücktrat.
»Oh … hallo!«, meinte Blay und warf sofort einen Blick über die Schulter, als ob er sich vergewissern wollte, dass er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Saxton war da drinnen, dachte Qhuinn. Und er schlief auf Laken, die die beiden zuvor ordentlich zerwühlt hatten.
»Ich wollte gerade wieder hineingehen«, meinte Qhuinn und wies mit dem Daumen über die Schulter. »Es ist zu kalt, um lange hier draußen zu bleiben.«
Blay verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete die Aussicht. »Ja, es ist recht kühl.«
Einen Augenblick später trat Blay an die Balustrade, und der Duft seiner Seife stahl sich in Qhuinns Nase.
Keiner von ihnen bewegte sich.
Bevor er hineinging, räusperte sich Qhuinn und sprang sprichwörtlich von der Brücke: »War es okay? Hat er dich gut behandelt?«
Gott, klang seine Stimme heiser!
Blay holte tief Luft. Dann nickte er. »Ja. Es war gut. Es war … richtig.«
Qhuinns Augen schweiften von seinem Kumpel ab –
und maßen wie zufällig den Abstand zwischen der Balustrade und der Steinterrasse im Erdgeschoss. Hmmmm … ein Kopfsprung auf die Schieferplatten wäre vielleicht genau das Richtige, um die Bilder von den beiden aus seinem Kopf zu verbannen.
Natürlich würde er sich dabei den Schädel zu Brei schlagen. Aber wäre das denn wirklich so schlimm?
Saxton und Blay … Blay und Saxton …
Scheiß drauf, dachte er nach längerem Schweigen. »Ich bin froh, dass du … glücklich bist.«
Blay sagte nichts dazu, sondern murmelte: »Er ist dir übrigens dankbar für das, was du getan hast. Es sei vielleicht etwas übertrieben gewesen, aber … er meinte, du hättest dich insgeheim schon immer sehr ritterlich verhalten.«
Oh ja, total. Ritterlichkeit war quasi sein zweiter Vorname.
Was der Kerl wohl denken würde, wenn er wüsste, dass Qhuinn ihn am liebsten an seinen goldenen Haaren aus dem Haus schleifen, auf dem Kies neben dem Springbrunnen ablegen und dann mehrmals mit dem Geländewagen überrollen wollte?
Tatsächlich war Kies dafür aber nicht die passende Unterlage. Es wäre besser, mit dem Hummer in die Eingangshalle zu fahren und es dort zu tun. Für solch eine Aktion brauchte man nämlich eine möglichst harte Unterlage unter dem Körper – wie ein Schneidbrett zum Schnitzelklopfen.
Er ist dein Cousin, verdammt nochmal, erinnerte ihn eine leise Stimme in seinem Inneren.
Na und?, entgegnete sein anderes Ich.
Bevor er vollständig durchdrehte und eine multiple Persönlichkeitsstörung entwickelte, trat er von der Balustrade zurück – und von allen Gedanken an Selbstmord.
»Tja, ich verschwinde dann mal besser. Ich gehe mit John und Xhex hinaus.«
»Ich bin in zehn Minuten unten. Muss mich nur noch schnell umziehen.«
Als Qhuinn das attraktive Gesicht seines besten Freundes betrachtete, hatte er den Eindruck, dass es nie eine Zeit gegeben hatte, in der ihm das rote Haar, die blauen Augen, diese Lippen und dieses Kinn nicht vertraut gewesen waren. Und wegen ihrer langen gemeinsamen Geschichte suchte er nach etwas, das er sagen konnte. Etwas, das sie wieder dorthin zurückbrachte, wo sie einmal gewesen waren.
Aber alles, was ihm einfiel, war … Ich vermisse dich. Ich vermisse dich so sehr, dass es wehtut. Aber ich weiß nicht, wie ich zu dir finden kann, obwohl du
Weitere Kostenlose Bücher