Black Dagger 19 - Liebesmond
Bewegungen brachte sie das Wasser zum Kreisen und stellte sich Tohrments Rücken so lebhaft vor, wie sie konnte.
Bald schon entspann sich dort eine Geschichte in bewegenden Bildern voller Farbe, Leben und Liebe.
Sie war nie auf die Idee gekommen, die Schalen nach ihm und seinem Schicksal zu befragen. Bei ihren wenigen Besuchen in diesem Tempel hatte sie nach dem Werdegang ihrer Familie und dem Lebensweg ihrer Tochter gesucht. Doch jetzt erkannte sie, dass es zu schmerzhaft für sie gewesen wäre, nach den beiden Kriegern zu sehen, die sie aufgenommen und beschützt hatten.
Mit ihrem finalen, feigen Akt hatte sie die beiden betrogen.
Auf der Wasseroberfläche sah sie Tohrment mit einer großen rothaarigen Vampirin – sie tanzten Walzer, sie in diesem roten Kleid, er mit nacktem Oberkörper, sodass man das frische Opfer sah: ihr Name in der Alten Sprache auf seinem Rücken. Er war ein frisch gebundener Vampir, überglücklich und verliebt, und strahlte wie der Polarstern.
Andere Szenen folgten und durchzogen die Jahre, von der Zeit, in der alles neu für die beiden war, bis hin zur Behaglichkeit, die mit der Vertrautheit einzog. Aus kleinen Behausungen wurden größere, es gab gute Zeiten, in denen sie gemeinsam lachten, und schlechte Zeiten mit Streit.
Sie hatten das Schönste besessen, was das Leben zu bieten hatte: einen Gefährten, den sie liebten und der die Liebe erwiderte, jemand, der dem Leben und der verstreichenden Zeit eine Bedeutung verlieh.
Und dann eine andere Szene.
Wellesandra stand in der Küche, einer sehr hübschen, funkelnden Küche, vor einem Herd. Auf der Platte stand eine Pfanne mit Fleisch, und in der Hand hielt sie einen Pfannenwender. Doch sie sah nicht hinab. Ihr Blick verlor sich im Nirgendwo, während langsam Rauch aufstieg.
Tohrment erschien in der Tür. Er rief ihren Namen und schnappte sich ein Geschirrtuch, stellte sich unter ein kleines, rundes Ding in der Decke und wedelte energisch darunter herum, während er die Schultern einzog, als würden ihm die Ohren wehtun.
Am Herd riss sich Wellesandra aus ihrer Trance und stieß die brennende Pfanne von der rot glühenden Heizspirale. Sie begann zu sprechen, und obwohl es keinen Klang zum Bild gab, war offensichtlich, dass sie sich entschuldigte.
Nachdem sich alles gelegt und beruhigt hatte und nichts mehr brannte, lehnte sich Tohrment an die Theke und sprach eine Weile. Dann verstummte er.
Es dauerte geraume Zeit, bis Wellesandra antwortete. In den vorhergehenden Bildern ihres Lebens hatte sie immer selbstbewusst und offen gewirkt … jetzt schien sie etwas zu verbergen.
Als sie nichts mehr zu sagen hatte, presste sie die Lippen aufeinander und sah ihren Hellren durchdringend an.
Tohrments Arme lösten sich aus der Verschränkung, bis sie schlaff an ihm herabhingen, und auch sein Mund klappte nach und nach auf. Er blinzelte wiederholt, seine Augen gingen auf und zu, auf und zu, auf und zu …
Als er sich schließlich bewegte, tat er es mit einer Anmut, als hätte er sich sämtliche Knochen gebrochen: Er taumelte auf sie zu und fiel vor ihr auf die Knie. Dann streckte er zitternd die Hände nach ihr aus und berührte ihren Bauch, während Tränen in seinen Augen aufstiegen.
Er sagte kein Wort. Er zog seine Shellan an sich, umfing mit großen, starken Armen ihre Taille und legte seine nasse Wange an ihren Schoß.
Über ihm begann Wellesandra zu lächeln … nein, vielmehr zu strahlen.
Doch Tohrs Gesicht an ihrem Bauch war schreckverzerrt. Als hätte er schon damals geahnt, dass diese Schwangerschaft, über die sie sich so freute, ihr Untergang sein würde …
» Habe ich mir doch gedacht, dass ich dich auf dieser Seite finde.«
No’One wirbelte so heftig herum, dass Wasser aus der Schale auf ihre Robe schwappte und das Bild zerstörte.
Tohrment stand in der Tür, als hätte ihn ihr Eindringen in sein Privatleben heraufbeschworen, damit er beschützen konnte, was rechtmäßig ihm gehörte. Seine Wut war verflogen, doch selbst jetzt noch hatte sein ausgezehrtes Gesicht keine Ähnlichkeit mit dem, das sie gerade in der Schale gesehen hatte.
» Ich bin gekommen, um mich zu entschuldigen«, erklärte er.
Sie stellte die Schale behutsam zurück und sah zu, wie sich das wellige Wasser langsam beruhigte und wie von Geisterhand wieder auf den alten Pegel anstieg, gespeist aus einer unbekannten, unsichtbaren Quelle.
» Ich wollte warten, bis ich etwas ausgenüchtert bin …«
» Ich habe Euch beobachtet«, gestand sie. » In
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