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Black Dagger 20 - Schattentraum

Black Dagger 20 - Schattentraum

Titel: Black Dagger 20 - Schattentraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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Moleküle verteilten, hatte John das Gefühl, es hätte irgendein Schlusswort oder einen Austausch geben sollen, etwas Gewichtiges, eine große, unvergessliche Geste, ein feierliches … Irgendwas.
    Aber der Heilungsprozess ging im Gegensatz zum eigentlichen Trauma wohl eher sanft und langsam vonstatten …
    Wie eine Tür, die sich leise schließt und nicht mit einem Knall.

33
    Ein paar Nächte nach ihrem Einzug bei Xhex änderte ein Handtuch alles.
    Es war ein schlichtes weißes Handtuch, das frisch aus dem Trockner kam und zurück ins obere Bad gehängt werden sollte, wo sie oder Xhex es benutzen würden. Nichts Außergewöhnliches. Nichts, mit dem Autumn im Haus der Bruderschaft oder im Heiligtum im Laufe unzähliger Jahrzehnte nicht schon zigmal zu tun gehabt hätte.
    Aber das war der Punkt.
    Als sie es in Händen hielt und den warmen Frotteestoff fühlte, musste sie plötzlich an all die Wäsche denken, die sie gewaschen hatte. Und an all die Tabletts, auf denen sie den Auserwählten Speisen gebracht hatte. Und an die Betten, die sie bezogen hatte. Und an die Stapel von Krankenhaushemden, Arztkitteln, Handtüchern …
    An all die Jahre der Hausarbeit, die sie voller Stolz verrichtet hatte …
    Du hast dich jahrhundertelang zur Märtyrerin gemacht.
    »H abe ich nicht.« Sie faltete das Handtuch erneut. Und klappte es wieder auf.
    Während sich ihre Hände beschäftigten, wollte Tohrs wütende Stimme einfach nicht verstummen. Im Gegenteil, sie dröhnte immer lauter in ihrem Kopf, als ihr Blick auf die glänzenden Böden fiel, die sie gewienert hatte, die geputzten Fenster, die strahlende Küche.
    Dieser Symphath war deine Schuld. Ich bin deine Schuld. Die ganze Last der Welt, alles ist deine Schuld …
    »H ör auf!«, fauchte sie und hielt sich die Ohren zu. »H ör endlich auf!«
    Doch ihr Wunsch blieb unerfüllt. Und als sie nun in dem kleinen Haus umherhinkte, war sie nicht nur gefangen von Wänden und Dach, sondern auch von Tohrments Stimme.
    Denn dummerweise sah sie auf Schritt und Tritt etwas, das sie geschrubbt, geradegezogen oder zurechtgeklopft hatte. Und ihre Pläne für die Nacht waren in die gleiche Richtung gegangen, obwohl es keinen sichtbaren Bedarf für weiteres Saubermachen gab.
    Schließlich zwang sie sich, in einem der beiden Sessel Platz zu nehmen, die auf den Fluss hinausblickten. Sie streckte die Beine aus und betrachtete ihre Wade, die schon so lange nicht mehr schön anzusehen war und sie nicht mehr zuverlässig stützte.
    Du findest Gefallen an der Opferrolle – das ist dein ganzer Lebenszweck.
    Drei Nächte, dachte sie. Es hatte drei Nächte gedauert, um hier einzuziehen und in die Rolle des Zimmermädchens zu schlüpfen …
    Genau genommen stimmte das nicht. Sie hatte gleich nach dem Aufstehen am ersten Abend damit angefangen.
    Sie saß alleine da, atmete den Zitronenduft von Möbelpolitur ein und verspürte den überwältigenden Drang, aufzustehen, sich einen Lappen zu schnappen und Tischplatten und Arbeitsflächen zu attackieren. Sie kam nicht dagegen an.
    Mit einem Fluch zwang sie sich, sitzen zu bleiben, während diese schreckliche Unterhaltung mit Tohrment immer wieder in ihrem Kopf ablief …
    Nachdem er gegangen war, hatte sie erst einmal unter Schock gestanden. Danach waren gigantische Wellen der Wut über sie hinweggebrandet.
    Erst in dieser Nacht vernahm sie zum ersten Mal deutlich seine Worte. Und da sie von Beweisen ihres Verhaltens umgeben war, ließen sie sich kaum von der Hand weisen.
    Er hatte recht. So grausam er diese Wahrheit formuliert hatte, Tohrment hatte recht.
    Obwohl sie es als Dienst an anderen verschleiert hatte, waren ihre »P flichten« weniger Sühne als Selbstkasteiung gewesen. Jedes Mal, wenn sie anderen hinterhergeputzt hatte oder den Kopf unter der Kapuze gesenkt hielt oder davongeeilt war, um nicht bemerkt zu werden, hatte es einen kurzen, befriedigenden Stich in ihrem Herzen gegeben, eine kleine Wunde, die fast genauso schnell verheilte, wie sie entstand …
    Zehntausend Stiche in unzähligen Jahren.
    Eigentlich hatte sie nie eine Auserwählte dazu aufgefordert, ihr hinterherzuputzen. Auch die Jungfrau der Schrift nicht. Autumn hatte es aus eigenem Antrieb getan, hatte aus freien Stücken das Los der wertlosen Dienerin gewählt und über Millennien den Rücken gebeugt und gebuckelt.
    Und alles wegen …
    Ein Bild des Symphathen blitzte vor ihrem geistigen Auge auf, und einen kurzen Moment lang flammte die Erinnerung an seinen Geruch empor, daran,

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