Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
auch ohne den Dämon ein ganz schönes Kraftpaket gewesen.
Ich konnte nirgendwo Wunden oder Narben an Castellos Körper erkennen. Im Laufe der letzten paar Tage hatte er wohl einen ziemlich umfangreichen Heilungsprozess über sich ergehen lassen müssen. Nach dem Anschlag war er zu Adam gegangen und hatte sich selbst gestellt. Adam hatte Fotos von seinen Verletzungen gemacht und diese in der Zwischenzeit auch mir gezeigt. Ein Anblick, auf den ich gerne verzichtet hätte.
Den Wachleuten des Sicherheitscenters gefiel es nicht gerade, dass Adam mit in den Hinrichtungsraum kam, aber es gab nicht viel, was sie dagegen unternehmen konnten. Er war der ranghöchste Beamte im Raum. Auch mir gefiel nicht, dass er einen Stuhl heranrückte und Dominics Hand nahm, während ich die Kerzen im Raum verteilte. Für meinen Geschmack erweckte er damit etwas zu sehr den Anschein, als fiele Castello bei der ganzen Prozedur die Rolle des bemitleidenswerten Opfers zu – und mir die des böswilligen Täters.
Ich versuchte, einen halbwegs freien Kopf zu bekommen, während ich meinen Platz auf der anderen Seite des Tisches einnahm. Castello sah nicht einmal zu mir hin, sondern blickte unverwandt Adam an. »Kümmere dich um Dominic«, sagte er, und ich runzelte verwirrt die Stirn, bis ich begriff, dass diese Worte aus dem Mund des Dämons gekommen waren, der damit Adam bat, sich um seinen Wirt zu kümmern. Wie intensiv sie sich gegenseitig in die Augen sahen, schien mir darauf hinzudeuten, dass die beiden mehr verband als nur Freundschaft. Auch glaubte ich an dem Schmerz in der Stimme des Dämons zu erkennen, dass ihm das Schicksal seines Wirts ehrlich am Herzen lag. Aber ich hatte mich um meinen eigenen Kram zu kümmern.
Die Austreibung verlief problemlos. Castello gab weder Schmerzenschreie noch wilde Flüche von sich, und es gelang mir schon gleich beim ersten Versuch, die Aura seines Dämons in alle Winde zu zerstreuen.
Als ich die Augen wieder öffnete, lag Castello – jetzt ohne Dämon – weinend auf dem Tisch und hielt immer noch Adams Hand umklammert. Seine Tränen deuteten darauf hin, dass sein Gehirn noch normal funktionierte. Aber während die Wachleute ihn von seinen Fesseln befreiten, überprüfte ich trotzdem vorsichtshalber seinen Geisteszustand.
»Wissen Sie, wer Sie sind?«, fragte ich. Ich beugte mich dabei über ihn und versuchte, so leise und sanft wie möglich zu sprechen. Aber sanft und leise krieg ich in der Regel nicht so gut hin. Überrascht Sie jetzt nicht wirklich, oder?
Er sah mich aus verweinten, todtraurigen Augen an. »Er hat nichts Böses getan. Er wollte sich nur verteidigen. Und ihr habt ihn dafür getötet.«
Ja, er wusste eindeutig, wer er war und was um ihn herum vorging. Noch nie hatte ich mich dermaßen schuldig gefühlt, weil ich jemanden von einem Dämon befreit hatte.
»Tut mir leid«, sagte ich mit einem Kloß im Hals.
Castellos Oberkörper war jetzt von den Fesseln befreit. Er setzte sich auf und schien noch etwas sagen zu wollen. Aber Adam erhob sich von seinem Stuhl und setzte sich neben seinen Freund auf die Tischkante. Oder war Castello jetzt nur noch mit Adams Wirt befreundet? Das war mir alles zu kompliziert. Ich beschloss, mir keine unnötigen Gedanken mehr über die ganze Sache zu machen.
»Sie hat nur ihre Pflicht getan«, sagte Adam. Er hatte leise und sanft viel besser drauf als ich, was mich in Anbetracht seiner sonstigen Art ziemlich überraschte. »Bei allem, was wir tun, müssen wir uns stets an die Gesetze halten. Selbst wenn die Gesetze falsch sind.«
Die letzte Bemerkung war an mich gerichtet, aber es gelang mir, die bissige Replik, die mir sofort dazu einfiel, für mich zu behalten. Dies schien mir weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt zu sein, um eine Diskussion über die Stellung der Dämonen in der amerikanischen Gesellschaft vom Zaun zu brechen.
Castello gab einen lauten Seufzer von sich. Adam wiegte ihn sanft in den Armen wie ein kleines Kind.
Ich machte mich so schnell ich konnte vom Acker und wünschte mir inständig, Adam hätte jemand anderen für diese Austreibung engagiert.
Meine Laune besserte sich, als ich mich mit Brian zum Abendessen traf. Es ist allerdings auch nicht schwer, bessere Laune zu bekommen, wenn dir dein Freund die Tür aufmacht und dabei nichts außer einer lustigen kleinen Fliege am Körper trägt und eine langstielige weiße Rose zwischen den Zähnen hat.
Ich schlüpfte grinsend in sein Apartment und drückte die Tür
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