Black, Jenna - Die Exorzistin Bd. 1 - Dämonenkuss
erste Schock abzuklingen begann, gab ich mir Mühe, wenigstens dafür ein wenig dankbar zu sein.
Die Polizei traf kurz nach der Feuerwehr am Schauplatz ein. Da ich aus einem Fenster auf der Rückseite des Hauses geklettert war, hatte ich das brennende Kreuz in meinem Vorgarten zunächst nicht bemerkt. Gottes Zorn stimmte mit dem Ku-Klux-Klan darin überein, dass ein brennendes Kreuz eine fabelhafte Visitenkarte abgab.
Nun könnte man sich natürlich fragen, warum Gottes Zorn ausgerechnet das Haus eines Exorzisten niederbrannte? Eigentlich sollten wir doch beide auf derselben Seite stehen, richtig?
Falsch, laut Gottes Zorn. Diese Kameraden sind der Meinung, dass wir Exorzisten zu lax gegenüber Dämonen eingestellt sind, weil wir nicht auch deren Wirte ins Visier nehmen. Sie stehen tierisch darauf, Leute zu verbrennen, und wir verderben ihnen den Spaß. So, wie sie die Sache sehen, verdient der menschliche Wirt eines Dämons genauso den Tod wie der Dämon selbst – sogar solche Wirte, die gegen ihren Willen von einem Dämon in Besitz genommen wurden. Der Ansicht von Gottes Zorn zufolge können sich die Abgesandten Satans nur in solchen Menschen einnisten, die sowieso schon von Grund auf böse sind. Der Verein war schlimmer als die Kreuzzüge und die Spanische Inquisition zusammen.
Die Nachbarn kamen aus ihren Häusern gelaufen, um sich die Show anzusehen, während ich bei den Leuten vom Notfalldienst saß, Sauerstoff tankte und mir inständig wünschte, meine Füße würden abfallen, damit ich sie nicht mehr spüren musste. Als die Sanitäter mir endlich erlaubten, die Sauerstoffmaske abzunehmen, brachte mir meine Nachbarin Mrs Moore ein Handy, damit ich Brian anrufen konnte.
Lieber hätte ich die Nacht im Hotel verbracht. Nicht, weil ich nicht bei Brian sein wollte, sondern weil ich eine Heidenangst hatte, ich könnte ihn durch meine Anwesenheit in Gefahr bringen. Sehen Sie, obwohl die Sache auf den ersten Blick nach einem typischen Anschlag von Gottes Zorn aussah, war dabei einfach etwas zu viel Zufall im Spiel. Ich meine, jetzt mal ehrlich: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass erst meine beste Freundin versucht, mich zu tasern, dann mitten in der Nacht bewaffnete Männer in mein Haus einbrechen, mir ein Mord angehängt wird und schließlich Gottes Zorn genau diesen Moment auswählt, um zu versuchen, mich mitsamt meinem Haus in ein Häufchen Asche zu verwandeln?
Ich hoffte inständig, dass der Täter sich mit einem Mordversuch pro Nacht begnügen würde, denn ohne meine Brieftasche konnte ich mir kein Hotelzimmer nehmen. Widerwillig rief ich Brian an. Ich ließ ihn in dem Glauben, die Polizei läge richtig, und der Anschlag sei von Gottes Zorn verübt worden. Nur für heute Nacht. Morgen würde ich ihm sagen, dass ich ernsthaft fürchtete, jemand versuche mich umzubringen, und ihn nicht in irgendetwas mit hineinziehen wollte. Die Unterhaltung würde bestimmt nicht angenehm werden, besonders da ich nicht vorhatte, ihm zu sagen, was vermutlich wirklich dahintersteckte. Ehrlich, ich rechnete nicht damit, dass er mich wegen illegaler Beherbergung eines Dämons anzeigen würde, aber nach seiner Darbietung auf der Polizeiwache kürzlich war ich mir nicht mehr hundertprozentig sicher.
Ich lieh mir etwas von Mrs Moore, was aussah wie eins dieser hawaiianischen Muhmuh-Kleider (ja, ich weiß, dass das nicht die korrekte Schreibweise ist, aber versuchen Sie mal, eins von den Dingern zu tragen, ohne wie eine trächtige Milchkuh auszusehen). Es war besser als mein nasser Schlafanzug, wenn auch nicht viel. Ihr ging es fast bis zu den Knöcheln, mir gerade so bis zu den Knien. Meine Füße (Größe 41, plus Verband) in ihre Schuhe (Größe 37) zu bekommen, musste ich erst gar nicht versuchen.
Ich sah aus wie Hui Buh, das Schlossgespenst, als Brian mich abholen kam. Mein edler Ritter störte sich nicht daran und trug mich trotzdem auf den Armen zum Auto, damit ich nicht auf meinen bandagierten Füßen laufen musste. Er hielt während der gesamten Fahrt meine Hand. Wir redeten kaum ein Wort. Ich starrte nach draußen, wo die Morgendämmerung sich bereits bemerkbar machte, und versuchte meinen Kopf von allen Gedanken freizubekommen, während mir die Tränen aus den Augen liefen und die Wangen kühlten.
Auch als wir bei seinem Apartmentgebäude ankamen, trug Brian mich nach oben. Wäre ich auch nur in halbwegs normaler Verfassung gewesen, hätte ich protestiert. Als wir in seiner Wohnung ankamen, befreite er mich in
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