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Black Jesus

Black Jesus

Titel: Black Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Felice
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für sich und ihren Sohn ausgemalt hatte. Dumm nur, dass ihr niemand gesagt hat, dass dieser Traum keinen Cent wert ist – selbst wenn ihr die Versicherung einen ganzen Trailer mit Schecks schenken sollte. Nicht mal tausend faule Küchenbrände können noch was daran ändern, dass ihr Traum mausetot ist. Unwiderruflich.
    Mit seinem Kleidersack über der Schulter stapft Debbie um die dampfende Kühlerhaube, hilft ihrem Jungen aus dem Auto und führt ihn am Arm zum Eingang. Sie halten an und atmen die kühle Nachtluft. Wind in den Bäumen. Ein schöner, silbriger Mond. Die große Stille in ihrem armseligen kleinen Kaff. Der Geruch von Kiefern und Küchenabfällen. Sie atmen und warten. Noch ein letztes Mal tief durchatmen. Dann berührt sie den kalten Türknauf, dreht ihn und zieht ihren Jungen hinein.
    Innen riecht’s komisch – wie 10000 Tage Zwiebelringe und der vertrocknete Geist des Ketchups. Reinigungsmittel. Abgestandene Limo. Zuckerstreusel. Toter Kühlschrank. Totes Lachen. Der vage Geruch von geronnener Milch – abstoßend und doch irgendwie makellos, prähistorisch und auf verzweifelte Weise rührend. Er taumelt durch diese rauschhaften Gerüche und spürt, wie sich seine Mutter im Dunkeln bewegt. Hört, wie ihre Hände den Lichtschalter finden. Hört, wie die Lampen in dem leeren Raum aufflackern. Hofft, dass sie vielleicht diesmal bis zum Inneren seiner Augen vordringen. Keine Chance.
    Debbie hatte sich eine kleine Rede ausgedacht, die sie genau in diesem Moment halten wollte. Sie wollte ihm sagen, dass er ihr Ein und Alles ist. Dass sie immer seine Zuflucht sein würde, dass sie immer an ihn glauben würde, dass sie sein Augenlicht wäre, wenn er’s denn wünsche. Dass diese Welt eine schlechte sei und es ihr leidtue, ihn dort hineingeboren zu haben, aber dass das alles nur passiert sei, weil sie als Mädchen auch mal Träume gehabt habe. Sie wollte ihm beichten, dass sie den Namen seines Vaters nie erfahren hatte, weil sie ihn einfach nicht wissen wollte, als sie damals in dem heißen Auto saßen, und der Mann nichts weiter war als eine Stimme, ein Geruch und ein schwerer Körper im Dunkeln war. Sie hatte sich alles genau ausgemalt – wie sie ihren Jungen aus der Hölle, in die man ihn geschickt hatte, an den einzigen Ort auf dieser Erde bringen würde, der ihm ein Lächeln auf die Lippen zaubern konnte. Aber als sie die Beleuchtung angeknipst hatte und im kalten Licht seinen Gesichtsausdruck sah, war ihr die ganze Feierlichkeit wie ein nasses, totes Fohlen auf den Boden geklatscht. Also hält sie lieber den Mund. Und würgt die plötzliche Wüste in ihrer Kehle hinunter. Und wartet, bis er selber den Mund aufmacht.
    Als er das tut, sagt er: »Wir sind im Dairy Queen.«
    »Ich hab’s für dich getan.«
    »Hier wohnen wir jetzt?«
    »Ja, hier wohnen wir.«
    »Nur wir?«
    »Nur wir.«
    Draußen pfeift der Wind durch die Kronen der Kiefern.
    »Wo ist denn mein Schlafzimmer?«
    »Oben, auf dem Dachboden.«
    »In dem Taubenschlag?«
    »Der eine nennt’s Taubenschlag, der andere Mansarde.«
    »Ich dachte, es sei nur eine Attrappe.«
    »War’s auch mal.«
    »Ich dachte, dass es dort überhaupt kein Zimmer gibt.«
    »Es war völlig versifft. Ich hab geschrubbt, bis mir der Arm abfiel. Und ich hab ein Bett für dich gefunden. Und den Raum mit Salbei enträuchert.«
    »Was zum Teufel soll das denn?«
    »Irgendein abgefahrenes indianisches Ritual, das mir Joe empfohlen hat.«
    »Joe, der Hilfssheriff?«
    »Man verbrennt nur die Blätter.«
    »Perverser Feuerteufel.«
    »Man tut es, um den Raum zu reinigen.«
    »Reinigen wovon?«
    »Weiß nicht genau. Von bösen Geistern, denk ich mal. Joe ist ja halber Mohikaner. Wir waren seit dem Unfall öfter zusammen. Er war auch der Erste, der beim Brand vor Ort war.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    »Sei nicht so gehässig.«
    Debbie muss grinsen. Es ist lange her, dass sie so miteinander geredet haben. Ein gutes Gefühl, hier in der Stille zu stehen. Es gibt so viele Sachen, die sie ihm sagen möchte. Spar sie dir auf, Debbie. Und frag nicht nach seinen Augen. Sag ihm nur, dass du ihm die Treppe raufhelfen willst.
    »Du musst völlig durch den Wind sein. Warum bringen wir dich nicht nach oben.«
    »Black Jesus.«
    »Wie auch immer.«
    Sie sitzt bei ihm auf der Bettkante und streicht über seine Augenbrauen, dann über das blasse Haar.
    »Ich sag’s noch mal: Hör auf, Ma.«
    »Ich kann nicht.«
    Das Licht der Nachttischlampe fällt auf ihre Gesichter und zeigt

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