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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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hockt und ihn beäugt.
    Womöglich hat der Kerl die Kinder schon in seiner Gewalt, denkt er, während er nach dem silbernen Mikrofon greift und betet, dass es noch funktioniert. Die Kinder sind bestimmt noch am Leben, sagt er sich, denn wenn Bartholomew Young sie als Druckmittel gegen mich einsetzen will, müssen sie noch lebendig sein und reden können, zumindest vorerst.
    Er weiß, dass überall im Zoo an Pfosten Lautsprecher angebracht sind. Jetzt muss er seiner elterlichen Autorität mit Hilfe der Lautsprecher Geltung verschaffen.
    Er drückt auf alle möglichen Knöpfe am Schaltpult. Nichts passiert. Verzweifelt probiert er einen nach dem anderen. Dann sieht er unter dem Pult nach, sucht nach losen Drähten oder Steckern. O Gott, bitte, lass mich die Kinder erreichen, denkt er. Mach, dass dieses verdammte Ding funktioniert.
     
    In Schneeschuhen zu gehen ist, als würde man durch tiefen Sand stapfen.
    Er legt sich um die Füße und hält einen fest. Ich muss die Füße hochheben, denkt Bartholomew Young.
    An den frischen Spuren im Schnee kann er ablesen, dass er die Gerard-Kinder fast eingeholt hat, auch wenn er sie noch nicht sehen kann. Das beschwerliche Fortbewegen im Schnee erinnert ihn an den ersten Auftrag, den der Mentor ihm erteilt hat, nachdem Saboteure in Algerien eine Pipeline gesprengt hatten. Die Angreifer hatten Geld verlangt und gedroht, wieder zuzuschlagen, falls sie es nicht bekämen.
    Eine Woche lang hat er acht Männer quer durch die Wüste verfolgt, durch Sand und Gebirge bis in ein Wadi, wo sie in einer Höhle hausten und sich in Sicherheit wähnten. Dort saßen sie am Lagerfeuer, brieten Hammelfleisch, sangen Lieder und prahlten mit ihrer Kunstfertigkeit im Umgang mit Sprengstoff, mit dem sie nach Belieben jede Pipeline zerstören konnten.
    Er brauchte nur zweiundneunzig Sekunden.
    Von da an wurde das Eigentum des Mentors nie wieder beschädigt.
    Der Zoo gleicht einer zerstörten Stadt. Er ist einem Mann in einem Parka begegnet, der Adlerfedern am Kopf trug und mit einer Armbrust bewaffnet war. Offenbar tobt er hier in der Verwüstung seine Jagdfantasien aus.
    Einmal hat er ein Schnaufen gehört, und als er sich umdrehte, kam ein Zwergflusspferd zitternd aus dem Gebüsch und lief verwirrt auf dem Weg umher, eine dünne Schneeschicht auf dem breiten Kopf. Es wundert ihn, dass das Tier so lange überlebt hat.
    Aber eigentlich hat das Vieh Glück gehabt. Das hier ist kein Zoo mehr, sondern ein Schlachthof. Überall klebt Blut. Überall stinkt es nach Kot und rohem Fleisch. Der Zoo ist das Übungsfeld für die natürliche Selektion, in der Waffen mit im Spiel sind.
    Als das Schneetreiben ein wenig nachlässt, entdeckt der Mann, der sich Bartholomew Young nennt, vor sich zwei kleine Gestalten. Gleich wird er in Hörweite sein. Trotz seiner Verstimmung kann er nicht umhin, eine gewisse Bewunderung für die beiden zu empfinden, für das Mädchen, das sich so selbstlos um verwaiste Tierkinder kümmert, für den Jungen, der so unerschütterlich zu seiner Schwester hält. Verdammt, sie sind Adoptivkinder, und Gerard, egal welche Mängel er auch haben mag, hat ein gutes Werk getan, als er diese beiden Waisen adoptiert hat.
    »Eure Mutter hat mich geschickt, um euch zu holen«, wird er ihnen sagen.
    Als der Schnee wieder dichter fällt, ruft er nach ihnen, erhält jedoch keine Antwort. Wahrscheinlich haben sie ihn bei dem Wind nicht gehört.
    »Eure Mutter ist ziemlich wütend auf euch«, wird er sagen.
    Da sind sie! Auf dem Weg!
    Als er erneut nach ihnen rufen will, beginnen plötzlich die überall aufgehängten Lautsprecher zu krächzen und zu kreischen.
    »Annie! Paulo! Hier spricht euer Vater!«, dröhnt es aus den Lautsprechern.
    Pastor Bartholomew Young bleibt wie angewurzelt stehen.
    »Verlasst den Zoo durch den Hinterausgang! Geht durch den Park! Haltet euch von Pastor Young fern! Der Mann ist gefährlich!«
    Du hast doch keinen blassen Schimmer, denkt Young, als er sich ohne Bedauern von den Kindern abwendet. Egal was Gerard heute sonst noch erreichen wird, er hat soeben seine Kinder gerettet.
    »Versucht nicht, mich zu finden! Ruft eure Mutter in der Kirche an!«
    Sprich nur weiter, denkt Young, während er einen an einem Mast angebrachten Lautsprecher betrachtet und sich zu erinnern versucht, wo er zuletzt einen Plan des Zoos gesehen hat. Auf dem Plan wird die Stelle eingezeichnet sein, von wo aus Gerard Zugang zu der Verstärkeranlage hat.
    »Ich liebe euch! Macht, dass ihr wegkommt!«,

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