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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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und getönte Hornbrillen, Brillen in allen Stärken. Der Weltuntergang steht bevor, und dieser Idiot hortet Brillen. Womöglich war er ja Optiker. Vielleicht war ihm klar geworden, dass Sehhilfen ein zukunftsträchtiges Geschäft sind.
    Ich wollte nur deine Schneeschuhe haben.
    Aber der Idiot hat versucht zu fliehen.
    Pastor Young löst die Schnallen, mit denen die Yukon Charlie's Back Country, Modell 825, an den Schuhen des Toten befestigt sind. Die mit Klettband angehefteten Gamaschen nimmt er dem Mann auch ab. Ebenso die Stöcke und die gefütterten Saranac-Handschuhe, die sind zweckmäßiger als seine dünnen London-Fog-Lederhandschuhe, die er gleich wegwirft.
    Weiter geht's auf Schneeschuhen, schneller und noch schneller!
    Das ist viel besser, als in normalen Schuhen durch den Schnee zu stapfen.
    Die Spuren, die die Kinder hinterlassen haben, ziehen sich tief und gerade die Connecticut Avenue entlang wie ein Seil, das an ihren Füßen befestigt ist. Pastor Youngs Füße werfen Schnee auf wie Schaufelräder. Seine Beine sind kräftig und durchtrainiert, zusätzlich stößt er sich mit den Stöcken ab.
    Sie mögen einen großen Vorsprung haben, aber irgendwann werden sie denselben Weg zurückkommen. Es ist also unvermeidlich, dass wir uns begegnen.
    Er läuft die Connecticut Avenue entlang, so wie er sich im Dschungel auf einem Fluss bewegt. Man bleibt in der Mitte und hält sich vom Ufer fern. Young folgt den Skispuren bis zur Yuma Street, vorbei an liegengebliebenen Autos, auf deren Aufklebern – wo der Wind den Schnee von den Heckscheiben geweht hat – die Namen der Schurken zu lesen sind, die die Abhängigkeit vom Öl hätten verringern können, wenn sie gewollt hätten. Bush. Clinton. Bush.
    Er läuft noch einen Hügel hinunter, lässt noch eine Mall links liegen. Und schon ist er am Zoo! Die Skispuren biegen nach links ab, vorbei an den steinernen Löwenskulpturen, dem verschneiten Ziersträuchergarten, dem »Asia Trail« und dem vergitterten Wachhäuschen.
    Young bleibt stehen und lauscht.
    Kommt raus! Kommt raus, wo auch immer ihr seid!
     
    »Trink einen Schluck Wodka, Gail. Dann fühlst du dich gleich besser.«
    Generalissimo Gordon Dubbs, Gebieter über die Connecticut Avenue 5110, ein Mann, der spürt, wie er immer mehr in die Rolle hineinwächst, die das Schicksal ihm zugeteilt hat, schenkt der verängstigten, mit Klebeband an einen Windsor-Sessel gefesselten Frau sein gewinnendstes Lächeln.
    Die verlassene Hausmeisterwohnung im Untergeschoss ist das neue »Verhörzentrum«, gestaltet nach seinen Erfahrungen im Irak. Das Zimmer ist kalt und leer, an der Decke hängt eine nackte Glühbirne, und auf dem Boden hat Dubbs alle möglichen Werkzeuge zurechtgelegt.
    Gail Hansens Gesicht ist tränenüberströmt. Sie zittert und schwitzt und wirkt überhaupt nicht mehr so reich und überlegen wie noch vor kurzer Zeit. Rotz tropft auf ihre ehemals elegante Bluse.
    Teddie sagt: »Dad?«
    »Nicht jetzt. Sieh zu, dann kannst du was lernen. – Gail? Wie viele Überwachungskameras gibt es in der Marion Street außer denen am Anfang und am Ende der Straße?«
    »Steck dir deinen verdammten Wodka in den Arsch, Gordon.«
    Sie wendet sich ab, starrt an die Decke, an die Wände, auf das Strandposter, ins Wohnzimmer, das mit gebrauchten Möbeln eingerichtet ist. Sie richtet ihren Blick auf alles Mögliche, nur nicht auf ihn. Gordon packt sie an den Haaren und reißt ihren Kopf hoch. Ihr Schrei erregt ihn. Teddie hält den Atem an.
    »Wie viele, Gail?«
    »Nur die zwei.«
    »Dad?«, sagt Teddie noch einmal.
    »Wie oft soll ich dir noch sagen, dass es unhöflich ist, ein Gespräch zu unterbrechen?«
    Von jetzt an werden die Stärkeren überleben, denkt er. Die Schlappschwänze in der Marion Street werden den Raubtieren zum Opfer fallen. Das muss Teddie lernen. Wenn er zimperlich ist, muss er das überwinden.
    Gail stammelt: »Die wissen, dass ich hier bin.«
    »Ach, wir wissen doch beide, dass das nicht stimmt. Du kommst doch schon seit Wochen heimlich hierher. Die glauben, du hättest dich in deinem Haus eingeschlossen, wie immer. Und bei dem Schnee findet sowieso keiner deine Spuren, du Säuferin.«
    Dubbs hält Gail ein bis zur Hälfte mit Three-Czars-Wodka gefülltes Whiskyglas hin und lässt sie daran riechen. Sie will den Wodka unbedingt, das sieht man sofort. Der Junge soll lernen, wie man mit Süchtigen umgeht. Zuerst hält man ihnen das Zeug vor die Nase.
    »Schnaps, Schnaps, Gail. An welchem Haus hängt die

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