Black Monday
kaltblütig ermordeten Familie des FBI-Agenten.
»Ich mache Ihnen ein Angebot, Sir«, ruft der Mann. »Kommen Sie raus. Reden Sie mit mir. Dann lasse ich die Kinder laufen.«
Das glaub ich dir aufs Wort, denkt Gerard.
Die Stimme bewegt sich weiter. »Ich weiß, Sie denken an die anderen Familien. Aber damals ging es darum, falsche Fährten auszulegen. Diesmal geht es um Informationen. Ich bin nicht gefühllos. Ich halte mich an meine Aufträge. Ich werde Ihnen ein paar Fragen stellen, und dann werde ich Sie erschießen. Sehen Sie? Ich sage die Wahrheit. Mein Ururgroßvater hat auch nur getötet, wenn er dazu gezwungen war. Ich werde die Kinder laufen lassen.«
Ururgroßvater?, denkt Gerard.
»Was sind Sie bloß für ein Vater?«, fragt die Stimme.
Gerards Gedanken rasen. Er will mir also Fragen stellen – bedeutet das, wir sind nah dran an der Entschlüsselung von Delta-3?
Die Stimme klingt gedämpft. Der Mann verliert die Geduld. »Wenn ich zu Ihnen kommen muss, gilt mein Angebot nicht mehr.«
Aber solange der Mann redet, weiß Gerard, dass er sich auf der anderen Seite des Platzes befindet. Er riskiert es, die Pistole sinken zu lassen und ein Handy aus der Tasche zu nehmen. Er drückt Marisas Handynummer in der Hoffnung, dass Paulo sich meldet. Seine Hände zittern. Die lauten Pieptöne, die das Gerät von sich gibt, machen ihn ganz verrückt. Wenn Paulo diesmal nicht rangeht, muss er davon ausgehen, dass der Mann die Kinder tatsächlich in seiner Gewalt hat, und dann wird ihm nichts anderes übrig bleiben als aufzugeben. Er hört das Freizeichen, dann ein Klicken. Er ist durchgekommen!
Du hast meine Kinder gar nicht, frohlockt er.
Doch dann bricht die Welt um ihn herum zusammen, denn die Stimme, die sich am Telefon meldet, ist dieselbe, die er jenseits des Platzes hört.
»Werfen Sie Ihre Waffe auf den Weg, Sir. Kommen Sie mit erhobenen Händen aus dem Laden. Es dauert nur ein paar Minuten. Es war klug von Ihnen, anzurufen.«
Gerards Willenskraft löst sich in Wohlgefallen auf. Er hat keine Energie mehr. Wie konnte er sich nur einbilden, einen Profi austricksen zu können. Er steht auf und wirft die Walther auf den Platz, hört jedoch nicht, wie sie im Schnee landet.
»Ich komme raus«, ruft er.
Vielleicht wird der Mann Wort halten. Vielleicht besitzt Pastor Young oder Clayton Cox oder wie auch immer der Typ sich inzwischen nennt, noch einen Funken Moral, irgendeinen Verhaltenskodex, der es ihm ermöglicht, mit den Gräueltaten zu leben, die er begangen hat. Selbst die schlimmsten Mörder handeln nach einem persönlichen Kodex.
Bitte, lieber Gott, mach, dass meine Kinder noch leben.
Glasscherben knirschen unter seinen Füßen. Der Wind fegt ihm Schneeflocken ins Gesicht. Er tritt hinaus auf den Platz.
Verfluchter Zoo, denkt er.
Der Mann sagt: »Ich halte mein Wort, Sir.«
Der Mann erhebt sich, fünf Meter von Gerard entfernt.
Doch dann dröhnt plötzlich eine männliche Stimme über einen Lautsprecher aus der Richtung des Zooeingangs.
»Dr. Gregory Gerard! Hier spricht Captain Robert Arnett von der United States Army! Gregory Gerard! Kommen Sie zum Haupteingang!«
»An Ihrer Stelle würde ich nicht darauf reagieren«, sagt der Mann ruhig und kommt auf ihn zu, als gäbe es keine Soldaten.
Gerard sieht die ausgestreckte Hand des Mannes und eine Pistole. Wenn er eine falsche Bewegung macht, wird Young schießen. Vielleicht werden die Soldaten meine Kinder retten, denkt er.
»Kommen Sie«, sagt Young gelassen und deutet in Richtung Hinterausgang.
»Colonel Novak hat uns geschickt!«, sagt die Stimme über Lautsprecher.
Der Mann vor Gerard wirkt in keiner Weise auffällig. Er ist einfach nur ein Mann in einem Parka. Das Gesicht sieht älter aus als auf den Videos aus Las Vegas, aber die Kopfform stimmt. Es ist derselbe Mann.
Die Stimme aus dem Lautsprecher scheint über den Olmsted Walk näher zu kommen. Es ist, als könnte sie Gerard über ein Radarsystem orten.
»Ihre Kinder sind in Sicherheit! Sie sind bei uns!«
Wie bitte???
Bartholomew Young blickt Gerard direkt in die Augen. Auf dem Lauf seiner Pistole ist ein Schalldämpfer angeschraubt. Er zuckt die Achseln. »Sie sind mir entwischt. Anscheinend sind Sie ein guter Skilehrer, Sir. Die beiden sind sehr schnell auf ihren Skiern. Aber der Junge hat sein Handy verloren, und da hab ich es aufgehoben. Man sollte so jungen Leuten keine Wertsachen anvertrauen.«
Gerard kann kaum atmen.
»Marisa hat ihnen das Skilaufen beigebracht«, sagt
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