Black Monday
Mann am anderen Ende klingt verwirrt. Er atmet tief aus. Er wirkt völlig verängstigt.
»Wie viele Flugzeuge sind diesmal abgestürzt?«
Der Akzent des Mannes hört sich nach Südstaaten an, allerdings nicht so schleppend wie im tiefsten Süden. Vielleicht Virginia. Oder Maryland.
»Haben Sie denn nicht ferngesehen, Sir? Es breitet sich aus. Vor fünf Stunden Europa. Dann New York.«
»Ich verstehe nicht recht.«
»Es betrifft nicht nur Flugzeuge, Sir«, klärt der Officer ihn auf. » Die Maschinen stehen still. Auf der ganzen Welt.«
4. KAPITEL
31. Oktober. 1 Uhr 30. 3 Tage nach dem Ausbruch.
Das nationale Verteidigungsprogramm gegen biologische Kriegsführung wurde 1996 unter US-Präsident Bill Clinton verabschiedet. In diesem Zusammenhang wurde eine Krisenkommandozentrale eingerichtet, die im Falle von Anschlägen gegen die USA in der Lage sein sollte, Bakterien oder chemische Waffen zu identifizieren und unschädlich zu machen.
»Für die Geheimdienste lautet die Frage nicht, ob, sondern wann dieser Fall eintreten wird«, hatte Clintons Sicherheitsberater damals gesagt. »Wir gehen davon aus, dass Terroristen schon in den nächsten Jahren Zugang zu den Erregern der fürchterlichsten Krankheiten der Welt erlangen werden. Die Liste beinhaltet Anthrax, Cholera, Pocken, Pest und Ebola.
Eine solche Katastrophe wird Millionen unschuldiger Männer, Frauen und Kinder in den USA und auf der ganzen Welt töten, wenn wir nicht entsprechend vorbereitet sind.«
Dem Rapid Response Program liegen zwei Annahmen zugrunde: erstens, dass die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen staatlichen Behörden verbessert werden muss, und zweitens, dass ein Anschlag sich gegen Menschen richten wird.
»Warum holen Sie mich mit zwei Wagen ab?«, fragt Gerard Air-Force-Captain Heidi Ross, die neben ihm auf dem Rücksitz des schwarzen Ford Taurus Platz genommen hat, eines Dienstwagens des Verteidigungsministeriums, der sie über die Memorial Bridge zum Pentagon bringt.
»Für den Fall, dass einer auf der Strecke bleibt, Sir. Sehen Sie sich doch das Chaos auf der Straße an«, erwidert Captain Ross. Sie ist klein, durchtrainiert und freundlich und verhält sich angesichts der verworrenen Situation ausgesprochen professionell.
Um diese Uhrzeit bewegt sich der Verkehr eigentlich ziemlich fließend über den Potomac. Aber die Fahrer von Gerards Minikonvoi mussten das Blaulicht einschalten, um sich durch den Stau hindurchzumanövrieren, der sich aufgrund der liegengebliebenen, kollidierten oder schlichtweg verlassenen Fahrzeuge gebildet hat. Bei mindestens einem Drittel der Autos und Lastwagen ist der Motor einfach ausgegangen. Im Fluss unter ihnen treiben brennende Flugzeugteile.
Unter Sirenengeheul schlängeln sich die Wagen durch, weichen auf die Standspur und – als sie die Grenze nach Virginia überqueren – sogar auf Grasflächen aus, um wieder zurück auf die Straße zu gelangen.
Leute stehen herum und wissen nicht, was sie tun sollen. Der Taurus passiert einen Krankenwagen, einen kleinen Verkaufsanhänger für Lebensmittel und einen Bus der »Gospel & Blues Band«. Gerard bemerkt einen Mann, der auf einem Fahrrad ohne Gangschaltung auf dem von Gaslaternen beleuchteten Highway fährt, ein Anblick, der ihn an Dritte-Welt-Städte erinnert. Ein einzelner Hund – ein russischer Wolfshund – streunt zwischen den Wagen umher.
»Wann hat das angefangen?«, fragt Gerard entgeistert.
»Die ersten Berichte kamen gegen 18 Uhr. Aus Barcelona und Marseille, dann aus weiteren Mittelmeerstädten. Flugzeugabstürze. Schließlich Meldungen aus Russland. Die hat's am schlimmsten erwischt. Da fahren selbst die Züge nicht mehr.«
»Und wie sieht's bei uns aus?«
»Bisher ist vor allem der Nordosten betroffen, New York, Philadelphia. In Fort Myers geht nichts mehr. Die Hälfte der Streifenwagen in Maryland sind außer Betrieb. Am Kennedy Airport und in Boston stehen brennende Flugzeuge auf den Startbahnen. Die Flugsicherung hat alle Flüge gestrichen. Und der Präsident hat übers Fernsehen alle Bürger dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben, bis auf diejenigen, die in lebenswichtigen Bereichen arbeiten. Der Aufruf wird alle paar Minuten ausgestrahlt. Wir können nur hoffen, dass die Leute das befolgen, bis wir rausfinden, warum manche Autos fahren und andere nicht.«
Der Ford kurvt um zwei zusammengestoßene Wagen herum, die zum Glück nur einen leichten Blechschaden aufweisen. Ein Chevrolet ist mit einem Pizza-Lieferservice-Pick-up
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