Black Rain: Thriller (German Edition)
weiter die Leiche am Rumpf des Boots festhielt. »Lassen Sie sie los.«
Verhoven gab der Leiche einen Stoß, und sie trieb langsam hinter das Heck des Boots, schwamm dann in der friedlichen Strömung flussabwärts. Vor ihnen kamen die Kanus näher, und weder die Schreie noch das hektische Paddeln hatten nachgelassen.
»Haltet eure Waffen bereit«, sagte Danielle.
Verhoven grinste. »Das tun wir immer.«
Sie wandte sich an Devers. »Sind das Chollokwan?«
Devers zögerte nur kurz. »Ich glaube nicht«, sagte er. »Ich höre ein paar portugiesische Worte heraus. Die Chollokwan sprechen nur Chokawa. Außerdem ist das hier Nuree-Territorium.«
Danielle entspannte sich ein wenig. Die Nuree waren keine Gefahr, wie es die Chollokwan sein konnten. Sie waren ein Stamm im Übergang, auf halbem Weg zwischen der alten Welt und der neuen. Sie jagten noch mit Blasrohren und Speeren, aber gelegentlich paddelten sie den Fluss hinunter, um zu handeln, sie verkauften Pelze und kauften Kleidung, Angelhaken und Zigaretten. Sie waren nicht als gewalttätig bekannt. Wenn man sie zu nehmen wusste, konnten sie sogar nützlich sein.
Die Kanus verlangsamten, als sie kurz vor dem Boot waren, und die Schreie hörten auf, vielleicht weil die schwimmende Leiche freigegeben worden war, oder eher weil die Eingeborenen Verhoven und seine Männer mit den Gewehren entdeckt hatten.
»Stellen Sie fest, was sie wollen«, sagte Danielle.
Devers ging zum Bug des Boots und sprach die Männer in der Nuree-Sprache an. Sie schrien zurück, ein wildes Stimmengewirr.
»Sie fragen, warum wir Tote berühren«, übersetzte Devers. »Sie sagen, der Mann sei verflucht und man müsse ihn in Ruhe lassen.«
»Fragen Sie, wer er ist«, sagte Danielle. »Warum er getötet wurde.«
Devers übersetzte die Frage, und nachdem einer der Nuree geantwortet hatte, erklärte er: »Er sagt, sie hätten ihn nicht getötet.«
»Warum ist er dann im Wasser?«, fragte Danielle. »Warum wurde er auf diese Weise gefesselt?«
Diesmal antwortete ein anderer Stammesangehöriger, und seine Antwort war ausführlicher.
»Der Mann ist eine Art Verwandter von ihm«, sagte Devers, »ein Neffe, glaube ich. Sie sind vor zehn Tagen flussaufwärts zur Jagd gegangen, fanden kein Wild und gingen deshalb immer weiter, bis sie den Ort erreichten, an den sie nicht hätten gehen sollen, einen verbotenen Ort. Der Onkel warnte seinen Neffen, aber der junge Mann wollte nicht hören und ging weiter, während der Onkel umkehrte.«
Ein anderer Eingeborener sprach. »Es ist ein verlassener Ort. Vom Leben verlassen. Dorthin gehen heißt den Tod einladen. Die meisten, die so dumm sind, kommen nicht zurück. Manche sind so zurückgekommen, im Fluss treibend, nachdem man ihnen die Seele herausgerissen hat.« Er fasste sich an die Brust, wo bei dem Toten die beiden großen Löcher gewesen waren. »Die Steine sollen verhindern, dass sie ans Ufer gespült werden, und das Holz soll zeigen, dass sie bestraft wurden. Manchmal werden sogar Tiere so hergerichtet. Es sind die Geister, die sie zurückschicken. Verflucht und verabscheut. Nicht einmal die Vögel und Piranhas fressen sie.«
Während Danielle der Übersetzung lauschte, ging ihr durch den Kopf, dass die Aasfresser des Waldes oder des Flusses den Leichnam nicht angerührt hatten. Ein merkwürdiger Umstand, da die Konkurrenz im Regenwald sehr groß war. Er wurde noch merkwürdiger dadurch, dass die Leiche mehrere Tage im Wasser gelegen hatte, wenn der Mann die Wahrheit sprach, und nicht weniger als vierundzwanzig Stunden, wie sie vermutet hatte.
Neben ihr lachte Verhoven. »Na klar. Dann benutzen die Geister heutzutage Stricke, was?«
Danielle beachtete ihn nicht. »Was sagt er noch?« »Er sagt, nur die Schattenmenschen gehen in dieses Land«, antwortete Devers. »Ich glaube, er meint die Chollokwan. Er sagt, sie töten alle, die dorthin gehen, oder lassen sie von den Tieren töten. Etwas in dieser Art. Jedenfalls sagt er, nachdem sie sich getrennt hatten, wusste er, sein Neffe würde nicht lebend zurückkommen. Er hielt jeden Tag nach ihm Ausschau. Heute Morgen hat einer der Jungen aus dem Dorf die Leiche den Fluss hinabtreiben sehen. Niemand darf sie berühren.«
Danielle bedachte die Situation. Sie mussten dem richtigen Gebiet nahe sein. Sie versuchte ihr Glück. »Fragen Sie ihn, ob er uns zu dem Punkt bringen kann, wo er sich von seinem Neffen getrennt hat. Sagen Sie, wir suchen nach dem Ort, wo diese Geister wohnen.«
»Dort lauert der
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