Black Rain: Thriller (German Edition)
lauschte Gibbs jedem Wort, und zum ersten Mal dämmerte ihm, wieso Moore in so hohem Ansehen stand. Er hatte seine Rolle meisterhaft gespielt. Sven war wütend und bereit, Moore alles Mögliche zu erzählen, nur um zu beweisen, dass er wichtig war, oder um zu seinen Vorgesetzten zurückzulaufen und ihnen zu erzählen, Moore habe sich gesträubt und brauche noch einen kleinen Anstoß, um an Bord zu kommen. Ein sicheres Zeichen, dass Moore aufrichtig war und nicht der Köder in einer Falle.
Fast wünschte Gibbs, das Schauspiel wäre real. Aber die Situation war nicht so, wie man Moore glauben gemacht hatte, und trotz seiner Meisterschaft war er in ein Spiel verwickelt, das er nicht gewinnen konnte.
Auf der Brücke lächelte Sven zum ersten Mal. »Warum kommen Sie nicht mit mir? Sie können es ihnen selbst sagen.«
Moore drehte sich zu Sven um. Er war versucht, es zu tun. Gibbs und er hatten für diesen Fall vorgesorgt. Die beiden Autos wären in der Lage, ihm zu folgen, wohin Sven auch fahren mochte, aber es ging ihm zu schnell. Moore lehnte ab. »Nicht, solange ich nicht weiß, mit wem ich es zu tun habe.«
Sven schüttelte den Kopf. Sein Blick suchte die Brücke auf der rechten Seite ab, dann auf der linken. Sie war menschenleer. Er sah Moore wieder an. »Falsche Antwort«, sagte er und zog eine schlanke Pistole aus seiner Jacke.
Ehe Moore reagieren konnte, schoss ihm Sven zweimal in die Brust. Moore fiel zurück gegen die Brüstung und taumelte dann vorwärts. Sven fing ihn auf, als seine Knie nachgaben, schob ihn zum Geländer zurück und wuchtete ihn darüber.
Moore stürzte kopfüber, mit flatterndem Mantel, in die eiskalten schwarzen Fluten und verschwand unter der Oberfläche.
Sven spähte eine Weile nach unten. Nur Moores orangefarbener Schal tauchte wieder auf, kreiselte in der Strömung und verschwand unter der Brücke aus dem Blickfeld.
Sven drehte sich zur Straße um, wo ein schwarzer Audi am Rand hielt. Die hintere Tür ging auf, er sprang hinein, und der Wagen brauste davon.
In der Ferne lauschte Stuart Gibbs. Doch aus seinen Kopfhörern drang nur mehr statisches Rauschen. Er drehte sich zum Steuerpult, suchte den Knopf für Moores Verbindung und schaltete sie ab.
Moore war fort, Blundin war fort, und binnen vierundzwanzig Stunden würde das gesamte Team im Amazonasgebiet von der Bildfläche verschwunden sein. Und mit ihm würden alle Spuren dessen verschwinden, was einmal das Brasilienprojekt des NRI gewesen war.
Vierundzwanzigstes Kapitel
Mark Polaski wurde aschfahl bei der Nachricht. Sie kam aus der Zentrale des NRI, von Stuart Gibbs persönlich: Polaskis Tochter war beim Joggen von einem Wagen angefahren worden. Sie war mit schweren Kopfverletzungen in die Notaufnahme gebracht worden und würde das Bewusstsein wahrscheinlich nicht wiedererlangen. Das NRI hatte ein Ticket auf Polaskis Namen für einen Flug von Manaus nach Miami gekauft, wo ihn ein Privatjet abholen würde. Der Flug in Manaus ging um 9:43 Uhr ab.
Polaski sah Hawker an. »Glauben Sie, wir schaffen es?«, fragte er ruhig.
»Wenn wir sofort aufbrechen«, sagte Hawker.
Als Polaski in den Huey stieg, wünschten ihm die andern alles Gute. Devers gab ihm seinen Rucksack, und McCarter wurde plötzlich wieder an seinen eigenen Verlust in der realen Welt erinnert. Er versprach, ihn nach der Rückkehr in die Vereinigten Staaten zu besuchen.
Polaski nahm sie kaum wahr. Er saß auf dem Kopilotensitz, starrte ausdruckslos in den tiefblauen Himmel und wühlte in seinem Rucksack nach etwas.
Hawker ließ ihn in Ruhe. Er ging eine Kurzversion der Checkliste durch, drückte den Zündknopf und wartete, bis die Zeiger hochkamen. Die Rotorblätter drehten sich immer schneller, und die Kufen hoben vom Boden ab. Sobald der Hubschrauber in der Luft war, schwenkte er nach Osten, senkte die Nase und begann sowohl an Geschwindigkeit als auch an Höhe zu gewinnen.
Nicht lange, dann hatte der olivgraue Huey seine Reisehöhe von fünftausend Fuß erreicht und dröhnte mit einhundertzwanzig Knoten dahin. In dreieinhalb Stunden würde er die Strecke zurücklegen, für die das Team zehn Tage per Boot und zu Fuß gebraucht hatte. Im Cockpit brütete Polaski schweigend vor sich hin, während Hawker sich mit den Routineaufgaben des Piloten beschäftigte. Er überprüfte die Instrumente und suchte den Himmel mit den Augen ab. Er ließ den Blick einen Moment konzentriert auf einem Abschnitt ruhen, um sich zu vergewissern, dass der Bereich frei
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