Black Sun - Thriller
durchquerte das Zimmer. Der Teppich fühlte sich weich und gut gepolstert an unter ihren nackten Füßen.
Sie überprüfte die Tür, nur um sicherzugehen. Natürlich war sie verschlossen. Auf ihrer Seite war ein elektronisches Tastaturfeld, auf der anderen wahrscheinlich ein Kartenlesegerät. Sie ging zum Schreibtisch und öffnete eine Schublade nach der anderen.
Sie waren alle leer.
Sie knallte die letzte zu und setzte sich; ihr Kopf schmerzte noch stärker als zuvor. Selbst die Lichter waren absurd hell, oder mit ihren Augen stimmte etwas nicht. Es
fühlte sich fast an, als wären die Pupillen geweitet, was darauf schließen ließ, dass man ihr starke Medikamente gegeben hatte. Der Angsttraum, das unzusammenhängende Muster ihrer Erinnerungen und das fehlende Zeitgefühl bestärkten diesen Verdacht.
Sie blickte auf ihren rechten Arm. Es gab mindestens vier Einstichstellen, vielleicht mehr, die Blutergüsse um die Einstiche erschwerten eine genaue Zählung.
Thiopental, vermutete sie. Oder Scopolamin. Beides waren Barbiturate, die sich auch als Wahrheitsserum verwenden ließen. Sie wirkten zwar nicht genau als solche, aber die Leute neigten dazu, unter ihrem Einfluss zu reden und Geheimnisse preiszugeben, die sie anderenfalls vielleicht für sich behalten hätten, besonders bei höherer Dosierung, was wiederum gefährlich war und häufig zu Gedächtnisverlust führte.
Es könnte die Trockenheit in ihrem Mund erklären, dachte sie, und das grelle Flackern der Lampen.
Ehe sie weiter darüber nachdenken konnte, sprang die Tür auf und zwei asiatische Männer kamen herein. Beide waren muskulös und durchtrainiert und trugen Anzüge, gestärkte Hemden und Seidenkrawatten.
Der Anführer trat auf sie zu.
»Ziehen Sie die an«, sagte er und stellte ihre Stiefel auf den Schreibtisch. Sie bemerkte eine kleine Verletzung unter seinem Auge, eine verschorfte Wunde. Sie hoffte, dass das ihr Werk war.
Sie nahm die Stiefel. »Warum?«
»Weil Sie sie dort brauchen werden, wo wir Sie hinbringen. «
Das klang nicht gut, aber Danielle zog den rechten Stiefel an. Während sie ihn schnürte, überlegte sie, ob sie den linken als Waffe benutzen sollte, aber selbst wenn es ihr
gelingen sollte, die beiden Männer zu überwältigen, was dann?
In den Flur hinausstürzen? Der wohin führte? Fünf Meter weiter konnte die nächste verschlossene Tür sein. Sie würde, wenn überhaupt, nur eine Chance bekommen. Die durfte sie nicht verschwenden.
Sie zog den anderen Stiefel an, und die Männer führten sie aus dem Raum und zu einem Aufzug. Nachdem sie ihn betreten hatten, öffneten sie mit einem Schlüssel eine Tastatur unter den anderen Knöpfen. Der Mann, der ihr die Stiefel gegeben hatte, drückte auf die unterste Taste. Die Stockwerksanzeige leuchtete auf, die Tür ging zu, und der Fahrstuhl setzte sich abwärts in Bewegung.
Danielle zählte rasch die Reihen der Knöpfe, es waren dreimal zwanzig. Aber nach dem Tempo des Aufzugs – und dem Druck auf ihren Ohren – zu schließen, war es wohl der Expresslift. Das hieß, das Gebäude war eher hundert Stockwerke hoch als sechzig. Sie überlegte, welche Gebäude in China hundert Stockwerke hatten. Es gab eine Reihe davon, aber ein bestimmtes kam ihr in den Sinn: der Tower Pinnacle, der im Besitz von Kang war und auf einem Premium-Grundstück am Rand des Victoria Harbours stand.
Sie war in Hongkong.
»Ich möchte mit dem amerikanischen Konsulat sprechen«, sagte sie.
»Nein«, sagte der Mann mit der Wunde. »Sie haben genug gesprochen. Zumindest mit uns.«
Der Aufzug wurde langsamer und blieb stehen. Die Türen gingen auf, aber nicht zu einer geräumigen Eingangshalle, wie Danielle vielleicht gehofft hatte, sondern zu einer metallenen Schwelle, hinter der Dunkelheit lag und alter, geschwärzter Stein. Es roch dumpfig, wie nach Müll oder Urin.
»Was zum Teufel ist das?«
Der Mann mit dem Schorf stieg aus dem Aufzug.
»Bitte steigen Sie aus«, sagte er, hielt eine Elektroschockpistole hoch und lud sie. Die Elektrizität sprang zwischen den Gabeln hin und her.
Widerstrebend trat Danielle in eine Art Korridor hinaus. Er sah aus, als wäre er aus rohem Stein und Mörtel gebaut, wie das Innere einer mittelalterlichen Burg, nur dunkel und feucht von Kondenswasser. Eine schwere Holztür rechts von ihr faulte in ihren rostigen Angeln. Eine einzelne Glühbirne an einem nackten Kabel verbreitete ein wenig Licht.
Danielle kam zu einem Tor aus Eisenstangen.
Bevor sie reagieren konnte,
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