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Black Swan - Silberner Fluch

Titel: Black Swan - Silberner Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Carroll
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der Wert des Stadthauses mit jedem Tag geringer wurde, wollten die Kreditgeber keine Risiken mehr eingehen. Und so drohte das Wall-Street-Unternehmen nun damit, das Haus und die Galerie in dreißig Tagen zu übernehmen ( am 11. Januar , rief ich mir erneut ins Gedächtnis), falls wir die Anleihe nicht würden zurückzahlen können. Chuck Chennery hatte verschiedene Möglichkeiten skizziert, um die Hypothek neu zu finanzieren, aber keine dieser Optionen hatte sich auch nur ansatzweise als machbar dargestellt. Wenn wir eine Umschuldung vornahmen, würden wir zwar mehr Zeit zur Begleichung der Schulden haben, aber wesentlich höhere Zinsen zahlen. Wir würden jeden Monat mit fünfzigtausend Dollar in der Kreide stehen. Wie sollten wir bei der jetzigen Marktsituation solche
Summen auftreiben? Und wenn wir die Galerie verkauften, um die Schulden zu bezahlen, wovon sollten wir dann leben? Und vor allem, wo? Das Haus war nicht nur unsere Geschäftsadresse, sondern auch unser Heim. Schon allein bei dem Gedanken bekam ich das Gefühl, als würde ich seekrank. Kein Wunder, dass ich mich auf dem Weg hierher verlaufen hatte.
    »Ja, ich hatte Recht, das Wappen hier ist beinahe identisch mit dem auf Ihrem Ring und dem Medaillon.« Die Stimme des Geschäftsinhabers drängte sich in den Strudel finanziellen Ruins, der in meinem Kopf immer größere Kreise zog. »Ich glaube tatsächlich, dass es sich um dasselbe Wappen handeln könnte.«
    Ich wandte mich um und betrachtete das Objekt, das er auf ein blaues Samttuch auf dem gläsernen Tresen stellte. Es war ein flaches, silbernes Kästchen, ungefähr von derselben Größe wie mein 13-Zoll-MacBook, und es war so angelaufen, dass ich die Gravur selbst dann kaum erkennen konnte, als ich mich hinunterbeugte. Es wunderte mich, dass der Besitzer eines so tadellos sauberen Ladens es zugelassen hatte, dass dieser Gegenstand in einen so desolaten Zustand geriet. Konzentriert musterte ich die Verzierungen auf der Oberseite der Schatulle und suchte nach dem Wappen, von dem er gesprochen hatte, aber der Deckel zeigte lediglich ein abstraktes Muster konzentrischer Ovale.
    »Das Wappen ist hier«, sagte er und deutete auf die Stelle vorn an der Kante, wo sich ein Verschluss hätte befinden sollen. Doch anstelle eines solchen – oder vielleicht auch darüber – war dort eine runde Silberscheibe, die den Deckel versiegelte. Der Rand dieser Silberoblate
war nicht ganz gleichmäßig und teilweise etwas aufgeworfen, genau wie ein Tropfen Wachs, in den man einen Siegelring gedrückt hatte. Es sah tatsächlich ganz ähnlich aus wie die Medaillons, die ich aus den Wachsabdrücken herstellte. Vor allem aber war das Motiv tatsächlich das Gleiche wie auf meinem Ring: der Schwan, der die Flügel spreizte, der gleiche lateinische Wappenspruch … war das möglich?
    Vorsichtig beugte ich mich zu der Schatulle hinunter, und der Juwelier reichte mir wortlos seine Lupe. Ich hob sie an mein rechtes Auge, und kurz erschreckte mich ein Kribbeln statischer Energie, das über meine Augenbraue und den Wangenknochen rann, als habe der Juwelier das Metall elektrisch aufgeladen. Ich ging so nahe heran, bis das Siegel durch die dicke Linse klar zu erkennen war. Feine Linien durchzogen das Metall. Aus Erfahrung wusste ich, dass sie von den Rissen in dem Siegel stammten, das den Abdruck hinterlassen hatte. Ich sah auf den Ring an meinem Finger und auf das Kästchen. Die Linien stimmten überein.
    »Das ist faszinierend«, sagte ich, als ich mich wieder streckte, die Lupe noch immer vor dem Auge, und den Juwelier ansah. Der alte Mann verschwamm leicht in meinem Blickfeld, die Umrisse seines Körpers waren verwischt und durchbrochen wie durch Sonnenflecken. Eine Wolke aus schimmerndem Licht, als hätte man einen Schwarm Glühwürmchen im Laden losgelassen, schwebte über seinem Kopf. Ich legte die Lupe ab und schloss die Augen, um meinen Blick zu klären.
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich, »ich habe öfters …«
    »Augenflimmern? Metamorphopsie?«, fragte der Juwelier
und nannte damit zwei Symptome der optischen Migräne, einer Krankheit, die mich seit meiner Jugendzeit heimsuchte.
    »Genau. Dann leiden Sie wohl auch daran?«
    »Viele von uns tun das«, sagte er rätselhafterweise.
    Wen meinte er mit uns ? Der Mann war wirklich ein wenig seltsam. Ich sollte mich nach dem richtigen Weg erkundigen und gehen. Jedenfalls hatte ich nicht die geringste Absicht, die Schatulle zu kaufen. Nicht, dass ich das nicht gern getan hätte.

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